12. Oktober 2017

Fast so schlecht, dass es gut ist

Tommy Wirkolas Überbevölkerungsfilm „Whatever Happened to Monday?“ verschenkt leider ein tolles Konzept

Lesezeit: 3 min.

Als „Spec-Script“ wird in Hollywood ein Drehbuch bezeichnet, das ohne festen Abnehmer geschrieben wurde, also spekulativ. Ein Originaldrehbuch also und keine der dutzenden Fortsetzungen, Reboots, Sequels, Prequels, Adaptionen, mit denen immer größere Teile des amerikanischen Kinojahrs gefüllt werden. Ein Originaldrehbuch verfilmt zu bekommen ist aus offensichtlichen Gründen schwierig, da es sich hierbei eben nicht um vermeintlich sichere Projekte handelt.

Um solche Spec-Scripts etwas bekannter zu machen, kursiert seit 2004 in Hollywood die so genannte Blacklist, eine jährliche Auflistung der besten unproduzierten Drehbücher. Viele dieser Projekte schaffen es zwar nicht, verfilmt zu werden, manche aber doch. Und bei manchen fragt man sich, wie so ein Drehbuch als vielversprechend betrachtet werden konnte, womit wir endlich bei Tommy Wirkolas „What Happened to Monday?“ wären, bei dem man aus unterschiedlichen Gründen aus dem Staunen nicht herauskommt.

Zunächst einmal, weil die Ausgangsidee toll ist: Angesichts der zunehmenden Überbevölkerung der Erde wurde eine Ein-Kind-Politik eingeführt, die vom Ministerium für Kinderzuweisung überwacht wird. Wer gegen das Gesetz verstößt und mehr als ein Kind zur Welt bringt, dessen Nachwuchs wird von finsteren Schergen des Regimes abgeholt und eingefroren! So zumindest verspricht es Nicolette Cayman (Glenn Close), die Initiatorin dieser Politik. Natürlich halten sich nicht alle an diese Regel, z.B. Terrence Settman (Willem Dafoe), dessen Tochter einst bei der Geburt von sagenhaften Siebenlingen verstarb. Entgegen aller Regeln zog Settman seine sieben Enkelinnen im Geheimen auf und nannte sie nach den Wochentagen Monday, Tuesday usw. Jeden Tag der Woche darf eine der Siebenlinge (allesamt gespielt von Noomi Rapace) nach draußen gehen und als Karen Settman leben und einer Arbeit nachgehen. Sieben unterschiedliche Persönlichkeiten, die nun zunehmend nach mehr Freiheit verlangen. Und so kommt es, dass eines Abends Monday nicht nach Hause kommt.

Allein dieses schwindelerregende Konzept ist gleichermaßen brillant und gaga, von den unzähligen Fragen, die es aufwirft, ganz abgesehen: Hat wirklich niemand gemerkt, dass da 30 Jahre lang Siebenlinge in einer Wohnung leben? Niemand fiel auf, dass Terrence Settman Unmengen an Nahrungsmitteln kaufen musste? Und was passierte, als Terrence starb, denn er existiert nur in Rückblenden, als die Siebenlinge noch kleine Mädchen waren.

Und so geht es weiter. Man fragt sich, warum die Straßen der Stadt derart überfüllt sind, was ja andeutet, dass die Ein-Kind-Politik gescheitert ist, fragt sich, warum die Sicherheitskräfte hier besonders unfähig agieren und sämtliche Kollegen von Karen Settman offensichtlich blind sind. Es ist eine wahre Freude, die Ansammlung von Plotlöchern und Absurditäten zu beobachten, die offenbar eine Folge der allzulangen Genese des Projekts waren.

Jahrelang wurde versucht, das Drehbuch zu verfilmen, unterschiedlichste Regisseure und Hauptdarstellerinnen kamen und gingen und wie das in Hollywood eben oft (leider) so üblich ist, werkelten immer neue Autoren und der eine oder andere „Script-Doctor“ an einem Buch herum, das nun wohl nur noch bedingt mit dem zu tun hat, das einst auf der Blacklist auftauchte.

Fast ist „Whatever Happened to Monday?“ nun so absurd, dass er schon wieder gut ist, zumal Tommy Wirkola, der vor allem für seine Nazi-Zombie-Filme „Dead Snow“ und „Dead Snow - Red vs. Dead“ bekannte Regisseur, ein echter Handwerker ist, der augenscheinlich mehr Interesse an Haudrauf hat, als an der an sich so spannenden Thematik. Die ist schließlich von großer Aktualität und diente nicht zufällig auch einem Autor wie Dan Brown, der stets den Finger am Puls der Zeit hat, als Hintergrund für seinen letzten Bestseller „Inferno“. Zu Schade, dass „Whatever Happenes to Monday?“ dann aber doch zu konfus ist, um einen interessanten Standpunkt zu seiner Thematik einzunehmen und seinen tollen Ausgangspunkt ziemlich kläglich verschenkt.

„Whatever Happened to Monday?“ startet am 12. Oktober im Kino

Whatever Happened to Monday? • (Seven Sisters; UK/F/Belgien/USA 2017 • Regie: Tommy Wirkola • Darsteller: Noomi Rapace, Willem Dafoe, Glenn Close

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