3. September 2018 2 Likes

Heimkino-Highlights im September

Neues und Altes jenseits des großen Saals

Lesezeit: 8 min.

Jeden Monat die gleiche quälende Frage angesichts eines Bergs von Neu-Veröffentlichungen: „Was lohnt sich?“ – regelmäßige Hinweise der Redaktion sollen das Leben zumindestens ein wenig leichter machen!

 

1. Videodrome (1983)

Bei wem? Koch Media Als was? Special Edition (1 Blu-ray, 2 DVDs) Wann? 13.09.2018

Worum geht’s? Es mag wie eine plumpe Floskel klingen, aber „Videodrome“ ist eher Erfahrung als konventioneller Spielfilm, weswegen selbst eine ausführliche Plotbeschreibung David Cronenbergs Sci-Fi-Body-Horror-Klassiker nur unzureichend wiedergeben würde. Aus Servicegründen hier aber trotzdem der Versuch einer knappen Inhaltsangabe: Max Renn (James Woods) ist Besitzer des kanadischen Fernsehsenders „Civic TV“, der sich auf ein gewalt- und (soft-)sexhaltiges Programm spezialisiert hat. Auf der Suche nach Inhalten um die Attraktivität seines Angebots zu steigern, bemerkt Renn eines Tages den Sender „Videodrome“, der auf wechselnden Frequenzen extrem brutale und sadistische, vermutlich ungestellte Sendungen ausstrahlt. Max sieht in dem dubiosen Programm des mysteriösen Anbieters die Zukunft des Fernsehens, versucht die Betreiber ausfindig zu machen und gerät bald darauf in die Machenschaften eines finsteren Konzerns …

Prognose: Gut, dass Videokassetten eine größere Rolle spielen, wird den Film für jüngere Zuschauer vermutlich noch mysteriöser wirken lassen, als er eh schon ist, dennoch hat David Cronenbergs – für diese Phase seines Schaffens – typische Mischung aus Sozialkritik und mit herrlich ekligen Effekten gewürzten Alptraumszenarien kaum Staub angesetzt und entfaltet nicht zuletzt dank dem mal wieder fabulösen Soundtrack von seinem Hauskomponisten Howard Shore die Sogwirkung eines Industriestaubsaugers. „Videodrome“ wurde für die US-Kinoauswertung zu Gunsten eines R-Ratings bereits gekürzt, bei uns erschien der Film 1985 nur auf Video und wanderte trotz bereits stattgefundener Zensuren selbstverständlich schnurstracks auf den Index. Im März dieses Jahres fiel der BPjS dann auf, dass das ja eigentlich schon ein toller Film ist, der von viel mehr Jugendlichen gesehen werden sollte und winkte die komplett ungekürzte Unrated-Fassung mit einer FSK 16 durch, was Koch Media jetzt natürlich für eine fette Special Edition mit über 2,5 Stunden Bonusmaterial nutzt. Muss man haben. Eh klar.

Videodrome • Kanada 1983 • Regie: David Cronenberg • Darsteller: James Woods, Sonja Smits, Debbie Harry, Peter Dvorsky, Leslie Carlson, Jack Creley, Lynne Gorman

 


„Die Unzertrennlichen“

2. Die Unzertrennlichen (Limited Edition Mediabook) (1988)

Bei wem? Koch Media Als was? Mediabook (Blu-ray/2 DVDs) Wann? 27.09.2018

Worum geht’s? Die eineiigen Zwillinge Beverly und Elliot sind gefeierte Gynäkologen und Forscher, führen aber trotzdem kein Jetset-Leben, sondern hausen in einer gemeinsamen Wohnung in Toronto. Der selbstsichere, narzisstische Elliot nutzt dabei seinen Bruder, den menschenscheuen sensiblen Beverly, aus und sonnt sich im Ruhm, während der scheue Bruder im Stillen seinen Forschungen nachgeht. Elliot überlässt Beverly zudem regelmäßig die Eroberungen der vorherigen Nacht, was aus seiner Sicht nur fair und eine weitere Ausformung des „Zwillingsmythos“ ist, denn sein Bruder könnte aus eigener Kraft eh nie eine Frau kennen lernen. Doch nach einer Weile kippt diese merkwürdige Verbindung, denn Beverly verliebt sich in Claire Niveau, eine seiner Patientinnen – der Beginn einer Abwärtsspirale, die in Drogensucht und Wahnsinn endet …

Prognose: Ein weiterer toller Film aus dem reichhaltigen und vor allem extrem nahrhaften Werkverzeichnis von David Cronenberg, der sich zu diesem Zeitpunkt von aufrührerischer Effektlastigkeit zu einer eher leiseren, psychologischeren Variante seiner Arbeit hin entwickelt hatte und hier mit einer von Jeremy Irons in einer Doppelrolle fein gespielten und wie immer exzellent inszenierten, cronenbergschen Alptraum-Version einer Tragödie aufwartet. „Die Unzertrennlichen“ steht nicht ohne Grund auf einem halben Dutzend Best-of-Listen, ein Film über den man seitenlange Aufsätze tippen könnte, man kann’s aber ebenso kurz und knapp halten: Kaufen! Sofort! JETZT! (Nach einer regelrechten Schwemme an oftmals qualitativ zweifelhaften DVD-Veröffentlichungen verschiedener Anbieter haut Koch Media mit einer definitiven Edition auf den Tisch: Technisch einwandfrei und 6 Tonnen Extras!)

Die Unzertrennlichen • Kanada/USA 1988 • Regie: David Cronenberg • Darsteller: Jeremy Irons, Geneviève Bujold, Heidi von Palleske, Barbara Gordon, Shirley Douglas

 


„Mom and Dad“

3. Mom And Dad (2017)

Bei wem? NewKSM Cinema Als was? DVD, Blu-ray Wann? 20.09.2018

Worum geht’s? Brent (Nicolas Cage) und Kendall (Selma Blair) leben mit ihren zwei Kindern Carly Ryan und Josh ein betuliches Mittelstandsleben. Doch eines Tages lässt ein rätselhaftes Signal aus dem Fernseher und dem Radio die Eltern der ganzen Umgebung völlig ausrasten und Jagd auf ihren Nachwuchs machen. Verzweifelt kämpfen die Kids um ihr Überleben, das Blatt wendet sich allerdings, als überraschend Brents Eltern vor der Tür stehen …

Prognose: Bei „Mom and Dad“ handelt es sich um die neuste Arbeit von Regisseur, Drehbuchautor, Produzent und Kameramann Brian Taylor, der sich, zusammen mit Mark Neveldine, in den letzten Jahren mit comicmäßigen, bis zum Anschlag nervösen ADHS-Epen wie „Crank“ (2006), „Crank: High Voltage“ (2009) oder „Ghost Rider: Spirit of Vengeance“ (2011) einen Namen gemacht hat. Ich persönlich mochte diese Art von Kino nie, da es für mich nicht viel mit Inszenierung zu tun hat, wenn einfach alle Knöpfe gedrückt werden, aber für viele andere fallen die beiden unter „Kult“. Bei „Mom And Dad“ handelt es sich allerdings um Taylors erstes Solo-Projekt, das bisherige Presse-Feedback fällt überraschend wohlwollend aus, wohingegen die Fans enttäuscht sind, da „nicht mehr so wie früher“. Vielleicht doch mal reinschauen.

Mom And Dad • USA 2017 • Regie: Brian Taylor • Darsteller: Nicolas Cage, Selma Blair, Anne Winters, Joseph D. Reitman, Olivia Crocicchia, Theresa Cook, Lorenza Diaz

 


„Slugs – Schleimig, klebrig, tödlich!“

4. Slugs – Schleimig, klebrig, tödlich! (1988)

Bei wem? White Pearl Movies/Daredo Als was? DVD, Blu-ray Wann? 21.09.2018

Worum geht’s? In einer Kleinstadt kommt es zu einer Reihe von seltsamen Todesfällen, alle Opfer sind angefressen. Die Behörden kümmern sich wie gewohnt nicht wirklich um die Vorkommnisse, sondern schieben die Schuld auf eine vermeintliche Rattenplage. Doch dann fällt einem Ermittler das überdurchschnittlich hohe Vorkommen von Schnecken auf und es dämmert so langsam, allerdings glaubt ihm niemand. Erst als eine Stadtprominenz von den Schleimern angefressen wird, bläst man zur Jagd …

Prognose: „Slugs“ wurde erst neulich in „SchleFaZ“, einer bei Filmfeinden ungeheuer populären Tele-5-Sendung, kaputt geredet und zugegeben, der unten verlinkte, wirklich unpackbare Trailer verleitet tatsächlich erstmal zum reflexhaften Zücken der Trash-Karte. Ebenso klar, die Romanverfilmung von Juan Piquer Simón (dürfte bei Freunden abseitigerer Kost vor allem dank seines 1982 veröffentlichten Slashers „Pieces“ in bester Erinnerung sein) hat Schwächen, vor allem wurde ein Teil der Darsteller offenbar sich selbst überlassen. So schlecht Simón in Sachen Schauspielführung auch war („Slugs“ ist nicht der einzige seiner Produktionen in denen hemmungsloses Overacting betrieben wird), so gut war er in einem anderen Bereich: Effekte! Der 2011 verstorbene Regisseur besaß ein eigenes Studio in Madrid und kümmert sich häufig selbst um die Effektszenen seiner Filme oder beaufsichtige sie zumindest und so wartet auch „Slugs“ mit einer Reihe gut gemachter, wunderbar widerlicher Tricks auf, die den Tierhorrorfilm dann doch noch zu einem halbwegs ordentlichen Schauerstück werden lassen. Natürlich machen gelungene Effekte aus einem mittelmäßigen keinen guten Film, aber Trash sieht nun mal eben anders aus.

Slugs – Schleimig, klebrig, tödlich! • USA/Spanien 1988 • Regie: Juan Piquer Simón • Darsteller: Michael Garfield, Kim Terry, Philip MacHale, Alicia Moro, Santiago Álvarez

 


„Alien Expedition“

5. Alien Expedition (2018)

Bei wem? Splendid Als was? DVD, Blu-ray Wann? erschienen

Worum geht’s? Ein Forscherteam aus Menschen und Androiden wird mit der Mission, die Ressourcen vor Ort zu untersuchen, auf einen weit entfernten Planeten geschickt und muss nach Ankunft feststellen, dass sie – welch Überraschung ! – nicht allein und die Außerirdischen natürlich alles andere als gut gelaunt sind …

Prognose: Puuuuuuuuuuuuuuuuuuuuhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh, schwierig, schwierig. Der Plot klingt nach gar nix, keiner der Beteiligten ist in der Vergangenheit durch irgendwelche Heldentaten aufgefallen (die beiden Regisseure, über die sich kaum Info finden lässt, haben lediglich 2016 die in die genau gegensätzliche Richtung gehende Bibelverfilmung „David vs. Goliath“ auf die Menschheit losgelassen). Aber: Der Trailer schaut ganz nett aus und versprüht ein bisschen „Turbo Kid“-Vibes. Schaumer mal.

Alien Expedition • USA 2018 • Regie: Wallace Brothers • Darsteller: C.J. Baker, Edward Gusts, Ethan McDowell, Gregory Niebel, Whitney Nielsen, Antuone Torbert, Linda S. Wong

 


„Endless“

6. Endless (2017)

Bei wem? Meteor Film Als was? DVD, Blu-ray, Limited Blu-ray Futurepak Wann? erschienen

Worum geht’s? Zehn Jahre nachdem Justin und Aaron den Klauen eines UFO-Todeskults entkommen sind, kriegen die beiden eine mysteriöse Nachricht ihrer ehemaligen Ersatzfamilie, worauf die Brüder beschließen – trotz Zweifel von Justin – für einen Tag vorbeizuschauen. Anfänglich erscheint auch überraschenderweise alles in Ordnung, doch dann häufen sich die mysteriösen Vorgänge …

Prognose: Fällt dieses Mal flach, den wir haben den Film neulich ausführlich besprochen – in Kurzform: Die Allrounder Benson und Moorhead (hier nun auch erstmalig auf sehr überzeugende Weise in den Hauptrollen zu sehen) haben sich mittlerweile an die vorderste Front zeitgenössischer Genre-Unterhaltung katapultiert und verleiten mit diesem sehr atmosphärischen, subtilen, wunderbar verqueren Mix aus Cosmic Horror und Mumblecore-Drama erneut zum Jubeln. Natürlich maulen schon wieder die ersten Horrorfreaks rum, von wegen „Zu viel Gelaber!“, „Kein Splatter!“, deswegen vorsichtshalber eine Warnung: Nichts für Leute, die gerne immer und immer wieder denselben Film sehen wollen.

The Endless • USA 2017 • Regie: Justin Benson, Aaron Moorhead • Darsteller: Justin Benson, Aaron Moorhead, Tate Ellington, Callie Hernandez, Lew Temple, James Jordan, Kira Powell

 


„A Breath Away“

7. A Breath Away (2018)

Bei wem? Splendid Als was? DVD, Blu-ray Wann? erschienen

Worum geht’s? Paris wird nach einem Erdbeben von dichtem Neben umhüllt, der bereits nach einem Atemzug tödlich ist. Anna und Mathieau haben überlebt, aber nur, weil sie in letzter Sekunde in das oberste Stockwerk eines Hochhauses geflüchtet sind. Die Rettung lässt allerdings auf sich warten und der Nebel steigt immer höher und höher …

Prognose: Mit Sicherheit einen Blick wert. Schaut gut aus (Frankreich halt), erzählt einen dieser High Concept-Geschichten, die irgendwie immer reizvoll sind, ist gut besetzt (Duris, Kurylenko) – wüsste nicht, was dagegen sprechen sollte. Randnotiz: Der Film heißt in der Originalversion „Dans la brume“ (Im Nebel), für die internationale Auswertung wurde der an ein ganz bestimmtes Stück aus dem „Top Gun“-Soundtrack erinnernde Titel „Just A Breath Away“ genommen, der wiederum offenbar eigens für die deutschsprachige Auswertung auf „A Breath Away“ verkürzt wurde…?

A Breath Away • Frankreich 2018 • Regie: Daniel Roby • Darsteller: Romain Duris, Olga Kurylenko, Fantine Harduin, Michel Robin, Anna Gaylor, Alexis Manenti, Robin Barde, Erja Malatier

 


„The Purge“

… und was gibt’s im TV & Internet?

• Dr. Who, Staffel 10 – ab 04.09.2018, One: In einem Wort: Kult!

• The Purge, Staffel 1 – ab 05.09.2018, Amazon Prime: War ja klar. Das überaus erfolgreiche Sci-Fi-Horror-Action-Franchise kriegt jetzt auch einen Serienableger spendiert… angesichts dessen, dass bereits auf der Leinwand das inhaltliche Vakuum immer größer wurde, sehen wir für die Serie pechschwarz.

• Iron Fist, Staffel 2 – ab 07.09.2018, Netflix: Die erste Season wurde ja völlig zu Recht von allen Seiten in die Tonne getreten, aber da für Netflix, dem angeblichen „Maß aller Dinge für Qualitätsfernsehen“, in Wirklichkeit einzig und allein Klicks zählen, geht’s auch hier weiter …

• The Last Ship, Staffel 5 – ab 09.09.2018, TNT Serie: The Last Staffel! (nicht wirklich schade).

• The Big Bang Theory, Staffel 11, Fortsetzung – ab 10.09.2018, Pro 7: Jetzt ist es raus, die 12. Staffel wird die Letzte sein! Böse Stimmen jubeln, wir finden’s schade, denn die Serie war eine der wenigen Sitcoms, die sich auch auf langer Strecke recht ordentlich gehalten haben.

• Young Sheldon, Staffel 1, Fortsetzung – ab 10.09.2018, Pro 7: Das überflüssige Spin-off zu „The Big Bang Theory“.

• Overlord, Staffel 1 – ab 11.09.2018, Nitro: Anime-Serie um ein futuristisches Rollenspiel, das ein Eigenleben entwickelt.

• iZombie, Staffel 4 – ab 20.09.2018, Sixx: Angenehm leichtfüßige Zombie-Serie von Rob Thomas (Veronica Mars).

• Into The Badlands, Staffel 3 – ab 22.09.2018, Amazon Prime: Die dritte Season der kurzweiligen Martial-Arts-Endzeit-Serie.

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