Reingeschaut: „Lost in Starlight“

Regenschirme sind wichtig in Südkorea. Im Sommer ist es dort ziemlich eklig – heiß, schwül und viel Niederschlag. Einen Schirm hat man lieber immer dabei. Und weil er eben doch ständig fehlt, ist es längst ein gängiges Filmmotiv, jungen Damen, die im Regen stehen, einen Schirm zu überlassen, während der Herr patschnass wird. Im günstigsten Fall gehen aber beide vereint unterm Schirm der Romanze entgegen.

So auch in „Lost in Starlight“, der südkoreanischen Animations-Romanze von Han Ji-won, die gerade Premiere bei Netflix hatte. Die spielt in der nahen Zukunft und erzählt von Nan-young (Stimme im Original von „Twenty Five Twenty One“-Fechterin Kim Tae-ri), die einen Platz bei der nächsten Mars-Crew ergattern will, von ihrem NASA-Boss aber erst einmal Heimaturlaub verordnet bekommt. Im futuristischen Seoul lernt sie den gescheiterten Pop-Musiker Jay (Hong Kyung aus „Weak Hero Class 2“) kennen, und von da bis zum ersten Regenguss sind es nur noch ein paar (Film-) Minuten. Mars oder Liebe, oje …

Trotz des spacigen Themas bleibt „Lost in Starlight“ erstaunlich geerdet, wird trotz aller Steilvorlagen, die das Skript bietet, kaum zum sentimentalen Großkitsch aufgeblasen. Na ja, gegen Ende schon ein bisschen, aber bei einer Laufzeit von 90 Minuten plus Abspann-Nachspielzeit ohne Post-Credit-Scene, kann man das verschmerzen. Denn insgesamt hält sich die Süßlichkeit sehr in Grenzen.

Optisch ist das fast ein bisschen überladen, manchmal weiß man gar nicht, wo man zuerst hingucken soll. Und wen erkennbare Computergrafik in Animationsfilmen stört, die irgendwie schon die Anmutung von Zeichentrick erwecken möchten, hat hier verloren, denn die Hintergründe sind oft so glatt gerendert, dass sie sich mit der etwas raueren Ästhetik der Figuren beißen. Wird nicht jedem schmecken.

Lohnt sich ein Blick? Ich finde, ja. „Lost in Starlight“ ist eine hübsche, charmante Romanze mit Melo-Untertönen, die auf ein übertrieben bombastisches Finale verzichtet. Man braucht auch keinen Regenschirm, um sich der Tränen zu erwehren.

Lost in Starlight • Südkorea 2025 • Regie: Han Ji-won • Originalstimmen: Kim Tae-ri, Hong Kyung • jetzt bei Netflix