Ausgetrickst und bestohlen

Das zu großen Teilen grandiose „Marvel’s Spider-Man“ ist noch keine sechs Wochen alt und wird schon mit dem ersten DLC in Form von „Der Raubüberfall“ bedacht – als Teil des Seasonpasses, der die dreiteilige Story „Die Stadt, die niemals schläft“ erzählen soll. Da darf man sich schon wundern und mindestens genauso verwunderlich wird vermutlich der Blick sein, wenn das Ding schon nach gut drei Stunden durchgespielt ist. Da will Sony wohl alle neun Leben der Black Cat ausspielen.

Die im Hauptspiel nur peripher über Telefongespräche, Graffiti und kleine Katzenfiguren auftauchende Figur der Black Cat wird hier im ersten DLC in das wörtliche Scheinwerferlicht gedrängt und Spidey soll ihr aus einem Scharmützel mit rivalisierenden Maggia-Familien helfen, die das von Wilson Fisk hinterlassene Machtvakuum füllen möchten. Dabei schlägt die kurze Story ein paar amüsante und schöne Haken, endet aber so abrupt und plötzlich, wie sie begann. Und hinterlässt bislang eigentlich keine Spuren, wenn man sie genauer unter die Lupe nimmt.

So auch das Gameplay, das zwar ein paar unbekannte, aber nicht drastisch neuartige Gegnertypen mit sich bringt. Letztlich entstehen dadurch ungewohnte Situationen im Kampfgetümmel, die auch geübte Gamer vor neue Herausforderungen stellen, aber nicht wirklich ins Schwitzen bringen werden. Der DLC setzt nach dem Ende der Hauptstory ein und lässt den Spieler den Fortschritt übernehmen, was vieles nochmals erleichtert. Die Karte der Stadt wird mit dem Hauptspiel geteilt, setzt aber neue Sidequests und Aktivitäten hinein, wie das Entschärfen von Autobomben mit einem Spiderbot, Screwball-Challenges oder dem Sammeln von gestohlenen Gemälden, die von der ersten Black Cat hinterlassen wurden, Walter Hardy, Felicias Vater.

Wer nicht genug von „Marvel’s Spider-Man“ kriegen kann, wird weiterhin absoluten Spielspaß haben, aber genau hier liegen auch einige der Probleme, die der DLC aufweist. Trotz drei neuer Anzüge, bietet der DLC keinen Mehrwert. Weder für sich selbst betrachtet, noch für das Hauptspiel. Die Sammel- und Sidequest-Aktivitäten bringen nichts Nachhaltiges mit sich, selbst nach 100%igem Abschluss. Die drei neuen Anzüge sind zwar mehr oder weniger schick anzusehen, kommen aber nicht einmal mit einzigartigen Skills daher – wie eigentlich jeder einzelne Anzug des Hauptspiels bisher. Nicht einmal einen abschließenden Boss-Fight bietet der DLC. Bösewicht Hammerhead, der immer wieder erwähnt wird, lässt sich erst ganz zum Schluss für wenige Sekunden blicken. Und für €7,99, bzw. €19,99 im Seasonpass, ist das einfach zu wenig.

„Der Raubüberfall“ fühlt sich so an, wie ein DLC nicht sein sollte: Kurz vor dem Erscheinen des Hauptspiels herausgeschnitten und danach zu mehr Geld verwertet – auch wenn er großen Spaß machen kann. Wären auch noch drei nebensächliche Telefongespräche mit Miles Morales nicht dabei, die sich auf das Ende vom Hauptspiel beziehen, hätte der DLC einwandfrei mitten in der Geschichte spielen können. Und hätte dann vielleicht auch noch die großteils öden und eintönigen Sidequests in „Marvel’s Spider-Man“ ersetzen können. Der Silberstreif am Horizont ist, dass das reine Gameplay beim DLC noch etwas verfeinert wurde und immer noch einen Heidenspaß bereitet.

Und wenn wir schon beim „Silberstreif“ sind: Der dreiteilige DLC „Die Stadt, die niemals schläft“ soll noch im November mit „Revierkämpfe“ und mit „Silberstreif“ im Dezember ergänzt und beendet werden. Wenn man dann auch gleich bedenkt, dass die Autoren hinter „Marvel’s Spider-Man“ bereits zu Protokoll gaben, ursprünglich deutlich mehr für die Söldner-Figur Silver Sable geschrieben zu haben, aber aus Platzgründen herausstreichen mussten, klingelt bei „Silberstreif“ nicht nur der Spinnensinn, sondern wahrscheinlich auch der erleichterte Geldbeutel.

„Der Raubüberfall“ ist seit gestern, den 23. Oktober 2018, exklusiv für Sonys Playstation 4 einzeln oder als Teil des Seasonpasses erhältlich.

Marvel’s Spider-Man: Der Raubüberfall (DLC/Erweiterung) • Insomniac Games • Third-Person Adventure