16. Mai 2022 1

„Firestarter“ - Musste das sein?

Eine Neuverfilmung des King-Romans, auf die eigentlich niemand gewartet hat

Lesezeit: 3 min.

Seit über 50 Jahren werden Romane und Kurzgeschichten von Stephen King (im Shop) verfilmt, über 300 Filme sind im Lauf der Zeit entstanden, etliche Werke des „King of Horror“ waren sogar schon mehrfach Vorlage von Verfilmungen. Die B-Film-Schmiede Blumhouse Pictures legt nun ein Remake einer der ersten King-Verfilmungen vor, bei der sich vor allem die Frage stellt: Warum?

Firestarter“ bedient sich typischer King-Muster, konfrontiert eine ganz alltägliche anmutende Welt mit übernatürlichen Phänomenen, stellt eine Außenseiterfigur in den Mittelpunkt, die im Kindesalter ihre speziellen Fähigkeiten kennenlernt und mit ihnen kämpft.

Charlie heißt dieses junge Mädchen, wurde einst von Drew Barrymore gespielt, die damals erst acht Jahre alt war. Ihre Nachfolgerin ist Ryan Kiera Armstrong, die etwas älter ist, reifer wirkt, aber eine ähnliche Verletzlichkeit ausstrahlt. Schon im zweiten Teil der King-Neuverfilmung „Es“ hatte sie mitgespielt, auch in „American Horror Story“ war sie zu sehen, nun also ihre erste Hauptrolle.

Eine klassische Außenseiterfigur also, wie sie in Comic-Verfilmungen und Superhelden-Filmen längst Standard geworden ist, und von Filmen wie der „X-Men“-Reihe bis zu Serien wie „The Gifted“ als Metapher für jegliches Außenseitertum verwendet wurde.

Im Gegensatz zu diesen modernen Erzählungen, in denen die Außenseiter, die Mutanten, die sogenannten Freaks ihre Fähigkeiten bald in den Dienst einer guten Sache stellen und vereint gegen das Böse, den Untergang der Welt und sonstige Superschurken kämpfen, blieben Kings Erzählungen meist angenehm reduziert: Der gesellschaftliche Druck, den die Figuren mit besonderen Fähigkeiten erlebten, führte meist entweder zu ihrem Tod oder einer Flucht vor der Welt.

Auf so einer Flucht befindet sich Charlie schon ihr ganzes Leben lang, sie ist entwurzelt, findet kein zu Hause, Freunde erst recht nicht. Notwendig wurde diese Flucht, weil Charlie schon als Baby, sobald sie wütend wurde, Dinge entflammte, was für ihre Eltern Andy (Zac Efron) und Vicky (Sydney Lemmon) ein untrügliches Zeichen war, dass Charlie eine Art pyrokinetisches Superbaby war. Und als solches war sie genau das, was eine nicht weiter definierte Organisation, die doch unweigerlich als Variante der CIA zu erkennen ist, im Sinn hatte, als sie ihre Experimente durchführten. Unwissende College-Studenten wie Andy und Vicky bekamen eine experimentelle psychedelische Substanz injiziert und entwickelt bald seltsame, pyrokinetische Fähigkeiten. Ihr gemeinsames Kind nun vor den Experimenten der Organisation zu schützen ist das einzige Ziel von Andy und Vicky, doch genau dieser Versuch führt Charlie in die Isolation und damit zur Katastrophe, denn sie fackelt nach einem Streit mit einem Mitschüler fast ihre Schule ab.

Dieser Ausbruch pyrokinetischer Energie bringt die Organisation auf Charlies Spur, die den Native American Rainbird (Michael Greyeyes) auf sie ansetzt, der einer der ersten Menschen war, an denen experimentiert wurde. Dass King in seinem Roman hier auf die berühmt-berüchtigen Experimente mit LSD anspielt, die das CIA in den 60ern an unwissenden Probanden durchführte, man auch an die ebenso berüchtigte Tuskegee-Syphilis-Studie denken mag, bei der an schwarzen Probanden medizinische „Forschung“ betrieben wurde, schwingt in Keith Thomas Neuverfilmung kaum noch mit.

Er beschränkt sich darauf, die Geschichte schnörkellos runter zu erzählen, was zu einer angenehm kurzen Laufzeit von kaum 90 Minuten führt, aber erst recht die Sinnhaftigkeit des ganzen Unterfangen aufwirft. Abgesehen davon, dass diesmal divers gecastet wurde, eine Schwarze die Chefin der Organisation ist und ein tatsächlicher Native-American den Native-American spielt, ähnelt das Remake dem Original zum Verwechseln. Reduzierter Horror kann funktionieren, wie die King-Verfilmung „Carrie“ bewies. Brian de Palmas Original wohlgemerkt, denn ihm gelang es eine einfache Geschichte mit barockem visuellen Stil zu einem Erlebnis zu machen. Von solchen Qualitäten ist das „Firestarter“-Remake weit entfernt, dessen einzige wirklich originelle Komponente die Musik ist: Die stammt tatsächlich von John Carpenter, der einst als Regisseur des „Firestarter“-Originals vorgesehen war…

Firestarter • USA 2022 • Regie: Keith Thomas • Darsteller: Ryan Kiera Armstrong, Zac Efron, Sydney Lemmon, Michael Greyeyes • jetzt im Kino

Kommentare

Bild des Benutzers andreas10

Als das Mädchen die Krähe im Trailer in die Luft sprengt, war meine Sympathie futsch.

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