Gelenkte Telekratie

Ideologisch von verschiedenen Seiten instrumentalisierte Begriffe wie Staatsfernsehen zeigen überdeutlich, wie häufig Medien gerade in unserer Zeit unterstellt wird, zu bestimmten Zwecken missbraucht zu werden, um eine vermeintlich leicht beeinflussbare Bevölkerung zu manipulieren. Die Entwickler von NotGames machen diese Thematik zum Kernpunkt ihrer exzentrischen PC-Simulation Not For Broadcast (seit Ende Januar auf Steam im Early Access für ca. 12 Euro erhältlich), in der sie spielerisch aufzeigen, wie sich Medieninhalte nahtlos verzerren und so Botschaften umformatieren lassen. Das erfolgt allerdings nicht in Gestalt eines theoretisch trockenen oder gar politisch anklagenden Diskurses, sondern wird verpackt in ein Gameplay voller schwarzem Humor und Seitenhieben auf verschiedene TV-Gattungen. Der Zeitbezug wird in eine alternative Version der 1980er verlagert, um Not For Broadcast direkt an der Hochzeit des Fernsehens anzudocken.

Eigentlich nur als Putzkraft bei einer Sendeanstalt tätig, erhalten wir gleich zu Beginn einen Anruf des Sendeleiters, der es leider nicht zur nächsten Ausstrahlung schafft. Kurzerhand sollen wir ihn nun vertreten und nach einer überhasteten Einführung in die Bedienung der Monitore, Kameras und Videogeräte sofort in Aktion treten. Aus der Egoperspektive besteht unsere Aufgabe darin, mit genauem Timing Werbepausen oder Clips der vielgesehenen National Nightly News einzuspielen und beispielsweise Kameras mit den Livemoderationen aus dem Studio zu synchronisieren sowie Schimpfworte zu blockieren. Gelingt uns dies wie geplant, steigen die Zuschauerzahlen und unser Job scheint gesichert. Sinkt allerdings aufgrund von Fehlern oder Ungereimtheiten der Zuschauerbalken in den roten Bereich, droht Ungemach vonseiten unseres Chefs.

Sowohl Format wie Inszenierung der National Nightly News sind eindeutig als Persiflage reißerischer Newssendungen wie Fox News zu erkennen und auch die Inhalte könnten meist populistischer kaum sein. Die News versuchen stets Skandale der Regierung aufzudecken und gieren nach Neuigkeiten über radikale Bewegungen und vermeintliche Promis. Der Reiz dieser Spielerei besteht neben der zunehmend herausfordernden Handhabung unserer Apparaturen vor allem darin, dass wir immer mehr Einfluss auf die Inhalte nehmen und so etwa auch konkret Zensieren oder Berichte mithilfe gezielter Manipulation (etwa der Headlines) anders darstellen können. Da Not For Broadcast trotz seiner aus heutiger Mediensicht etwas angestaubten Fokussierung auf die Flimmerkiste keinen Hehl daraus macht, eine Gesellschaft zu skizzieren, die auf ein dystopisches Zeitalter der Massenmanipulation zusteuert, kann einem beim Spielen schon mal das Lachen im Halse stecken bleiben.

Die Performance macht Stand heute einen soliden Eindruck. Aufgrund des minimalistischen Sendeanstalt-Szenarios sollte man jedoch die technischen Erwartungen natürlich nicht besonders hoch ansetzen. Allerdings sorgen gerade die vielen Liveaction-Szenen inklusive witziger Dialoge und teilweise richtig guter Darsteller für das nötige Flair, um uns die latente Verrücktheit der vorgestellten News permanent spüren zu lassen. Beherrscht man erstmal die ewige Knöpfchendrückerei und alle zumindest ordentlich erklärten Funktionen, möchte man trotz des schon bald leicht eintönigen Gameplays wissen, wie die sarkastisch-ironische Story weitergeht und worauf das Ganze schlussendlich hinausläuft.

Das können wir allerdings erst dann herausfinden, wenn die finale Version von Not For Broadcast erscheint. Aktuell ist der Titel nur als Early Access-Version verfügbar, was bedeutet, dass neben einer Erweiterung des Umfangs auch die bisherigen Features noch verändert und an das Feedback der Spieler angepasst werden könnten. Wann die fertige Version kommen soll und ob es auch Portierungen für Konsole geben wird, ist noch nicht bekannt. Da heißt es Abwarten und das bisher Verfügbare genießen.

Not For Broadcast • NotGames/tinyBuild • Simulation • PC

Abb. © NotGames/tinyBuild