18. Mai 2018

Zwischen Mini- und Maximalismus

Science-Fiction-Filme auf dem diesjährigen Cannes-Filmfestival

Lesezeit: 3 min.

Schon oft haben wir uns an dieser Stelle über den Mangel an Genrefilmen auf den großen Filmfestivals beklagt. Vor allem die Science-Fiction findet in Venedig, Berlin oder Cannes kaum statt, was natürlich nicht zuletzt den hohen Kosten des Genres geschuldet ist. Aufwändige Science-Fiction kostet zig Millionen Dollar (oder Euro) und verlangt dadurch aus kommerziellen Gründen meist nach wenig substanziellen, ambitionierten Geschichten. Dass das einmal anders war, aber auch, was mit wenig Geld machbar ist, ließ sich dieses Jahr emblematisch an der Croisette beobachten.


Solo: A Star Wars Story © 2018 Lucasfilm Ltd. All rights reserved.

Wie jedes Jahr nutzte Hollywood auch 2018 das eigentlich der Filmkunst, dem Arthouse-Kino verbundene Festival als internationale Startrampe für einen Blockbuster: „Solo“ heißt der neueste Film im Star Wars-Universum, der inzwischen vierte, der seit Dezember 2015 ins Kino kam. Ein Produkt von der Stange ist die Vorgeschichte von Han Solo dann auch, nächste Woche zum deutschen Kinostart mehr dazu, hier sei nur gesagt, dass Ron Howards „Solo“ geradezu beispielhaft für die oft grassierende Ideenlosigkeit Hollywoods erscheint, für einen Film, der am Reißbrett entworfen ist und mit solcher Wucht auf den Markt geschmissen wird, dass er finanziell erfolgreich ist, völlig unabhängig von seiner Qualität.


In My Room © Pandora Film

Am anderen Ende des Spektrums steht dagegen Ulrich Koehlers „In My Room“, der in der Nebenreihe Un Certain Regard gezeigt wurde. Klassisch dystopiosches Kino ist das, zumindest im Ansatz. Ein Mann, ein Freiberufler aus Berlin, Mitte 30, der noch immer seinen Platz im Leben sucht, wacht eines morgens in einer völlig menschenleeren Welt auf. Ziellos fährt er eine Zeit durch die Gegend, Straßen und Plätze werden zunehmend von der Natur zurückerobert, Tiere grasen wild, sie haben die Katastrophe, das Ereignis oder was immer die Ursache war, überlebt.

Würden sich die Figuren in einem Mainstream-Film nun auf die Suche nach Antworten machen, die vermutlich in einem Virus oder einer Nuklearkatastrophe oder ähnlichem zu finden wären, zieht es die Figur in diesem darin typisch deutschen Film nach Innen. In einem abgelegen Haus richtet es sich der Mann ein, der gut mich sich selbst auskommt und auch die zeitweilige Gesellschaft einer Frau eher gleichgültig hinnimmt. Der dystopische Ansatz, der Rahmen einer Genreerzählung wird hier also für eine eher klassische, psychologische Studie genutzt.


2001: Odyssee im Weltraum © Warner Bros.

Und schließlich einer der Höhepunkte des Festivals: Die Premiere einer restaurierten 70mm-Kopie von Stanley Kubricks epochalem „2001: Odyssee im Weltraum.“ Zum 50. Jubiläum des Klassikers präsentierten Christopher Nolan, Kubricks Witwe Christiane und sein Schwager und langjährige Produzent Jan Harlan die makellose Kopie, die ab Ende des Monats auch in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen sein wird.

Diesen 50 Jahre alten Film ein paar Tage vor dem ultramodernen „Solo“ zu sehen zeigt zwar einerseits auf, wie weit die Tricktechnik sich entwickelt hat, wie sehr die Modelle in Kubricks Film eben wie Spielzeugmodelle aussehen, während die CGI-Bilder in Howards Film geradezu absurd detailliert wirken. Vor allem aber zeigt sich andererseits, dass das herzlich egal ist, wenn der Film hinter bzw. vor den Effekten von solcher Ambition und Intelligenz zeugt. Auch 50 Jahre später ist die Reise in die Tiefen des Alls, vor allem aber in die Tiefen des Unterbewusstseins, die Bilder, mit denen Kubrick Raum und Zeit auflöst, von atemberaubender Qualität. Auch um solche Meisterwerke auf riesigen Leinwenden sehen zu können fährt man dann auch als Freund von Genre-Filmen gerne nach Cannes.

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