23. Juli 2021 3 Likes

Masters of the Universe: Revelation

Das animierte He-Man-Revival und MOTU-Sequel von Kevin Smith auf Netflix

Lesezeit: 5 min.

In den 1980ern begeisterten die Zeichentrickabenteuer und Actionfiguren zu He-Man und den Masters of the Universe Millionen Kinder, und das Franchise war eine wahre Goldgrube – bis zu seiner brutalen Implosion. Nachdem schon He-Mans Schwester She-Ra kürzlich auf der Streaming-Plattform von Netflix zurückkehrte und mit Dreamworks, Diversity und Modernität neue Höhen erreichte, führt Film- und Comic-Macher Kevin „Silent Bob“ Smith („Dogma“, „Daredevil: In den Armen des Teufels“) nun das Netflix-Revival der Masters of the Universe an. Seit 23. Juli stehen die ersten fünf Episoden von „Masters of the Universe: Revelation“ online, wobei es sich um ein Sequel der Original-Trickserie handelt. Doch bevor wir uns näher mit dem neuen Stoff befassen, machen wir erst einmal eine kleine Zeitreise …

Anfang der 1980er beherrschte der amerikanische Spielzeughersteller Mattel die Branche mit Barbie und Hot Wheels. Nur im Bereich der Actionfiguren für Jungs hinkte man, trotz Big Jim, hinterher. Außerdem saß der Stachel, die „Star Wars“-Lizenz abgelehnt und der Konkurrenz überlassen zu haben, tief. Luke, Han, Vader und Co. sowie die ganzen Raumschiffe waren, wie alles aus dem Kosmos des Sternenkriegs, auch in den Kinderzimmern ein Hit. Weil Mattels Figurensets zu „Flash Gordon“ und „Battlestar Galactica“ gefloppt waren, dachten sich ein paar kreative Köpfe aus Entwicklung, Design und Marketing schließlich eine eigene Science-Fantasy-Reihe aus, die nicht zuletzt von Frank Frazettas barbarenstarken Conan-Bildern gespeist wurde. Das Endergebnis, bei dem Können, Kalkül und Zufall zusammenkamen: He-Man und die Masters of the Universe.


Freunde und Feinde, alt und neu. Teela (mitte), Orko (links), Evil Lyn (rechts) und andere


Am Anfang der neuen Serie hat He-Man noch gut lachen …

Als bei der Präsentation für die Chefeinkäufer der US-Spielzeugladenketten von diesen kritisch angemerkt wurde, dass es bei „Star Wars“ mehrere erfolgreiche Filme gab, aufgrund derer Kinder die Figuren kannten, sagte einer von Mattels Marketing-Leuten spontan, dass sie Mini-Comics zu den Masters of the Universe-Figuren produzieren und kostenlos beilegen würden – so bekamen He-Man und seine Welt ihre frühste, rudimentäre und später in vielen Fällen wieder verworfene Backstory. Allerdings fiel dem Einkäufer von Spielzeugladengigant Toys ’R’ Us bei einer weiteren Vorstellung der Masters auf, dass kleine Kinder noch nicht lesen könnten, die Comics ergo nicht bei der ganzen Zielgruppe etwas brächten. Wieder reagierte man bei Mattel mit einem Schuss aus der Hüfte und versprach kurzerhand aus dem Nichts Zeichentrickfilme.

Produzent Lou Scheimer, einer der Wegbereiteter des traditionellen Samstagmorgen-Cartoons, kreierte für das angedachte Budget dann gleich eine ganze Zeichentrickserie, die weltweit mehr als eine Generation junger TV-Zuschauer prägte, zurecht Kult wurde und die Masters-Actionfiguren auf sagenhafte Weise boomen ließ: Auf dem Zenit Mitte der 1980er machte Mattel dank des anschaubaren, mit Figuren, Panzern, Flugzeugen und Burgen nachspielbaren Konflikts zwischen He-Man und Skeletor auf dem Planeten Eternia sowie weiterem Merchandise stolze 400 Mio. Dollar in einem Jahr. Umso härter war im Folgejahr der Absturz, als das zu groß gewordene Franchise abstürzte und keine 10 Mio. Dollar mehr umsetzte, weil zu viele, zu lächerliche Nebenfiguren in den Ladenregalen standen und Einsteiger deshalb keinen He-Man mehr fanden. Eine Realverfilmung mit Dolph Lundgren sollte die Masters retten, geriet allerdings zum trashigen Fiasko und besiegelte vorerst das Schicksal der Spielzeuglinie.


Shazam!? Von wegen! Prinz Adam ruft: Bei der Macht von Grayskull …


… und verwandelt sich in He-Man, und Furchtkater Cringer in Battle Cat

1990 versuchte man es mit einem Revival und den neuen Zeichentrick-Abenteuern von He-Man, die nun im Weltraum spielten, was nur bedingt klappte. 2002 entstand ein inhaltlich und ästhetisch gelungener Animationsserien-Reboot des Originals, der es jedoch verpasste, an den durchschlagenden Erfolg von einst anzuknüpfen. Der Sammlermarkt für die alten Figuren oder deren kostspielige Neuinterpretationen richtet sich mittlerweile aus guten Gründen an die Fans der ersten Stunde, die als Erwachsene monetär heute entsprechend aufgestellt sind. Jetzt führt Ober-Geek Kevin Smith, selbst ein glühender Anhänger der Masters von Anfang der 1980er, für Netflix „Masters of the Universe: Revelation“ an.

Die erste Ladung der Serie umfasst fünf Episoden, die je knapp eine halbe Stunde dauern. Das Sequel der charmant-hölzern animierten Ursprungsserie kommt im Gewand einer modernen, japanisch angehauchten Animeserie daher. Alles beginnt mit einer letzten großen Schlacht zwischen He-Man samt Getreuen auf der einen sowie Skeletor samt Schergen auf der anderen Seite, und zwar vor und in den heiligen Hallen von Schloss Grayskull, Eternias Nexus der Macht. Schwert gegen Zauberstab, Panzer gegen Laserkanone, wie das bei den Masters eben seit jeher so abgeht. He-Mans soldatische Freundin Teela, die als einzige aus dem engsten Kreis von Eternias Champion nicht um die muskelbepackte Doppelidentität von Prinz Adam weiß, erfährt im Ringen mit Skeletor Adams He-Man-Geheimnis. Adam zahlt überdies einen hohen Preis für sein Heldentum als He-Man, um Eternia zu retten. Dadurch kommt jedoch eine Endzeit über Eternia, den ersten Planeten des Universums, dessen Magie versiegt, während z. B. ein Techno-Kult Menschen in Cyborgs verwandelt. Teela, die wegen der Lügen und Geheimnisse (und titelgebenden Offenbarungen) mit ihrem alten Leben im Schloss gebrochen hat, verdingt sich fortan als Söldnerin und Artefaktjägerin. Dann soll sie mit einigen alten Freunden – und Feinden – losziehen, um die beiden Teile von He-Mans Schwerts der Macht zu finden und die Magie Eternias mit einem weiteren zauberischen Urknall wiederherzustellen …


Teela ist die Hauptfigur der ersten fünf Folgen des Sequels


Im Original leiht Mark „Luke Skywalker“ Hamill Skeletor seine Stimme

Der Fokus des ersten Teils von „Masters of the Universe: Revelation“ liegt also auf Teela und ihrer Selbstfindung sowie ihrem Empowerment, und das ist perspektivisch erfreulich zeitgemäß und vom Ansatz her sehr ansprechend. Auch das endzeitliche, die Dinge weiter spinnende und über die Grenzen von Kinderfernsehen hinaus zu Ende führende Setting dieses MOTU-Sequels funktioniert, und als Fan früherer Tage feiert man sowieso jedes Wiedersehen, jede Referenz, und ja, selbst jede mutige Neuerung, Veränderung und Fortsetzung. Trotzdem … und vielleicht liegt hier ein Fan-Paradox vor … trotzdem, ein bisschen mehr heimelige, nostalgische Masters-Magie hätte dem Sequel-Mix nicht geschadet, obwohl der naive Charme von anno dazumal heute vermutlich eh nicht mehr ziehen würde. Denn wenn es dann mal naiv wird und etwa auf Dinos geritten, rollt man schnell mit den Augen.

Hinzu kommt, dass der Mittelteil dieser ersten „Revelation“-Erzähleinheit als relativ schnöde Fantasy-Quest daherkommt, deren Umsetzung obendrein oft ein wenig platt und formelhaft wirkt (an den Synchronsprechern liegt es nicht, im Original sind das übrigens z. B. Chris Wood als Adam, Mark Hamilton als Skeletor und Sarah Michelle Gellar als Teela). Erfreulich ist die Rückkehr des Masters-Franchise allemal, und Smith und Co. spielen schon geschickt mit dem Mythos und bringen ihn definitiv weiter. Aber es ist einerseits nicht der He-Man-Blast-from-the-Past, den man sich ein Stück weit erhofft hat, andererseits aber zugleich nicht die kühne, frische Neuerfindung wie „She-Ra und die Rebellen-Prinzessinnen“, und zwischendurch zu viel Standard-Fantasy.

Wer mit den Masters aufgewachsen ist, wird das trotzdem gerne schauen – zumal kein Fan, der je die Macht und die Kraft spürte, den Cliffhanger am Ende von Folge fünf verpassen will und nach dem lechzt, was die zweite Hälfte des Revivals und der Revelations bringen wird.

Abb.: Courtesy of Netflix © 2021

Masters of the Universe: Revelation (Part 1) • USA 2021 • Netflix • 5 Episoden mit je ca. 25 Min.

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.