13. Juli 2016 2 Likes

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Die sehr späte Fortsetzung „Independence Day 2: Wiederkehr“

Lesezeit: 4 min.

Zwanzig Jahre sind eine verdammt lange Zeit, in Hollywood aber eine Ewigkeit. Seit Roland Emmerich 1996 zum ersten ultra-patriotischen Unabhängigkeitstag einlud, hat sich das Filmgeschäft massiv verändert, wurden aus Fortsetzungen Franchises und so ziemlich jede westliche (und zunehmend auch chinesische) Großstadt zigmal (filmisch) zerstört. Jetzt also eine Fortsetzung eines 20 Jahre alten Films zu drehen ist ein etwas merkwürdiges Unterfangen, das dem mauen Einspielergebnis in Amerika zufolge auch nicht unbedingt heiß erwartet wurde. Schlecht ist Emmerichs jüngste Zerstörungsorgie nicht, nur merkwürdig lustlos, austauschbar und dadurch vor allem: egal.

Vermutlich ist ein gehöriges Maß an Nostalgie dabei, aber vor 20 Jahren war „Independence Day“ geradezu eine Revolution. Es fing mit dem brillanten Teaser an, der nichts weiter tat als gigantische Schatten über den Mond und die Erde gleiten zu lassen und mit den kurzen Zeilen: „On July 2nd… they arrive – On July 3rd… they attack – July 4th is… Independence Day“ gleichermaßen alles verriet und mit der ikonischen Explosion des Weißen Haus alles versprach. Damals wie heute steht im Herbst die amerikanische Präsidentschaftswahl bevor, damals symbolisierte die filmische Zerstörung von Bill Cintons Amtssitz auch die Verdrossenheit mit einem von Skandalen geprägten Präsidenten, heute amtiert in Emmerichs Welt schon eine Frau, die allerdings so kriegslüstern agiert, wie man es sowohl Hillary als auch Donald Trump zutraut. Zum Verhandeln ist Madame President dann auch nicht aufgelegt, als über der interstellaren Verteidigungsstation auf dem Mond ein an den Todesstern erinnerndes Raumschiff auftaucht. Was man nicht kennt wird kurzerhand weggeballert, Fragen kann man später noch stellen, doch zunächst landet ein gigantisches Raumschiff auf der halben Welt, ein Fuß in London, das andere in Washington DC. Denn auch wenn immer wieder behauptet wird, dass die Welt nun vereint ist und man gemeinsam entscheidet: Am Ende ist es doch die amerikanische Elite, die im Namen der Menschheit kämpft und natürlich gewinnt.


Hauptrolle: Unvorstellbare Zerstörungswut

Die gealterten Helden von Teil eins sind allesamt wieder am Ball, allein Will Smith verzichtete und ist durch Liam Hemsworth ersetzt, der ebenfalls ein heißblütiger, aber heroischer, Befehle missachtender Kampfpilot ist. Wie sehr sich die Zeiten verändert haben zeigt die Frau an seiner Seite: Die chinesische Actrice Angelababy (wirklich!) spielt Rain Lao, eine chinesische Kampfpilotin, die für den Plot zwar eigentlich überflüssig ist, aber der zunehmenden Bedeutung des chinesischen Markts wegen gut aussehen darf.

Noch bizarrer ist allein der Auftritt von Charlotte Gainsbourg als Wissenschafts-Psychologin, die zusammen mit Jeff Goldblum mysteriöse Alien-Zeichen interpretiert, um den wahren Absichten der Außerirdischen auf den Grund zu kommen. Diverse andere Nebenfiguren vervollständigen den Reigen, besonders befremdlich ein afrikanischer Warlord, der Aliens via Machete erledigt und quasi die Fortsetzung des ideologisch reichlich fragwürdigen Bilds aus Teil 1 ist, als der Hollywood-typische afrikanische Wilde mit Speeren gegen Raumschiffe kämpfte…


Hauptrolle: Liam Hemsworth als disziplinloser Kampfpilot

Aber natürlich geht man nicht wegen menschlicher Charaktere in einen Film wie diesen, sondern wegen der Schauwerte. Neben Michael Bay ist kaum ein anderer Regisseur der Gegenwart so gut darin, Gebäude, Stadtviertel, ja, ganze Metropolen zu vernichten wie Roland Emmerich, dabei vor allem nicht den Überblick zu verlieren, sich nicht in chaotischen Schnittgewittern zu verlieren, sondern ein geradezu andächtiges Gefühl zu erzeugen. Ähnlich wie im Original krankt auch diese Fortsetzung ein wenig daran, dass die eindrucksvollsten Actionszenen nicht am Ende stehen, sondern am Anfang. Nicht die Vertreibung der Aliens ist der visuelle Höhepunkt, sondern die Ankunft, die diesmal nicht aus so gezielter Zerstörung besteht, wie in Teil eins, sondern im schieren landen der gigantischen fliegenden Untertasse. Deren eigenes Gravitationsfeld zerstört weite Teile der Erde, ein Verlust an Menschen und Dingen, der nicht weiter thematisiert wird. Ohnehin ist die emotionale Halbwertzeit persönlicher Tragödien in diesem Film selbst für Hollywood-Verhältnisse ausgesprochen kurz: Kurz aufschreien wenn Vater, Mutter, Kind oder anderer Verwandter im Alienkampf draufgeht, Mund abwischen und Witze reißen.


Beiwerk: Angelababy

So angenehm es ist, dass Emmerich das von ihm angerichtete Spektakel nicht allzu ernst nimmt, immer wieder satirische Momente einbaut: Emotionale Fallhöhe entsteht so nicht. So bewusst absurd und satirisch wie in seinem brillant überdrehten „White House Down“ kann er hier nicht sein, dafür steht zu viel auf dem Spiel. Nach etlichen finanziellen Flops oder Enttäuschungen muss Emmerich mit „Independence Day - Resurgence“ wieder einen Hit landen, damit der Geldhahn offen bleibt. Auch wenn er im Korsett der Sequelmania diesmal nur maues abliefert, darf man ihm einen Erfolg wünschen, allzu viele Blockbuster-Regisseure, die zumindest versuchen originelle Stoffe zu produzieren gibt es ja nicht mehr. Und Emmerichs nächster Film „Moonfall“ hört sich wieder nach genau dem absurden Spaß an, für den er bekannt ist.

„Independence Day 2: Wiederkehr“ startet am 14. Juli in den Kinos.

Abb. © 2016 Twentieth Century Fox

Independence Day 2: Wiederkehr • USA 2016 • Regie: Roland Emmerich • Darsteller: Jeff Goldblum, Bill Pullman, Liam Hemsworth, William Fichtner

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