27. Juli 2020

„Yummy“: Zombies in der Klinik

Große Brüste, Penis-Prothesen, Zombie-Splatter

Lesezeit: 3 min.

Kollege Kronsbein meinte mal zu mir, dass ich bei Zombiefilmen berücksichtigen sollte, dass für die Generation nach mir alles eher neu ist, dass der Nachwuchs noch keine gefühlte Zilliarde Zombiefilme gesehen hat. Nach „Yummy“ muss ich sagen: Okay, sollte ich vielleicht.

Erzählt wird die Geschichte eines jungen, hübschen Mädels, das sich die Brüste – jawohl! – verkleinern lassen will, da die Arme ausschließlich auf den Vorbau reduziert wird. Also fährt sie mit ihrem hypernerdigen Anti-Adonis von Freund (= potentielle Identifikationsfigur für die Zielgruppe solcher Filme, jaja, ich weiß, Klischee, aber machen wir uns mal nichts vor) und dessen Alptraum von Schwiegermutter in eine Schönheitsklinik nach Osteuropa. Und da wir spätestens seit Eli Roths „Hostel“ (2005) wissen, dass man keinem Osteuropäer weiter trauen darf, als man spucken kann, ächzt bald der erste Untote durch die Gänge und die Effektbastler geben Gas.

Eigentlich ist „Yummy“ ja ganz ok. Die Effekte, in hoher Anzahl vorhandenen und zudem ordentlich saftig, sind erfreulicherweise größtenteils handgemacht und können sich sehen lassen, der wenig subtile, gerne vulgäre Humor (Vorwarnung: Es gibt einen verlängerten Penis zu sehen – die einzig Stelle, an der man deutlich merkt, dass der Film nicht aus Amerika kommt) reizt sogar etwas öfter zum Schmunzeln, als einem lieb ist und das Tempo ist abgesehen von ein paar wenigen Durchhängern (wann nur, oh wann nur, werden Filmemacher endlich begreifen, dass „emotionale Szenen“ keinerlei Sinn machen, wenn man die Figuren zuvor praktisch nicht kennen gelernt hat) abgesehen, relativ hoch. Wer in seinem Leben bisher kaum Zombiefilme gesehen hat, wird vermutlich auf seine Kosten kommen.


Auf dunklen Fluren lauert der Chefarzt. „Yummy“, Busch Media Group


Einmal Facelifting, bitte. „Yummy“, Busch Media Group

Mein Problem: Trotz der genannten Vorzüge, rennen unterm Strich halt doch wieder nur ein paar uninteressante Figuren durch billige Sets und es kommt mehr oder weniger alles, wie erwartet. Ich kenn’s halt und hab’s schon viele, viele Male so oder so ähnlich gesehen und weiß eigentlich nicht mehr so recht, wieso ich mir so etwas immer noch anguck, auch wenn’s, wie in diesem Fall, aus Belgien kommt. Es reißt trotz ein paar netter Gags und Geschmadder einfach nicht mehr so richtig mit, wird mit zunehmender Laufzeit anstrengend und weckt die Sehnsucht nach einem vorzeitigen Ende und was wirklich Interessantem.

„Yummy“ ist sicher gut gemeint und mit Enthusiasmus gedreht, aber man hätte sich vielmehr drauf konzentrieren sollen, was Eigenes zu machen (das sicherlich ungewöhnliche Setting wird viel zu wenig genutzt), statt wie immer mithilfe der Romero-Werkzeugkiste US-Zombiefilmstandards abzufrühstücken und etwas Brachial-Humor drüberzustreuen. Wie man eine komplett andere, frische Nummer abzieht, zeigt derzeit, kein anderes Land besser als Japan, das erst in diesem Jahr mit der Zombie-Roadmovie-Drama-Comedy „Beautiful, Goodbye“ mal wieder ganz, ganz groß auftrumpfen konnte.

„Yummy“ läuft seit dem 23. Juli 2020 im Kino und erscheint am 23. Oktober 2020 DVD und BD. Abb.: Busch Media Group

Yummy (Belgien 2019) • Regie: Lars Damoiseaux • Darsteller: Maaike Neuville, Bart Hollanders, Benjamin Ramon, Clara Cleymans, Annick Christiaens, Eric Godon, Joshua Rubin

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