12. Dezember 2017 3 Likes

Der Fluch der Langeweile

Das erste „Destiny 2“-Add-On „Fluch des Osiris“ im Test

Lesezeit: 4 min.

Wenn man dem originalen „Destiny“ und Entwickler Bungie eines anrechnen kann, dann, dass der Erstling mit jedem großen und kleinen Add-On der Perfektion ein Stückchen näher kam. Diese Siegessträhne wurde mit dem grandiosen „Destiny 2“, welches vor wenigen Monaten erschien, geradewegs fortgesetzt. Bei solch einer Erfolgsgeschichte stellen sich natürlich hohe Erwartungen für „Fluch des Osiris“ ein. Und größer könnte die Enttäuschung letztlich kaum ausfallen. Aber dazu gleich mehr.

„Fluch des Osiris“ setzt nach der mauen bis soliden Storykampagne um „Destiny 2“-Bösewicht Dominus Ghaul an. Der Reisende ist wieder erwacht und die Hüter hüten die Galaxie. Nur machen sich Zeichen einer nahenden Rückkehr eines der stärksten Hüter aller Zeiten breit: Osiris. Ikora Rey, Osiris’ ehemaliger Schützling, übergibt uns die Aufgabe nach dem störrischen Lehrmeister zu suchen, der als erster und einziger Hüter vor Jahrzehnten verbannt wurde. Dieser ist nach kurzer Nachforschung im Zeitstrom der Vex gefangen, die Roboterrasse, welche an die Wächter aus der „Matrix“-Reihe erinnern. Die Vex planen etwas Großes und haben den Planeten Merkur in eine große Kampfsimulation umgewandelt. Im sogenannten „Immerforst“ spielen die Vex endlose Kampfsimulationen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ab, um so den perfekten Sieg zu erringen. Und gerade dort soll sich Osiris befinden.


„Fluch des Osiris“ zeigt zwar hübsches Art-Design, belässt es größtenteils aber dabei.

Und genau hier beginnen auch schon die zahlreichen Probleme, die „Fluch des Osiris“ mit sich bringt. Die Story ist in gut drei Stunden durchgespielt und bringt uns nichts Neues. Selbst besagter legendärer Hüter Osiris wird zwar als rebellisch, arrogant und aufrührerisch bezeichnet, davon macht sich jedoch in seinem Auftreten und Benehmen absolut nichts bemerkbar. So begegnen wir ihm ganz zum Schluss auch persönlich und mehr als einen „netten, alten Herrn“, der uns ein „Gut gemacht!“ auf den Weg gibt, kriegen wir nicht zu sehen. Keine Erläuterung, warum er nun verbannt wurde oder was zum Teufel ihn denn nun so besonders macht. Die Autoren von Bungie begehen hier der Kardinalfehler eines jeden schlechten Schreiberlings: Handlungen machen Figuren zu Charakteren, nicht reine Umschreibungen. Aber gut, seien wir ehrlich, kaum jemand spielt den MMO-Shooter wegen der Geschichte.


Erst gilt es im „Fresser der Welten“ die effektvolle Boss-Barrierer zu zerstören…

Und hier kommen wir auch schon zum anderen großen Manko. „Fluch des Osiris“ bietet mit Merkur einen neuen Planeten mit einer neuen Patrouille-Zone, drei neuen Abenteuern, einen Lost Sector, und ein mickriges neues Public Event. Dazu kommen drei neue PVP-Maps (von denen eine PS4-exklusiv ist) und eine handvoll neuer exotischer Gegenständen. Die Patrouille-Zone ist lächerlich klein, sodass wir nicht einmal unseren Sparrow auspacken dürfen um darin herumzufahren und ist selbst zu Fuß in knapp drei Minuten umkreist. Denn um mehr als ein kreisrundes Gebiet handelt es sich nicht. Die Abenteuer eröffnen uns Zutritt zum „als quasi-prozedural generierten“ Immerforst, der stets neue, aufregende Level verspricht, und erinnern an Mini-Strikes. Der Immerforst fühlt sich jedoch dank Baukastenabschnitten trotz wechselnder Gegner-Gruppierung schnell alt an und hinterlässt ein ungewolltes Déjà-vu. Für einen neuen Planeten bietet Merkur eindeutig zu wenig und fühlt sich vor allem nach ein und demselben an, was wir bereits aus „Destiny 2“ kannten. Eine weitere, zudem lieblose, Patrouille-Zone, um die Zeit totzuschlagen und Planeten-Märkchen zu sammeln.


… um dann der gigantischen Hydra selbst den Garaus zu machen.

Die einzigen rettenden Aspekte des Add-Ons sind die aus dem originalen „Destiny“ wiederkehrenden „heroischen Strikes“ und natürlich der fantastische „Raidtrakt“ „Fresser der Welten“, der einer abgespeckten Version eines Raids gleicht und schneller zu absolvieren ist. Dieses Mal werden die sechs Spieler in drei Instanzen geschickt, die ein zunehmend schwerer werdendes Sprung-Puzzle, einen Deckungsparkour und die Boss-Begegnung umfassen. Das Sprung-Puzzle und der Parkour, in dem wir von Deckung zu Deckung sprinten, während wir Intervall-Angriffe abwarten, sind geschicklichkeits- und kommunikationsfördernd und eine gelungene Abwechslung zum „Leviathan“-Raid. Aber die wirkliche Herausforderung zeigt sich bei der Vorphase des Bossfights und beim Boss selbst. Dort müssen wir erst eine gigantische Barriere zerstören, während endlose Mobs uns den Weg erschweren und erneut Teamkommunikation im Vordergrund steht. Objekte müssen gesammelt werden, welche wir an drei Knoten in Elementarkanonen umwandeln und an zu kommunizierenden Stellen abfeuern, um die Barriere zu zerstören, alles unter gigantischem Zeit- und Gegnerdruck. Wenn wir uns besagter Barriere entledigt haben, wird der Boss „freigeschaufelt“ und wir wiederholen die vorherige Prozedur in ähnlicher Ausführung.

Der Raidtrakt ist eine wundervolle Ergänzung zum Hauptspiel und bietet Veteranen erneut etwas, um sich daran die Zähne auszubeißen. Das Problem hierbei ist aber noch einmal etwas ganz anderes. Bungie hat nicht nur das Lichtlevel des „Leviathan“-Raids aus dem Ursprungsgame angepasst (von 270 auf 300), sondern auch noch die Prestige-Varianten des Dämmerungsstrikes und des Raids auf 330 erhöht. Das heißt effektiv, dass nun nur noch Besitzer von „Fluch des Osiris“ an den Prestige-Varianten teilnehmen können. Und somit beschneidet Bungie Nutzer, die nur das Hauptspiel „Destiny 2“ besitzen. Das ist kurzum eine Schweinerei und eine künstliche Streckung des neuen, äußerst mageren Add-Ons.

Für einen Preis von €19,99 (im Seasonpass für €34,99) bietet „Fluch des Osiris“ leider eindeutig zu wenig und beschneidet auch noch das großartige Hauptspiel. So kommt einem fantastischen „Destiny 2“ nun ein leider unterdurchschnittliches „Fluch des Osiris“ hinzu, welches mit dem im Sommer kommenden zweiten Add-On hoffentlich wieder reingewaschen wird.

„Destiny 2: Fluch des Osiris“ ist weltweit seit dem 5. Dezember für PC, XBox One und PS4 erhältlich.

Destiny 2: Fluch des Osiris • Bungie • Action-RPG/MMO • PC, Xbox One, Playstation 4

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