Nichts Genaues weiß man nicht
Wie ist eigentlich das Wetter auf dem Uranus? – Eine Kolumne von Judith Homann
Europa ist sturmgebeutelt dieser Tage, kaum verzieht sich ein Tief, steht auch schon das nächste bereit. Doch auch knapp drei Milliarden Kilometer von uns entfernt, auf dem Uranus, stürmt es gewaltig. Im August entdeckten Astronomen mit dem Keck II Teleskop auf Hawaii auf dem vorletzten Planeten unseres Sonnensystems acht deutliche, hochreichende Wolkensysteme – und staunten nicht schlecht, denn Uranus galt bis dahin als sehr ruhiger Planet.
Denkt man darüber nach, welche Mechanismen auf der Erde das Wetter beeinflussen, wird schnell klar, warum: Druck- und Windsysteme – und damit auch Sturmtiefs wie Elon oder Felix – werden letztlich durch die Sonne ausgelöst. Ein kugelförmiger Körper wie ein Planet wird nie gleichmäßig von der Sonne erwärmt, und die daraus folgenden Temperaturunterschiede werden von der Atmosphäre durch Luftbewegung ausgeglichen – es entsteht Wind. Je größer die Temperaturunterschiede, desto stärker der Wind. Nun ist Uranus ziemlich weit von der Sonne entfernt und hat – soweit die Forscher wissen – anders als die meisten anderen Gasriesen keine eigene Wärmequelle in seinem Kern. Dadurch liegt seine Mitteltemperatur bei frischen –200°C.
Die Temperaturunterschiede sind dennoch groß: Uranusʼ Achse liegt fast parallel zu seiner Umlaufbahn, und noch dazu dreht er sich rückwärts. Während der Planet also wie ein Betrunkener mehr waagerecht als senkrecht in 84 Jahren einmal rückwärts rotierend über seine Umlaufbahn schliddert, ist über dem einen Pol jahrelang nicht nur Sommer, sondern auch Tag, während der andere in einer ultimativen Polarnacht liegt.
Das Potential für interessantes Wetter wäre also gegeben, aber als die Raumsonde Voyager 2 vor beinahe zwanzig Jahren vorbeikam, war der Planet erstaunlich ruhig, daher nahm man an, auf Uranus sei eben nicht viel los – die Umlaufeigenschaften sind ja auch wirklich verrückt genug. Mit besseren Instrumenten und Messmethoden seit Voyager fand man dann heraus, dass es sehr wohl Wolken und sogar Sturmsysteme auf Uranus gibt. Die Stürme Ende des letzten Jahres waren trotzdem eine ziemliche Überraschung. Sie strahlten so hell, dass sogar Amateur-Astronomen sie erkennen und bewundern konnten.
Nicht ganz so dramatisch ist der dichte Dunstschleier, den Voyager 2 über dem Südpol entdeckte. Da dieser über dem Nordpol fehlte, vermutete man einen Zusammenhang mit den Jahreszeiten. Der Jubel war groß, als sich pünktlich nach der Tagundnachtgleiche die ersten Andeutungen dieses Dunstes über dem Nordpol bildeten.
Doch noch etwas ist merkwürdig: Obwohl Uranusʼ Pole mehr Sonne abbekommen, ist sein Äquator im Schnitt wärmer – weshalb weiß niemand so recht. Daher hatten Wissenschaftler die größte Aktivität von Stürmen zur Tagundnachtgleiche um das Jahr 2007 erwartet, als die Sonne senkrecht auf den ohnehin warmen Äquator schien. Warum sich diese Stürme nun sieben Jahre Zeit gelassen haben, wissen auch die Forscher noch nicht. Aber schließlich ist auf das Wetter ja sowieso nie Verlass.
Bilder (c) Keck Observatory
Judith Homann hat einen Master in Meteorologie von der Universität Innsbruck und interessiert sich auch für extraterrestrische Wetteraktivitäten.
Kommentare