2. Oktober 2014

Nach der Sintflut und den Menschen

Science-Fiction-Comic-Neuheiten im Oktober

Lesezeit: 6 min.

Neue Zombies von Altmeister George A. Romero? Die Urfassung von Star Wars in Panelform und Darth Vader als Gutenachtgeschichtenerzähler? Ein Klassischer DC-Held aus dem TV so gut und treffsicher wie lange nicht mehr? Eine Welt nach der Sintflut und ein Marvel-Universum voller Mutanten, aber ohne Menschen? Das und noch einiges mehr halten unsere Comic-Tipps im Oktober für den Science-Fiction-Fan bereit.

 

Star Wars: Die Urfassung

Panini, Hardcover, 216 S.

Vor „Star Wars“ war … „The Star Wars“! Die Urfassung von George Lucas’ monumentaler galaktischer Abenteuer-Geschichte, die in dieser Form dann eben nicht der bewährte Krieg der Sterne wurde, wie wir ihn heute alle kennen, wurde von Jonathan Rinzler und Zeichner Mike Mayhew („Avengers“, „Green Arrow“) viele Jahre nach Überarbeitung der Idee in Comicform aufbereitet und erscheint als dicker Hardcover-Band im Oktober um ersten Mal auf Deutsch. Die Comicfassung der rohen, urtümlichen ersten Version von Lucas’ Story ist jetzt kein brillanter Hochgenuss – aber die Beschäftigung mit den Unterschieden und Gemeinsamkeiten zu „Star Wars“ macht durchaus Spaß, diese eigenartige Mischung aus Vertrautem und Fremdem. Als Star-Wars-Fan gibt es da letzten Endes kein Vorbeikommen, ob man Comics nun mag oder nicht. Aber auch alle anderen, die eine solide Comic-Space-Opera zu schätzen wissen, sollten mal einen Blick in diesen abgeschlossene Prototypen des für die Science-Fiction und die Populärkultur so bedeutungsvollen Welt-Hits riskieren.

 

Sintflut

Splitter, Hardcover, 96 S.

In „Sintflut“ von Autor Nicolas Pona und Zeichner Jesus Hervás Millán hat es vor Jahrhunderten angefangen zu regnen – und nie wieder aufgehört. Nicht mal eine kleine Pause gönnte der Regen den Menschen. Es ging immer so weiter, Tropfen für Tropfen, Liter für Liter. Die Rache einer durch den Klimawandel zerstörten Welt oder der Zorn einer höheren, womöglich göttlichen Macht? Egal. Die Konsequenzen für die Menschheit waren so oder so dramatisch und gigantisch: Die einen flohen vor der Sintflut hinauf in Richtung der Sterne, die anderen hinab in die Tiefen des Ozeans. Und auch das ist jetzt schon Ewigkeiten her. Spannendes Setting also für eine Science-Fiction-Comicgeschichte, deren im französischsprachigen Original getrennt erschienenen Kapitel Splitter in einem schicken deutschsprachigen Hardcover-Sammelband mit fantastischem Cover zusammenfasst.

 

Marvel Graphic Novel: X-Men – Der letzte Mensch

Panini, Hardcover, 132 S.

Derzeit produziert Marvel wieder regelmäßig Graphic Novels – dicke abgeschlossene Comic-Geschichten, die nicht erst in dünner Heftchenform erschienen. Zuletzt erschienen bereits eine neue Avengers-Graphic-Novel von Warren Ellis und Mike McKone sowie eine neue Spider-Man-Graphic-Novel von Mark Waid, James Robinson, Gabriele Dell’Otto und Werther Dell’Edera. Das Konzept ist relativ simpel: Abgeschlossene, für sich stehende, vom aktuellen Geschehen unbeeindruckte, in schick aufgemachte Hardcover gepackte Geschichten mit den beliebtesten Helden aus dem Haus der Ideen – und zwar von der Art, dass auch Filmzuschauer und Gelegenheits-Marvel-Leser sie ohne Hintergrundwissen lesen können. Mit X-Men: Der letzte Mensch liegt nun der neueste dieser Comic-Romane von Marvel auf Deutsch vor – die erste X-Men-Graphic-Novel in zehn Jahren! In der erwachen die Mutanten in einer Welt ohne Menschen. Ein wahr gewordener Traum oder Albtraum für die Mutanten? Das zeigt sich schnell in der Geschichte von Autor Mike Carey und Zeichner Salvador Larroca.

 

Aphrodite IX Bd. 1: Das Aphrodite-Protokoll

Panini, Paperback, 128 S.

Seit 1996 erscheinen im TopCow-Universum Science-Fiction-Comics mit Aphrodite IX, die einst von David Finch und David Wohl geschaffen worden ist. Jetzt gibt es einen taufrischen Band, dem das Kunststück gelingt, die ganze TopCow-Historie außen vor zu lassen und einen echten Neuanfang und Einstiegspunkt zu offerieren, für den man Null Vorwissen benötigt: Autor Matt Hawkins verfrachtet die actionreiche Geschichte voller Rumballerei, die Stjepan Sejic visualisiert hat, einfach in die ferne Zukunft. Alles dreht sich um den Aphrodite-Plan, der durch technisch-genetische Methoden das Überleben der Menschheit bzw. die Bevölkerung der Erde durch neue menschliche Wesen hätte sichern sollen. Doch natürlich lief das anders als geplant…

 

Biorg Trinity Bd. 1

Panini, Taschenbuch, 188 S.

Im ersten Band der neuen Manga-Serie von Autor Maijo Otaro und Zeichner Oh! great (kein Witz) bekommen die Hände der Menschen herzförmige Löcher. Diese Löcher sind das erste Symptom einer Krankheit, die als Bio-Bug bekannt ist und aufgrund derer Betroffene mit allen und jedem verschmelzen können. Im etwas hektischen Manga mit den typischen Zutaten japanischer Comics geht es um den High-School-Schüler Fujii, der eines Tages ebenfalls die unverkennbaren Zeichen der Krankheit an sich bemerkt. Wie ergeht es ihm wohl in einer solchen Welt und mit einem solchen Problem, wenn er sich das erste Mal Hals über Kopf verliebt?

 

Empire of the Dead Bd. 1

Panini, Paperback, 132 S.

Der legendäre Regisseur George A. Romero ist der Urvater des Zombie-Booms. Nun hat sich der Untoten-Altmeister mit dem bulgarischen Comic-Künstler Alex Maleev („Daredevil“, „Scarlet“) zusammengetan, um eine nagelneue Zombie-Geschichte zu erzählen. Dabei sollte wohl erwähnt werden, dass Romero die Serie angeblich von Anfang an als Comic geplant hat – nicht als Film, nicht als TV-Serie, sprich, das Ganze ist kein Abfallprodukt oder Notnagel. Der Auftaktband der im Original bei Marvel erschienenen neuen Serie „Empire of the Dead“ zeigt ein Manhattan im Ausnahmezustand – mit Zombies, die in die Schutzzonen eindringen, und Gladiatorenspielen mit den Untoten, die die Bevölkerung bei Laune halten sollten. Allerdings erfährt der Leser von Romeros neuestem Zombie-Streich schnell, dass es in seiner düsteren Welt noch größere Gefahren als die wandelnden Toten gibt, die den Menschen nach dem Leben trachten: Vampire…

 

Billy Bat Bd. 9

Carlsen, Taschenbuch, 192 S.

Den Manga „Billy Bat“ von Naoki Urasawa und Takashi Magasaki, dessen neuester Band im Oktober auf Deutsch bei Carlsen erscheint, kann man gar nicht oft genug loben. Im japanischen Original erscheint die Serie seit 2008 und ist ein echter Bestseller. Im Gegensatz zu vielen anderen Comic-Verkaufsschlagern aus Japan, stimmt hier jedoch auch die Qualität. Die spannende, süchtig-machende Geschichte dreht sich um den jungen amerikanischen Comic-Künstler Kevin Yamagata, der in den 1940er Jahren die beliebte Krimi-Serie „Billy Bat“ zeichnet. Als Kevin klar wird, dass er unterbewusst eine japanische Comicfigur abgekupfert hat, kehrt er nach Japan zurück, wo er im Krieg gedient hat, um die Erlaubnis zur Verwendung vom originalen Schöpfer einzuholen. Doch bald schon verstrickt er sich in einem Netz aus Mord und Vertuschung. Am Ende sieht sich Kevin einer Wahrheit gegenüber, die so viel größer und unglaublicher ist, als er vermutet hat – und die ganze Jahrtausende und die gesamte Welt umfasst…

 

Gute Nacht, Darth Vader

Panini, Hardcover, 64 S.

Mit „Star Wars“-Parodien kann man viel Spaß haben, wenn man nicht zu kritisch ist. Der neueste Comic, der den Krieg der Sterne durch den Kakao zieht, stammt von Cartoonist Jeffrey Brown. Er inszeniert Darth Vader in seinen Comics seit 2012 nicht nur als finsteren Vollstrecker des genauso finsteren Imperiums, sondern auch als Vater – in diesem Fall also auch als Gutenachtgeschichtenerzähler. Zum dritten Mal schon muss sich Lord Vader mit den Hürden und Tücken des Vaterseins auseinandersetzen – und mit den Zwillingen Luke und Leia, die auf keinen Fall ohne eine Star-Wars-Gutenachtgeschichte von ihrem Herrn Papa ins Bett gehen.

 

Green Arrow Megaband 2

Panini, Paperback, 332 S.

Paradox: Obwohl Green Arrow mit Arrow eine so geniale TV-Serie am Start hat, schaffte es DC mit dem großen Relaunch nicht, die Comic-Abenteuer des Grünen Pfeils auf ähnliches Niveau wie die Fernsehserie zu bringen. Der erste Megaband war dann leider auch ein ziemlicher Reinfall, trotz Autorenprominenz wie z. B. Dan Jurgens, der einst Superman umbrachte, oder Ann Nocenti, der ins Geschehen zurückgekehrten Grand Dame des amerikanischen Superheldencomics. Mit dem zweiten, über 300 Seiten starken deutschen Green-Arrow-Megaband wird zum Glück alles anders und besser! Alleskönner und diesmal einmal mehr „nur“ Autor Jeff Lemire („Animal Man“) und der interessante italienische Zeichner Andrea Sorrentino („Ich, der Vampir“) übernehmen mit dieser Comic-Schwarte nämlich die Serie um den Bogenschützen, und sie treffen prompt ins Schwarze, indem sie Oliver Queen erst mal alles nehmen und von allen Seiten jagen lassen – und die Gegenwart mit der Vergangenheit verbinden und es richtig spannend machen. Nach der Arbeit ihrer Vorgänger wirkt das Lob längst nicht so stark, wie es gemeint ist, aber: Lemires und Sorrentino inszenieren den besten Green Arrow seit langem!

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