1. Juni 2014

Aufgerüstet, ambitioniert und parodiert

Science-Fiction-Comic-Neuheiten im Juni

Lesezeit: 5 min.

Im Juni erscheinen wieder eine ganze Reihe interessanter Comic-Alben, auf die wir an dieser Stelle schon einmal aufmerksam machen wollen. Darunter finden sich Superhelden aus der DDR, Endzeit-Stoffe und Zombies aus Deutschland und ein Mädchen aus Japan im Time-Loop. Viel Spaß bei unserer Vorschau!

 

Gung Ho 1: Schwarze Schafe

Cross Cult, Album, 80 S.

Schon die Gratis-Comic-Tag-Preview auf das erste Album ihrer neuen Serie machte Lust auf mehr: „Gung Ho“ von den deutschen, international absolut konkurrenzfähigen Künstlern Benjamin von Eckartsberg und Thomas von Kummant hat Witz, Charme und einen sensationellen Look. Auf diesen Ausflug in eine nahe Zukunft, in der die Weiße Plage die Menschheit stark dezimiert hat und entlang der weiten Wildnis noch immer viele Gefahren auf die jugendlichen Protagonisten lauern, darf man sich freuen! Da geht es auch gar nicht um Innovation. Es bleibt lediglich die Sorge, dass der ambitionierte Veröffentlichungsplan über mehrere Jahre in die Binsen gehen könnte, nachdem auch „Die Chronik der Unsterblichen“ am Ende eher klanglos im Sande verlaufen ist. Hoffen wir das Beste! Der Auftaktband geht, davon völlig unbeeindruckt, als unangefochtenes SF-Comic-Highlight des Monats an den Start.

 

Marvel NOW! Paperback: Iron Man 1: Glauben

Panini, Paperback/Hardcover, 144 S.

Nach einem langen, zurecht mit dem Eisner Award ausgezeichneten Run übergab Autor Matt Fraction den eisernen Avenger zum Start der Ära Marvel NOW! an seinen britischen Kollegen Kieron Gillen, der sich zuvor um Thor und die X-Men gekümmert hat. In fünf lediglich lose verknüpften Episoden, die es nun erstmals außerhalb der monatlichen Heftserie mit Iron Man und dem Hulk auf Deutsch in Sammelbandform zu lesen gibt, machen sich Gillen und Poster-Zeichner Greg Land mit dem Visionär und Playboy unter den Marvel-Helden vertraut und zeigen dabei verschiedene neue Rüstungs-Typen im Einsatz gegen alte und neue Feinde. Das hat trotz der allgegenwärtigen Aufrüstung noch Luft nach oben, ist aber eine nette, einsteigerfreundliche Vorbereitung für das erste richtige große Abenteuer des Blockbuster-Helden, den es gen Ende des Bandes ins Weltall zieht. Dranbleiben lohnt sich.

 

Pauls fantastische Abenteuer 2: Unverschämt viele Klone

Carlsen, Softcover, 56 S.

Emil Bravos Jugend-Science-Fiction-Comic-Serie hat sich gleich mit dem ersten Band viele Fans in allen Altersklassen gesichert. Im zweiten Band des All-Age-Imports aus Frankreich geht es für Paul in die Ferien nach England, und das ist ganz gut so, um mal Abstand von der eigenen nervigen Familie zu kriegen. Doch die Family auf der britischen Insel ist genauso verrückt oder gar noch verdrehter – kein Wunder, wenn die Kinder keine Geschwister, sondern Klone sind und die Nobelpreisträger-Mutter dann auch noch von einem verrückten Professor entführt wird. Was schreibt man da bloß auf die Postkarte gen Heimat?

 

Half Past Danger

dani books, Softcover, 212 S.

Dinosaurier beherrschen die Popkultur vielleicht nicht mehr so wie etwa zu Zeiten des „Jurassic Park“-Booms in den 90er Jahren – aber sie sind immer noch die eine oder andere launige Geschichte wert! Besonders, wenn im Zweiten Weltkrieg ein Trupp amerikanischer Soldaten auf einer Pazifik-Insel unversehens den Weg von T-Rex und Co. kreuzt und noch ein paar schöne Frauen, Spione und eine Nazi-Intrige in die extrem pulpige Handlung gemischt werden. Half Past Danger von Autor und Zeichner Stephen Mooney bietet auch in deutscher Übersetzung genau das, was der Klappentext verspricht: Damen, Draufgänger und Dinosaurier. Da weiß man wenigstens zu jeder Zeit, woran man ist, und kann es einfach als trashigen Action-Reißer genießen. Völlig gefahrlos, ironischerweise.

 

Die Stadt, in der es mich nicht gibt 1

Tokyopop, Klappenbroschur, 200 S.

Sobald in seiner näheren Umgebung ein Unglück oder Unfall passiert, ist Satoru Fujinuma dazu gezwungen, den Moment immer und immer wieder zu durchleben, bis er den Ausgang der Situation verändert hat. Diese von seiner Seite aus nicht zu steuernden Zeitschleifen, in denen er zum Helden wider Willen werden muss, haben oft üble Folgen für den unzufriedenen Pizzaboten, der viel lieber ein professioneller Mangaka wäre. Richtig übel wird es jedoch erst, als Satoru in seine eigene Kindheit zurückversetzt wird, um eine Mordserie an Grundschülern aufzuhalten. Kei Sanbes Science-Fiction-Manga der etwas anderen Art ist zwischendurch ein bisschen wirr und seltsam – die manga-erprobte Zielgruppe darf sich trotzdem auf eine spannende, da unkonventionelle Zeitreise-Story in zwei schön aufgemachten Bänden bei Tokyopop freuen.

 

Planet der Affen: Die Chroniken von Mak

Cross Cult, Hardcover, 448 S.

Jahrelang gab es keine Comics zum wiederauferstandenen „Planet der Affen“-Franchise auf Deutsch zu lesen. Jetzt haut Cross Cult zum Start des neuen Films gleich einen 450 Seiten starken Wälzer mit massig Panel-Bananen auf den Markt, der allerdings auf 1.444 Exemplare limitiert ist. Das fette Hardcover umfasst 20 US-Hefte der neuen Boom!-Serie von Carlos Magno und Daryl Gregory und spielt zwischen den SF-Filmklassikern aus einer anderen Hollywood-Ära und der Prequel-Blockbuster-Saga der Gegenwart – also genau in der Phase des Umbruchs, als die Affen zwar schon den Planeten beherrschen, die Menschen allerdings noch mehr als Vieh und Jagdbeute sind…

 

Die Toten

Panini, Hardcover, 144 S.

Die Zombies zum Abschluss der Monatspreview werden zur Tradition … Die deutsche Zombie-Serie „Die Toten“, die sich im Kielwasser von „The Walking Dead“ Faulfleisch-Action aus Deutschland und in Deutschland verschrieben hat, wechselt die Liga und ferner den Verlag, genauer gesagt von Zwerchfell zu Panini. Dort bringt man vor neuen Geschichten, die fortan zwei Mal pro Jahr in größerer Dosis und Auflage erscheinen, einen Sammelband des bisherigen Kleinverlag-Materials, das es durchaus verdient hat, der breiten Masse noch einmal mit Nachdruck feilgeboten zu werden. Das Softcover mit den ehemaligen Zwerchfell-Publikationen „Die Toten 1–3“ kommt im Juli, doch zum Comic-Salon in Erlangen (19.–22. Juni) erscheint beim Stuttgarter Verlag bereits ein auf 222 Exemplare limitiertes Hardcover mit den Nachdrucken der fünf ersten abgeschlossenen Storys von Yann Krehl, Christopher Tauber, Michael Vogt, Ingo Römling und anderen, in denen die Untoten z. B. über Frankfurt, Hamburg, Baden-Baden und Köln herfallen.

 

Das UPgrade 3

Eigenverlag, Softcover, 52 S.

Sascha Wüstefeld und Ulf S. Graupner setzen ihre (n)ostalgische, quietschbunte Comic-Saga um Ronny „Der Translokat“ Knäusel fort, den ersten und einzigen Superhelden der DDR. Grafisch überzeugt die Geschichte des teleportierenden Jungpioniers bzw. abgewrackten Helden-Sozialfalls nach der Wende schon seit dem ersten Band der deutschen Eigenproduktion, deren erste beiden Bände noch unter dem Zitty-Verlagslabel erschienen sind, und wer könnte solche Ideen verschmähen wie einen Surfrocker in Malibu, der wie SF-Ikone Isaac Asimov aussieht? Inhaltlich ist das nach zwei Teilen alles aber noch etwas zu wirr und sprunghaft. Man darf gespannt sein, ob das sympathischen Künstler-Duo im dritten Kapitel endlich den roten Faden in den Griff kriegt und den Figuren jenseits der tollen Optik nun auch erzählerischen Halt geben.

 

The Walking Depp

Panini, Hardcover, 72 S.

Nach Spass Trek, der Star-Trek-Comic-Parodie von Matthias Kringe, steht diesen Monat auch schon die nächste Genre-Parodie an: The Walking Depp, wo das eben bereits erwähnte „The Walking Dead“ von Robert Kirkman durch den Kakao gezogen wird. Autor und Zeichner des satirischen Angriffs auf den Comic-Bestseller und seine TV-Serien-Adaption ist der spanische Cartoonist José Miguel Fonollosa, von dem letztes Jahr der erste Band seines weltweit erfolgreichen Katzen-Webcomic-Hits „Miau!“ auf Deutsch erschienen ist. Schon da zeigte Fonollosa, dass er einen guten Humor hat. Sollte demnach ebenfalls mit Zombies funktionieren, die im Grunde nicht viel schlimmer sind als Katzen…

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