27. Mai 2014 1 Likes

Und täglich grüßen die Aliens

Doug Limans Science-Fiction Kracher „Edge of Tomorrow“

Lesezeit: 3 min.

Offizier William Cage weiß nicht wie ihm geschieht: Eben noch war er strahlendes Gesicht der Propagandaabteilung, auf einmal ist er zum gemeinen Soldat degradiert und sieht sich einem Fronteinsatz gegenüber. Bei der Landung an der Normandie soll Cage in einer Art Roboterkampfanzug gegen die außerirdischen Invasoren kämpfen, die so genannten Mimics: Tentakelartige Wesen, die sich blitzschnell bewegen, oft im Untergrund verstecken und kurz davor stehen, die gesamte Menschheit zu vernichten.

So weit so konventionell, doch dann wird Doug Limans jüngster Blockbuster Edge of Tomorrow so richtig interessant: Wider erwarten gelingt es Cage ein so genanntes Alpha-Mimic zu töten, dass ihn über und über mit Alien-Schleim bespritzt – und plötzlich wacht Cage am Tag zuvor auf. Erneut findet er sich als degradierter Offizier zwischen einer heruntergekommenen Gruppe Soldaten, erneut landet er an der Normandie, erneut durchlebt er die Exzesse des Krieges.

Ja, das klingt nicht nur nach Harold Ramis Klassiker Und täglich grüßt das Murmeltier, das funktioniert auch ganz ähnlich. Nach und nach erfährt Cage mehr über die Mimics, lernt die harte Kriegerin Rita (Emily Blunt) kennen – besser bekannt als Full Metal Bitch – die einst vom selben Phänomen geplagt wurde. Und jetzt aufpassen: Die Aliens werden von einem Hauptorganismus namens Omega gesteuert, der alle Mimics und Alpha-Mimics steuert. Wenn ein Mensch ein Alpha-Mimic tötet, setzt eine Zeitschleife ein, die den Mensch den selben Tag immer wieder durchleben lässt, aber vor allem den Mimics dient, die Schwächen der Menschen auszuspionieren. Gleichzeitig ermöglicht die Vernetzung mit dem Omega-Mimic diesem speziellen Menschen, in Visionen die Position des Omega zu erahnen – und nur wenn dieser Omega-Mimic getötet wird, kann die Menschheit überleben. Alles klar?

Fortan versuchen Cage und Rita nun, in immer elaborierteren Versuchen dem Schlachtfeld zu entkommen und sich dem Versteck des Omega-Mimics zu nähern. Doch so sehr sie sich auch bemühen, so präzise Cage Rita bei jedem Durchgang vor den Gefahren und den gescheiterten Versuchen informiert, sie kommen nicht weiter. Doch etwas anderes passiert: Für Rita ist zwar jeder Tag neu, aber Cage verbringt im Lauf der zahllosen Durchgänge so viel Zeit mit Rita, dass er beginnt, sie zu lieben. Zunehmend denkt er nicht mehr nur an die Vernichtung des Omega-Mimics, sondern auch an sein und Ritas Überleben.

High Concept-Filme wie Edge of Tomorrow kranken oft an allzu komplizierten Regeln, deren Logik die Macher oft selbst nicht mehr durchschauen. Doug Liman selbst kann mit seinem missglückten Jumper ein Lied davon singen. Hier jedoch macht er alles richtig. Nach einem merkwürdig abgehakten Beginn, in dem der von Tom Cruise gespielte William Cage aus nicht wirklich nachvollziehbaren Gründen vom Offizier zum gemeinen Soldaten degradiert wird, etabliert er schnell eine Atmosphäre von Überwältigung und Überforderung. Mit typischem Tom Cruise-Breitwandlächeln versucht sich Cage aus seiner Situation zu quatschen, nur um sich immer wieder am Strand der Normandie wieder zu finden. Nur langsam begreift er die Situation, in der er sich befindet, lernt gemeinsam mit dem Zuschauer über seine Gabe und ist wie der Zuschauer erschlagen von den Bildern des Kriegs gegen die Aliens.

Was Liman hier in den ersten Minuten an Bildern auffährt, wie er in erstaunlich langen Einstellungen exzessive Kampfszenen inszeniert, in denen selbst der meist so überflüssige 3D-Effekt Eindruck macht, lässt Edge of Tomorrow zu einem der besten Actionfilme jüngerer Vergangenheit werden. Was den auf einem japanischen Roman basierenden Film jedoch über weite Strecken zu einem richtig guten Film macht, ist das Gefühl der Hoffnungslosigkeit, dass Cage zunehmend erfasst. Und das dann durch die beginnende Liebe zu Rita aufgefangen wird.

Dass in den letzten Minuten dann wieder auf eine eher konventionelle Auflösung zugesteuert wird, die dann natürlich auch das zwangsläufige Happy End nicht vermeidet, ist angesichts des gigantischen Budgets dieses Sommer-Blockbusters nicht zu vermeiden. Doch bis dahin hat Doug Limans Science-Fiction Kracher so viel richtig gemacht, auf so originelle, humorvolle, spannende Weise erzählt, das man diesen kleinen Makel verschmerzen kann. Bleibt nur zu hoffen, dass auch ein großes Publikum dies zu schätzen weiß und den Mut aller Beteiligten belohnt, einen Film zu drehen, der weder Remake noch Reboot noch Fortsetzung ist.

„Edge of Tomorrow” startet am 29. Mai.

Edge of Tomorrow • USA 2014 • Regie: Doug Liman • Darsteller: Tom Cruise, Emily Blunt, Bill Paxton, Brandan Gleeson

Bilder: Warner

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