1. April 2022

„Morbius“ – Dr. Jeykll und Mr. Vampire

Jared Leto spielt im Spider-Man-Spinoff als ginge es um den Oscar

Lesezeit: 3 min.

Also wenn Ich richtig gezählt habe, gibt es nun drei filmische Superheldenuniversen: Das DCU, in dem Batman und Co auftreten, das MCU, in dem die Avengers existierten, Thor, Iron Man und Konsorten, aber irgendwie auch Spider-Man, und schließlich das SSU, das Sony-Spider-Man-Universe, in dem auch ein bisschen Spider-Man auftritt, aber vor allem die Antagonisten wie schon zwei Mal „Venom“, demnächst „Kraven, the Hunter“ und nun „Morbius“. Und als wäre die Unterscheidung zwischen den diversen Universen für Menschen, die keinen Magister in DC und Marvel besitzen nicht schon kompliziert genug, funktioniert inzwischen auch die Unterscheidung der Universen via Schauspieler immer weniger. Ganz offensichtlich schließen weder Marvel noch DC bzw. Disney, Sony und Warner Exklusivverträge mit den Akteuren ab, die einen Auftritt im Universum der Konkurrenz verbieten. So kommt es dann, dass etwa Willem Dafoe sowohl in Sonys „Spider-Man“ auftrat, als auch im DC-Film „Aquaman“, das Michael Keaton in Warners Batman-Filmen agierte (und demnächst in Batman-Multiversen?), aber auch in Spider-Man, ebenso wie Jared Leto, der einst den Joker gab (drüben bei DC) nun aber in Sonys „Morbius“ die Titelrolle übernimmt.

Da bietet sich natürlich ein Universen übergreifendes, alle Maßstäbe sprengendes, Hollywood zur Implosion bringendes Mega-Crossover an, bei dem nur noch eine handvoll Nerds den Überblick behalten, aber bis es so weit ist, begnügen wir uns mit dem hübsch reduzierten B-Picture mit A-List Personal namens „Morbius.“

Ist normalerweise mindestens die Erde, wenn nicht das gesamte Universum, bedroht, ist es hier nur die Gesundheit eines einzelnen Mannes, dem genialen Wissenschaftler Michael Morbius. Der leidet an einem Gendefekt, den er ausgerechnet dadurch beheben will, dass er Fledermaus- mit Menschenblut vermischt. Was einerseits klappt, andererseits natürlich nicht, schließlich haben brillant-wahnsinnige Wissenschaftler in der Literatur- und Kinogeschichte nie einfach so eine unkomplizierte Lösung entdeckt (das wäre ja auch ein wenig langweilig).

Also wird aus dem brillanten Dr. Morbius der blutrünstige Vampir-Klon Morbius, der sich lange von Kunstblut ernährt, doch weiß, dass er bald härteren Stoff braucht, nämlich Menschenblut. Sein bester Freund Milo (Matt Smith) dagegen, der an der selben Krankheit litt, genießt nach der Heilung die neue Freiheit und meuchelt sich munter durch Manhattan.

All das erzählt der visuell sehr talentierte Daniél Espinosa („Snabba Cash“, „Safe House“) in starken Bildern, die ebenso viel besser sind als die rudimentäre Geschichte, wie die Performance von Oscar-Preisträger Jared Leto, der sich auch in diese Rolle stürzt als ginge es um höchste Filmpreisehren. Was eine willkommene Abwechslung zu, sagen wir, einem der typischen Bruce Willis-Direct-to-Video-Filme ist, bei denen der Hauptdarsteller kaum mehr als physisch anwesend zu sein scheint.

Leto dagegen nimmt die Rolle ernst, so absurd der Kontext oft auch ist, spielt mit Jeykll-und- Hyde-Motiven, während sich Espinosa einige schöne Visualisierungen für das Echogehör der Fledermäuse hat einfallen lassen. Da es aber am Ende um nicht viel geht, ist der finale Kampf zwischen Morbius und Milo etwas fußlahm, und schon sind wir bei gleich zwei Post-Credit-Szenen, in denen Michael Keaton als Adrian Toomes und Vulture auftaucht, was offenbar durch die ewige Verspätung des Kinostarts so bekannt ist, dass man diese Information schon im Internet lesen kann.

Eine kleine Etüde im Marvel bzw. Spider-Man Kosmos ist „Morbius“ am Ende, aber auch eine willkommene Abwechslung zwischen den zweieinhalb stündigen Megafilmen, von denen im Laufe des Jahres noch zahlreiche Exemplare über die kleinen und großen Leinwände dröhnen werden.

Morbius • USA 2022 • Regie: Daniél Espinosa • Darsteller: Jared Leto, Matt Smith, Adria Arjona, Jared Harris, Tyrese Gibson • ab 31. März im Kino

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