The Frozen Wilds
Der große Story-DLC zu „Horizon Zero Dawn“ rundet das Open-World-Epos grandios ab
Wenn es in diesem Jahr ein Open-World-Rollenspiel gab, das wirklich all seinen vorab kredenzten Vorschusslorbeeren voll gerecht wurde, dann das Postapokalypse-Abenteuer Horizon Zero Dawn (hier nochmal unser ausführlicher Test). Eine Welt, die spielerisch alles bietet, was ein jedes Entdeckerherz verlangt, technisch absolut begeistert, mit Aloy eine glaubhafte Heldin einführt und deren Storygerüst um eine versunkene alte Welt, ihr Erbe und die Existenz skurriler Maschinenwesen den gesamten Gaming-Laden mehr als solide zusammenhält - wie oft kommt das (gerade als reines Singleplayer-Game) überhaupt vor?
Nach ein paar Monaten des Wartens erschien nun der einzige ausgewachsene Story-DLC zu Aloys epischer Reise, die sicherlich nach dem großen Erfolg des Erstlings auch mit einem weiteren vollwertigen zweiten Teil fortgesetzt wird. Die Erweiterung hört auf den nicht gerade dezenten Namen The Frozen Wilds und wird rechtzeitig vor Weihnachten am 6. Dezember auch nochmal zusammen mit dem Hauptspiel in einer schicken Complete Edition (natürlich wie gehabt exklusiv für PS4) erscheinen.
Obwohl es in der heutigen Zeit der Multi-Erweiterungen fast seltsam anmutet, nur einen DLC zu einem so gewaltigen Projekt zu veröffentlichen, dürfen sich Inhaber eben über das freuen, was ein Zusatzpaket eigentlich immer ausmachen sollte, nämlich viel Qualität, die dem Hauptspiel in nichts nachsteht. Und diese Forderung übertrifft The Frozen Wilds sogar um Längen, denn neben einer gut 15 Stunden langen Kampagne, die Aloy in ein bisher nicht zugängliches Gebiet inklusive neuen Feindklassen und dem stolzen Kriegervolk der Banuk führt, spendieren uns die Macher von Guerrilla Games einen erweiterten Skilltree mit sehr feinen Komfortfähigkeiten, einer ganzen Palette weiterer optionaler Such- und Challengemissionen, deren Abschluss uns mit neuen Waffen und netten Modifizierungen versüßt werden, sowie einer scheinbar noch leicht verbesserter Grafik, die sich gerade bei den Animationen der Banuk sichtbar niederschlägt.
Die Story ist innerhalb des Zeitablaufs des Hauptspiels angesiedelt und spinnt einige bereits bekannte Ansätze sinnvoll wie spannend weiter, ohne allerdings wirklich einen Originalitätspreis abräumen zu können. In den Eisgebirgen der Banuk treiben sich einige neue, noch aggressivere Maschinenwesen herum, die scheinbar von einem geheimnisvollen Dämon angestachelt werden. Dies gilt es selbstverständlich zu beenden und so wieder für Frieden im Land zu sorgen. Kenner der Materie wissen natürlich, dass es sich im Kontext von Horizon Zero Dawn beim Dämon ziemlich sicher nicht um ein magisches Wesen - wie im Glauben der meisten postapokalyptischen Völker des Titels verankert - handelt, sondern um ein außer Kontrolle geratenes Programm aus der alten (Technik-)Welt, das nun in den unterirdischen Anlagen neue Wesen in Serie bauen lässt, um sich und seinen Einfluss zu schützen.
Um diesen Dämon nun aufzuhalten, muss Aloy naturgemäß mehrere Abenteuer überstehen, um etwa das Vertrauen der Banuk zu gewinnen und dadurch zusammen mit einer ihrer Schamaninnen und deren Bruder in die Festung des Dämons eindringen zu können. Da wir immer wieder weitere Nebenaufgaben erfüllen dürfen und sich sowohl die neuen Charaktere als auch speziell die Ungetümer (wie etwa die besonders gigantischen Feuerklauen) als in jeder Hinsicht stimmige Erweiterung der kontrastreichen Welt und ihres Widerspruchs zwischen Natur, Spiritualität und Technologie erweisen, fällt der eigentlich ziemlich überschaubare dramaturgische Aufbau dieses Story-Kapitels nicht weiter ins Gewicht.
Das eigentliche Highlight neben den neuen Bestien und kleineren Verbesserungen liegt ohne Zweifel in der frischen Umgebung. Lokalisiert in den Bergen Montanas, zaubern die Entwickler eine frostige Landschaft auf den Bildschirm, wie sie in ihrer physischen Intensität aktuell kaum besser audiovisuell umsetzbar scheint. Wir stapfen durch meterhohen Schnee, spüren den eiskalten Wind und sind trotz eigentlich guter Sicht auf felsiges Geläuf immer wieder überrascht, wenn dann doch plötzlich völlig unerwartet eine Gegnergruppe zum abrupten Angriff bläst und uns trotz Eiseskälte ordentlich ins Schwitzen zu bringen.
Gerade weil der Rest von Horizon Zero Dawn eher sonniges Umland bietet, ist die Auswahl eines Schneegebirges zwar eine im Grunde logische, dennoch in ihrer Umsetzung umso präsentere und damit nahezu perfekte Ergänzung zu den Arealen des Hauptspiels. Mit seinen ausladenden Schneepanoramen, die wie gewohnt ohne Bildeinbrüche und Kantenflimmern sauber programmiert in ihrer ganzen HZD-Pracht erstrahlen, selbst wenn wir es mit kraftraubenden Schneestürmen zu tun bekommen (ohne natürlich wirklich an Aloys Fähigkeiten Abstriche machen zu müssen), ist Guerrilla Games wirklich ein echter Leckerbissen speziell für den Fotomodus des Games geglückt. Da sich am Handling wie allen anderen Schaltstellen des Titels natürlich auch keine Verschlechterung oder unsinnige Neuerung eingeschlichen haben, gibt es an keiner Stelle wirklich ernsthaft etwas zu meckern.
Fazit
Man stelle sich die vom Glück geküssten (oder besonders geduldigen) Menschen vor, die weder das Hauptspiel noch den DLC bisher gespielt, und daher im Idealfall mit der Complete Edition sogar das ganze Erlebnis von Horizon Zero Dawn möglicherweise noch vor sich haben. Man muss die vielen Vorzüge dieses Ausnahme-Titels nicht mehr besingen, denn das ist nicht nur auf dieser Seite völlig zurecht schon oft genug geschehen.
Daher auf den Punkt gebracht: Der DLC The Frozen Wilds erweitert ein ohnehin über beide Backen famoses Open-World-Abenteuer mit viel zusätzlichem Content, der Fans von Aloy weiter oder wieder begeistern wird. Wer Horizon Zero Dawn nicht gespielt hat, dem fehlt eben schlicht eines der ganz großen Action-Adventures dieser Dekade im eigenen Gaming-Erlebniskatalog. Punkt!
Horizon Zero Dawn • Guerrilla Games/Sony • Open-World-Action-RPG
Abb. © Guerrilla Games/Sony
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