12. März 2022

„The Adam Project“ - Kein neuer „Free Guy“

Noch sind Ryan Reynolds und Shawn Levy kein unfehlbares Duo

Lesezeit: 3 min.

Eine der wenigen Überraschungen des letzten Kinojahrs war Shawn Levys High-Concept-Science-Fiction-Film „Free Guy“, in dem Ryan Reynolds Drang, alle zehn Sekunden einen Witz zu reißen, ausnahmsweise ein passendes Vehikel fand: Als die Computerspielfigur Guy fand er heraus, dass man die Ereignisse im Spiel beeinflussen kann, dass man die Hauptrolle spielen kann und nicht nur eine Nebenfigur bleiben muss. Demütig wirkte diese Figur zu Beginn, ein kleines Rad im Getriebe, das über sich hinauswächst.

Ganz anders also als die übliche Ryan Reynolds-Persona, die selbstbewusst bis weit über die Grenzen zur Arroganz ist und etwa in einem Film wie „Red Notice“ auch in scheinbar auswegloser Lage Witze reißt und unverwundbar erscheint. Eine der teuersten Netflix-Produktionen war jener Film und auch die neue Zusammenarbeit von Reynolds und Levy ist einer jener Filme, die der Streamer scheinbar im Wochentakt auf den Markt haut.

Das man versucht ist, einen Film wie „The Adam Project“ nicht allzu ernst zu nehmen, weil man ihn ja nicht sehen muss, weil es ja auf Netflix Dutzende andere Filme gibt, mit denen man 100 Minuten verbringen könnte, führt vielleicht genau zum Problem nicht nur dieses Films, sondern der ganzen nicht so wirklich schönen neuen Streamer-Welt: Es ist alles ein bisschen egal.

Um Zeitreisen geht es auf den ersten Blick in „The Adam Project“, aus der Zukunft reist Adam (Reynolds) ins Jahr 2022 zurück, wird verwundet und sucht bei seinem 12jährigen Ich (Walker Scobell) Zuflucht. Dieser junge Adam ist ebenso wenig von der Tatsache überrascht, das Zeitreisen möglich sind wie später Louis (Mark Ruffalo), der Vater der beiden Adams. Zugegebenermaßen sind Zeitreisen im heutigen Kino so sehr an der Tagesordnung, dass sie wie eine Selbstverständlichkeit wirken, aber wenn das Phantastische so beiläufig wegerzählt wird wie hier, kann ein Gefühl des Phantastischen erst gar nicht entstehen.

Zumal der ältere Adam eine typische, selbstbewusste, unverwundbare Reynolds-Figur ist, die durch die Zeit fliegt um zu verhindern, dass Maya (Catherine Keener), die ehemalige Kollegin von Louis, seine Frau Laura (Zoe Saldana) tötet. Doch diese actionlastige Handlung ist weniger interessant als das, was ein Spielberg bei diesem Konzept in den Vordergrund gestellt hätte: Die Beziehungen zwischen Vater und Sohn bzw. Söhnen, die beide, ihrem jeweiligen Alter entsprechend, mit dem Verlust des Vaters umzugehen versuchen, der bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist oder besser gesagt: ums Leben kommen wird.

Viel Potential würde dieser Ansatz eigentlich bieten, doch über weite Strecken beschränkt sich Levy darauf, den Plot atemlos voranzutreiben. Ein paar emotionale Momente brechen die Handlung auf, wirken aber so punktgenau eingefügt, als hätten die Netflix-Algorhytmen vorgegeben, wie lange man das Tempo reduzieren kann, bevor Zuschauer ungeduldig werden und nach der Fernbedienung greifen.

Schlecht ist das alles in keiner Weise, aber sehr beliebig. Gute Schauspieler, eine solide Regie und annehmbare Spezialeffekte werden geboten, alles Komponenten, die Hollywood problemlos, aber auch ohne größere Anstrengung aus dem Ärmel schütteln kann. Am Ende ist „The Adam Project“ ein typischer High-Concept-Netflix-Film über den es wenig mehr zu sagen gibt als: Kann man sehen, muss man aber auf keinen Fall.

The Adam Project • USA 2022 • Regie: Shawn Levy • Darsteller: Ryan Reynolds, Walker Scobell, Mark Ruffalo, Zoe Saldana, Catherine Keener • jetzt bei Netflix

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