10. März 2021

„Fukushima 50“ – Gemeinsam gegen das Atom

Zum zehnten Jahrestag der Katastrophe erscheint ein beeindruckendes Dokudrama

Lesezeit: 3 min.

Es war ein Ereignis, wie es eigentlich nicht vorkommen sollte. Doch trotz aller Bemühungen der Menschen, die Natur zu kontrollieren oder zumindest vorherzusagen, wie extrem Wetterextreme ausfallen, wagt es die Natur dennoch immer wieder, sich unvorhersehbar zu verhalten. So geschah es auch am 11. März 2011, als sich ein paar hundert Kilometer vor der japanischen Küste ein Seebeben ereignete, das mit einer Stärke von 9,1 auf der Richterskala zu den verheerendsten Beben der Geschichte zählt.

Kurze Zeit später traf eine durch das Beben ausgelöste Tsunami-Welle die japanische Küste, überflutete rund 500 km² und tötete über 19.000 Menschen. Doch das war nicht das Schlimmste: Die nur auf zehn Meter hohe Flutwellen ausgerichteten Mauern, die das Atomkraftwerk von Fukushima schützen sollten, wurden von den 14 Meter hohen Wellen überflutet, zerstörten Stromleitungen und drohten eine Nuklearkatastrophe auszulösen, die wahrscheinlich auch die nur knapp 250 Kilometer entfernte Mega-Metropole Tokio betroffen hätte.

Dass dieses Desaster verhindert werden konnte war wohl mehr Glück als Verstand, wie auch in Setsuro Wakamatsus Katastrophenfilm „Fukushima 50“ (auf Dt. schlicht „Fukushima“) angedeutet wird, der pünktlich zum zehnten Jahrestag der Katastrophe erscheint. Fast dokumentarisch mutet die Darstellung der Ereignisse oft an, auch wenn fast alle Figuren fiktiv sind. Allein der Leiter des Kraftwerks, Masao Yoshida, wird bei seinem richtigen Namen genannt und von Ken Watanabe verkörpert. 2013 starb Yoshida an Krebs, der angeblich nicht auf die bei der Katastrophe abbekommenen Strahlung zurückzuführen war. So oder so gilt Yoshida als der Mann, der mit seiner Entscheidung, die Anordnung seiner Vorgesetzten zu ignorieren und Seewasser zur Kühlung der Reaktoren zu nutzen, ein komplettes Desaster verhindert hat. Sehr japanisch mutet es dann auch an, wie Vorgesetzte und Untergebene kommunizieren, mit der Tiefe der Verbeugungen Hierarchien angedeutet werden und Verantwortung beiseite geschoben wird. Auch wenn Yoshida allein durch die Präsenz von Ken Watanabe im Mittelpunkt der Ereignisse steht, ist er doch keine heroische Figur, wie man sie aus vergleichbaren Hollywood-Filmen kennt.

Wie der Titel schon andeutet, geht es in „Fukushima 50“ nicht um eine Person, sondern um eine ganze Gruppe von Arbeitern, die mit ihrem Einsatz das Schlimmste verhinderten. Und das gerade in Japan eine Nuklearkatastrophe das allerschlimmste wäre, muss kaum erwähnt werden. Ohne explizit darauf einzugehen, deutet Wakamatsu die Erinnerung an Hiroshima und Nagasaki an, als Japan zum Ende des Zweiten Weltkriegs als erstes und bislang einziges Land zum Opfer der Abwürfe von Atombomben wurde. Die hunderttausende Toten, die zerstörten Städte, die Folgen der Strahlung, die erst viel später erkennbar wurden, prägten die japanische (Populär-) Kultur. Ohne Hiroshima wäre Godzilla kaum denkbar, und so überrascht es nicht, dass auch die 2016 erschienene Neuauflage „Shin Godzilla“ sich zumindest lose auf Fukushima bezieht.

Ein Novum der Katastrophe war schließlich, dass sich die Verantwortlichen Jahre später tatsächlich vor Gericht wiederfanden: 2018 wurden drei Führungskräfte von TEPCO – dem Betreiber des Kraftwerks – zu Haftstrafen verurteilt. Auch das erwähnt „Fukushima 50“ und doch ist Setsuro Wakamatsu keine düstere Anklage, sondern eine Ode an die japanische Seele. Auch wenn sie im Angesichts der drohenden Katastrophe fast verzweifeln, opfern sich die Arbeiter selbstlos auf und kämpfen gemeinsam gegen den unsichtbaren Feind. Pathetisch ist das oft, aber doch so nüchtern inszeniert, dass man sich dem subtilen Heroismus der Arbeiter kaum entziehen mag.

„Fukushima“ ist gerade bei Capelight Pictures als DVD, Blu-ray und VOD erschienen.

Fukushima (Fukushima 50; Hongkong/Japan 2020) • Regie: Setsuro Wakamatsu • Darsteller: Ken Watanabe, Angelo Minoru Kawajiri, Kôichi Satô

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