Will Eisner – Graphic Novel Godfather

Für seine minutiös aufbereiteten Neuausgaben der frühen Comic-Klassiker „Krazy Kat“ und „Little Nemo“ wurde der deutsche Kunsthistoriker und Comic-Experte Alexander Braun bereits zwei Mal mit dem renommierten Eisner Award – dem amerikanischen Comic-Oscar – ausgezeichnet. In seiner neuesten Publikation widmet sich der 1966 in Dortmund geborene Braun nun dem Namensgeber des Preises: Will Eisner (1917–2005), der das grafische Erzählen als Pionier, Könner, Neuerer, Lehrer, Geschäftsmann und Vorbild gleich in mehreren Epochen und auf vielerlei Art beeinflusst und geprägt hat. Das große, dicke Sachbuch (25 x 32 cm, 384 Seiten) begleitet die gleichnamige Ausstellung „Will Eisner – Graphic Novel Godfather“, die inzwischen digital in der 360° umfassenden Virtual Reality besucht werden kann.

Braun beschäftigt sich mit Eisners Leben, Karriere und Impact, und das auf dem höchsten und bestmöglichen Niveau: gut recherchiert und voller Fakten, und doch stets fesselnd und faszinierend. Dazu kommen ein ansprechendes Layout und eine permanent-üppige Bebilderung mit großen Originalseiten, Fotos und Covern. Braun stellt die Lebensgeschichte von Will Eisner und seine Anfänge als Mitbesitzer eines Zeichenstudios während des ersten Comic-Booms in New York dar. Es geht um Eisners berühmten Helden Spirit als Zeitungs-Supplement voller Innovation, seine Lehrcomics für nicht nur die US-Armee und seine wenigen Fehlschläge. Und natürlich drehen sich mehrere Kapitel um Eisners revolutionäre, inhaltlich und erzählerisch entfesselnde bzw. entfesselte Comic-Romane, die ihr Wegbereiter als Graphic Novels taufte. Selbst Eisners Sicht auf das Judentum, die erste Comic-Con mit den Ehrengästen Ray Bradbury und Jack Kirby oder Mr. Eisners Versuche mit Robert Crumbs Underground-Comix werden behandelt. Unterwegs streift der Band auch die ungewöhnlich gedruckte „Spirit“-Episode von 1941, die in der fernen Zukunft des Jahres 2941 einsetzt, die wenig erfolgreichen Weltraumabenteuer des Spirits oder Eisners Science-Fiction-Comic „Life on Another Planet“. Den Abschluss bildet ein Interview zwischen Braun und Eisner-Freund/Verleger Denis Kitchen.

Alexander Braun ist mit „Will Eisner – Graphic Novel Godfather“ eine weitere Glanzleistung im Bereich der Comic-Forschung und Pop-Sekundärliteratur gelungen, und das über einen der wichtigsten „Helden“ und Gestalter der sequenziellen Kunst. Das prächtige Buch besticht als wahre Will Eisner-Bibel, völlig unabhängig davon, wie viel man schon über den Comic-Gott oder die Historie der von ihm mitdefinierten Bildergeschichten zu wissen glaubt. Außerdem wird echte Begeisterung entfacht. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden? Ich muss dringend mal wieder ein paar „Spirit“-Geschichten lesen …

Alexander Braun: Will Eisner – Graphic Novel Godfather • Avant-Verlag, Berlin 2021 • 384 Seiten • Hardcover: 39 Euro