8. Juli 2019 1 Likes

Heimkino-Highlights im Juli

Neues und Altes jenseits des großen Saals

Lesezeit: 7 min.

Jeden Monat die gleiche quälende Frage angesichts eines Bergs von Neu-Veröffentlichungen: „Was lohnt sich?“ – regelmäßige Hinweise der Redaktion sollen das Leben zumindestens ein wenig leichter machen!

 

1. X – The Movie (1996)

Bei wem? Nipponart Als was? Blu-ray Wann? 12.07.2019

Worum geht’s? In Tokio des Jahres 1999 kommt es zum Kampf um die Zukunft der Menschheit: Kamui Shirô ist zurückgekehrt, um sich seiner ultimativen Herausforderung zu stellen und muss mitten im Krieg zwischen den „Sieben Boten“, die die Menschheit vernichten wollen und den „Sieben Siegeln“, die die Menschheit retten wollen, eine folgenschwere Entscheidung fällen …

Prognose: Verfilmung der gleichnamigen Manga-Reihe des kultigen Künstlerkollektivs Clamp von Rintarô, der bereits mit „Galaxy Express“ (1979), „Harmageddon“ (1983), „Robotic Angel“ (2001) und anderen Titeln das Science-Fiction-Genre um sehenswerte bis herausragende Beiträge bereicherte, hier allerdings leichte Probleme hat, die umfangreiche Vorlage in einen abendfüllenden Spielfilm zu pressen. So ist die Grundstory – zwei mit speziellen Kräften ausgestattete Parteien bekämpfen sich, die eine will einen Neuanfang, die andere Bewahrung des Alten – zwar klar und wird ausreichend erklärt. Wer diese ganzen ein bisschen an die X-Men erinnernden Figuren allerdings sind und wie sie zueinander stehen, bleibt weitgehend im Dunklen. Das hat zu Folge, dass die gigantische, menschenverschlingende Schlacht, die im Mittelpunkt des Geschehens steht, emotional kalt lässt. Zusätzlich macht es sich die Verfilmung mit einer Vermischung verschiedener Realitätsebenen alles andere als einfach. Trotzdem: Die traumartige, gelegentlich surreale Atmosphäre sorgt in Kombination mit der gelungenen formale Seite, die auch nach über 20 Jahren kaum Staub angesetzt hat (besonders die schön ausgearbeiteten Hintergründe bieten was fürs Auge) schlussendlich dann doch dafür, dass man angetan am Bildschirm kleben bleibt. Und es ist nicht so, dass man auf die inhaltliche Seite komplett verzichten muss: Von Nipponart ist seit 2017 ebenso die tolle TV-Serie (Co-Regisseur: Yoshiaki Kawajiri!) erhältlich und dank Carlsen gibt’s die Manga-Reihe! Also, Geldbeutel auf und los geht der Einkauf!

X – The Movie • Japan 1996 • Regie: Rintarô • Darsteller: Tomokazu Seki, Kotono Mitsuishi, Jôji Nakata, Yukana, Emi Shinohara, Kôichi Yamadera, Junko Iwao, Ken Narita

 


The Beyond

2. The Beyond (2017)

Bei wem? Studio Hamburg Als was? DVD, Blu-ray, Amazon Prime Wann? 12.07.2019

Worum geht’s? Im Jahr 2019 wird im Weltraum eine Anomalie festgestellt, die für erhöhte Aufmerksamkeit seitens der Wissenschaft sorgt. Es scheint sich nämlich ein Wurmloch zu einem anderen Planeten aufgetan zu haben, auf dem womöglich außerirdisches Leben hausen könnte. Problem nur: Gewöhnliche Menschen könnten die Reise nicht überstehen. Aber zum Glück hat das US-Militär „Robocop“ gesehen und weiß die Lösung: Menschliche Gehirne werden – selbstverständlich im Rahmen supersupergeheimer Basteleien– in Roboterkörper verpflanzt. Die Wissenschaftlerin Jessica Johnson lässt sich entsprechend ummodellieren und begibt sich mit einem weiteren Kandidaten auf die Reise, kehrt allerdings fünf Tage später zurück: Alleine! Zudem sieht das Raumschiff stark gealtert aus …

Prognose: Regisseur Hasraf Dulull bastelt hauptberuflich Effekte für TV-Serien, gelegentlich auch Kinofilme, die bisherigen, selbstfinanzierten Regie-Arbeiten haben nicht unbedingt allzu große Wellen geschlagen beziehungsweise sind, wie eben „The Beyond“, im Streaming-Nirvana verpufft. Die wenigen Leute, die drüber gestolpert sind, zeigten sich von der Science-Fiction-Mystery-Mixtur in found footage-Ästhetik allerdings recht angetan und wir sind im Zweifelsfall sowieso immer für die Kleinen, heißt also: Reinschaubefehl!

The Beyond • Großbritannien/USA 2017 • Regie: Hasraf Dulull • Darsteller: David Balielie, Jane Perry, Brian Deacon, Kosha Engler, Nigel Barber, Bruce Chong, Julian Graham, Noeleen Comiskey

 


A-X-L – Mein bester Freund 2.0

3. A-X-L – Mein bester Freund 2.0 (2018)

Bei wem? Eurovideo Als was? Blu-ray, DVD Wann? 18.07.2019

Worum geht’s? … und da wir eh gerade beim Thema „strenggeheime Wurschteleien des US-Militärs sind“: Der 18-jährige Miles findet in der kalifornischen Wüste A.X.L., den entflohenen Prototypen eines Roboterhundes, der mit fortschrittlicher künstlicher Intelligenz ausgestattet wurde. Der Junge aktiviert daraufhin dessen Owner-Pairing-Technologie, was eine Verbindung mit dem Vierbeiner bewirkt, woraufhin sich eine innige Freundschaft zum Robo-Dog entwickelt. Doch die Schöpfer wollen ihr Spielzeug natürlich zurück, weswegen Miles’ Leben bald mächtig stressig wird …

Prognose: Basiert auf den 2015 veröffentlichten, via Kickstarter-finanzierten Kurzfilm „Miles“ von Oliver Daly. Mit Hilfe von Allrounder David S. Goyer („Blade“ 1-3, „Man of Steel“, demnächst „Terminator: Dark Fate“) wurde Dalys Debut zu einem 10 Millionen Dollar teuren Kinofilm ausgebaut, der von der US-Presse gnadenlos in die Tonne getreten wurde, in den Lichtspielhäusern mit wehenden Fahnen unterging und bei uns deswegen jetzt gleich auf Scheibe erscheint. Soll man zugreifen? „A-X-L“, der sich offenbar etwas an die Amblin-Filme („Die Goonies“, „Zurück in die Zukunft“, „E.T. – Der Außerirdische“) der 1980er-Jahre orientiert, wird mit Sicherheit nicht als Geheimtipp unter Cineasten enden, auf der anderen Seite köchelt die US-Filmpresse bereits seit einigen Jahren auf Sparflamme, weswegen man getrost davon ausgehen kann, dass das Gezeter mal wieder völlig übertrieben ist. Vermutlich wird sich die Kiste im Mittelfeld einschaukeln: Nette Unterhaltung für zwischendurch. Wie viel Spaß man letztendlich hat, wird auch vom Alter abhängig sein: Interessanterweise finden sich hier und da Kommentare von sehr jungen Menschen, die unter anderem einräumen, dass wegen Dalys Film nach einigen Minuten sogar die Playstation abgeschaltet wurde! Immerhin!

A-X-L – Mein bester Freund 2.0 • USA 2018 • Regie: Oliver Daly • Darsteller: Alex Neustaedter, Becky G, Alex McNicoll, Dominic Rains, Thomas Jane, Patricia De Leon, Ted McGinley

 


Diamantino

4. Diamantino (2018)

Bei wem? Koch Media Als was? Mediabook (DVD & Blu-ray) Wann? 25.07.2019

Worum geht’s? Diamantino ist Portugals unangefochtener Fußball-Gott Nummer 1, der Liebling einer ganzen Nation und zudem Herr über ein eigenes Modelabel. Doch kein Ruhm währt ewig und hier ist von heute auf morgen Schluss, da der Ballvirtuose mit dem Herz eines Kindes bei der Fußballweltmeisterschaft den entscheidenden Elfmeter versemmelt hat. Ab sofort ist der einstige Star nur noch als Internetmeme zu gebrauchen, allerdings sehen seine beiden raffgierigen Schwestern nicht ein, dass der Geldhahn plötzlich zugedreht werden soll und verwickeln den Naivling in krumme Geschäfte. Parallel wird die schöne Aisha als Flüchtlingsjunge in seinem Haushalt eingeschleust und soll überprüfen, ob sich der Verdacht der Steuerhinterziehung erhärten lässt …

Prognose: Wenn eine Komödie (!) im verbiesterten Cannes einen Preis gewinnt, dann muss es sich schon um ein ganz besonderes Prachtstück handeln und in der Tat – über Filme wie „Diamantino“ stolpert man nicht alle Tage und am liebsten möchte ich es auch einfach bei den Worten „Schaut’s euch einfach an!“ belassen, aber das wäre natürlich wenig leserfreundlich, deswegen ein zaghafter Versuch das Teil in Worte zu gießen: Es handelt sich um eine mit skurillen Ideen und irrwitzigen Wendungen nur so voll gepackte Mischung aus Sport und Science-Fiction, aus Politsatire, Geschlechterdiskurs, Medienkritik und wasweißichnochalles. Der Film des Regie- und Autorenduos Gabriel Abrantes und Daniel Schmidt ist dabei zugegebenermaßen etwas übervoll und wird aus diesem Grund zuweilen anstrengend, anderseits pflanzen die Macher dem gagaesken Treiben mit ihrer von Carlotto Cotta mit entwaffnenden Charme gespielten Hauptfigur ein zutiefst menschliches Herz ein, das das Ganze dann doch noch – gerade so – am Boden hält. Diamantino, ohne den Namen je zu nennen natürlich Cristiano Ronaldo nachempfunden, ist durch und durch ein Naivling. Er versteht nicht mal ansatzweise, was um ihm herum passiert, er hat einen stählernen Körper, aber den Verstand eines Kindes, dennoch bringen die Macher ihm alle Sympathien entgegen, was schon früh sichtbar wird: Wenn sich in der Wahrnehmung des Fußballtitans, dessen größte Stärke es ist, während der Spiele alles andere auszublenden, in seiner eigenen Welt zu leben und zu spielen, sich das Feld in ein rosafarbenes Zuckerwatteland verwandelt, in dem gigantische Pekinesenhündchen um den Ball rangeln, ist klar, dass der Mann vielleicht nicht der allerhellste Stern unter der Sonne ist, aber ein reines Herz hat. Ein ganz wunderbarer Film für Fans des Besonderen.

Diamantino • Brasilien/Frankreich/Portugal 2018 • Regie: Gabriel Abrantes, Daniel Schmidt • Darsteller: Carloto Cotta, Cleo Tavares, Anabela Moreira, Margarida Moreira, Carla Maciel

 


Another Life

… und was gibt’s im TV & Internet?

• Hidden: Förstfödd, Staffel 1 – ab 01.07.2019, TV Now: Serie über einen Studenten, der sich nebenbei um seine kranke Mutter kümmert, eines Tages einen schweren Unfall hat und mit Superkräften wieder aufwacht. Klingt jetzt nicht übermäßig spektakulär, kommt aber nicht aus Amerika, sondern aus Schweden, deswegen geben wir mal einen Vertrauensvorschuss und riskieren einen Blick …

• Stranger Things, Staffel 3 – ab 04.07.2019, Netflix: Ein bisschen schade ist, dass auch „Stranger Things“ sich nicht von der zwanghaften Überbietungslogik des heutigen Mainstreams freimachen kann und so ist auch in der dritten Season alles eine Spur größer und gewaltiger, der heimelige Charme des Auftakts ist weitgehend dahin. Aber spaßig isses immer noch. Vor allem für Fans des 80er-Jahre Kinos.

• Another Life, Staffel 1 – ab 25.07.2019, Netflix: Everybodys Darling Katee Sackhoff erforscht mal wieder fremde Welten – Showrunner Aaron Martin war zuvor für „Slasher“ verantwortlich und als Produzent an unserem Favoriten „Killjoys“ beteiligt – alle Zeichen stehen also auf „Könnt was werden!“

• The Boys, Staffel 1 – ab 26.07.2019, Amazon Prime: Mal wieder eine Comicverfilmung, da die Vorlage aber von Rüpel Garth Ennis stammt, könnte die Nummer sogar Spaß machen. Die erste Folge war auf der Comic Con Germany zu sehen und verspricht jedenfalls nette Anarcho-Unterhaltung, die sich allerdings auch etwas zuviel Zeit lässt. Wir werden sehen.

Große Abb. ganz oben: „Diamantino“, Koch Media

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