„Serious Sam 4“: Postpubertärer Ballerspaß
Croteams Fortsetzung der launigen Shooter-Reihe ist frisch erschienen
Um es gleich vorweg zu nehmen: Man muss schon ein echtes Faible für digitale Blutbäder haben, um wirklich Spaß am neuesten Ableger der Serious Sam-Reihe zu empfinden (seit dem 24. September zunächst für PC erhältlich, Konsolenversionen folgen bald). Denn der komplett auf Oldschool getrimmte Ego-Shooter spart weder an zerplatzenden Aliens noch an (vermeintlich) witzigen Onlinern, die selbst Sly und Arnie in ihren besten 80er-Momenten zumindest stellenweise latent peinlich gewesen wären. Aber andererseits: Wer eben Genreikonen wie Duke Nukem und deren schon länger verblassten Glanz vermisst und nichts gegen überdrehte Balleraction ohne Tiefgang (aber mit vielen durchschlagskräftigen Schießeisen) hat, dürfte auch mit Serious Sam 4 seine helle Freude haben.
Die Kampagne umfasst 15 Kapitel, die geübte Spieler rund 12 Stunden bei der Stange halten dürften. Die Story passt wie schon bei den Vorgängern auf einen halben Bierdeckel und markiert definitiv nicht den Grund, warum man sich ins blutige Getöse stürzt. Wieder einmal droht der Erde eine Invasion, die natürlich nur von der Ein-Mann-Armee Sam aufgehalten werden kann, der aber unbedingt dazu den Heiligen Grahl aus dem Vatikan bergen muss – noch Fragen? Vorangetrieben wird die unfassbar olle, aber eben komplett selbstironisch verklammerte „Handlung“ mittels leider arg hölzerner Zwischensequenzen, wobei die extrem platten Nebenfiguren (peinliche Flachgags inklusive) mehr Nerven kosten anstatt ihrer Sidekick-Funktion nachzukommen.
Das Gameplay reißt das Ruder allerdings herum und überzeugt trotz Mangel an Innovation und vieler vorgefertigter Arenakämpfe mit Abwechslung und hohem Adrenalinfaktor. Meist stürzen gigantische, nicht enden wollende Horden an fliegenden Gehirnen, Drohnen, Mutantenbullen oder Riesenechsen auf uns zu, die wir uns zunächst mit Gun, Schrotflinte und Maschinengewehr vom Leib halten, während sich schon bald u.a. zielsuchende Raketen und sogar Miniatombomben in unser Inventar einfügen. Permanente Bewegung ist dabei praktisch Pflicht, um dem bewusst evozierten Bildschirmchaos nicht zum Opfer zu fallen.
Falls das dennoch mal passiert (etwa im Kampf gegen besonders riesige Mechs), trösten fünf einstellbare Schwierigkeitsgrade und viele fair gesetzte Checkpoints über das an manchen Stellen schon mal häufige Ableben hinweg. Wer in den Levels die Augen aufhält, findet sogar Nebenmissionen, die immerhin das Prädikat „gut gemeint“ verdienen. Im Verlauf der Story sorgen des Weiteren der Einsatz von Fahrzeugen oder zusätzlich freispielbare Skills wie der gleichzeitige Einsatz von zwei Waffen gleichzeitig für Zusatzmotivation.
Klar, das ist alles nicht neu und quasi Standard, jedoch erzeugt das Dauergewitter an verschiedenen Feinden einen angenehmen Flow, der dazu führt, dass man sich auch als erwachsener Spieler (und das sollte man bei der Gewalt unbedingt sein) über Sams Sprüche dann und wann heimlich freut. Richtig toll wird es dazu, wenn man sich mit mehreren Spielern in die Kampagne stürzt und gemeinsam die Kampagne rockt. Das ist mit bis zu drei weiteren Zockern möglich, wobei man den Schwierigkeitsgrad mit zahlreichen Einstellungen wie der Wahl stärkerer Monster beeinflussen und sich so das genau passende Spielerlebnis zimmern kann. Überhaupt haben die Macher gerade in Sachen Optionsvielfalt ein Extralob verdient: Ob Munition, Friendly Fire oder Grafik – Serious Sam 4 lässt uns in vielen Bereichen die Freiheit zu unserer persönlichen Präferenz und Ausstattung.
Technisch haut einen der Titel mit seinen teils etwas kargen Texturen und den steifen Animationen (speziell in den Cutscenes) zwar nicht vom Hocker, allerdings kann man dem Design im Verbund mit dem schmissigen Soundtrack auch nicht absprechen, das überdrehte Flair des Spiels angemessen zu begleiten und zu unterstreichen. Hätten sich die Macher mehr Mühe gegeben, Sams jüngsten Auftritt zumindest etwas moderner, spielerisch offener und inszenatorisch nicht gar so fremdschämig zu gestalten, wäre eine richtig schöne Referenz im Bereich Prollshooter herumgekommen. So bleibt das Ergebnis leider ein wenig in der Nische stecken und kann es letztlich mit echten Edeltiteln wie Doom Eternal (hier nochmal unser damaliger Test) auch beim Gameplay nicht aufnehmen.
Fazit
Superprolliger Over-the-Top-Shooter, der trotz seiner Schwächen für ein paar Abende gut unterhält.
Serious Sam 4 • Croteam • Shooter • PC (demnächst auch für PS4/Xbox One)
Abb. © Devolver Digital
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