Von Monstern, Dinos und nächtlichen Gärten
Neue Comics und neu interpretierte Geschichten von Naoki Urasawa, Mary Pope Osborne und Édith
Die Osterferien stehen vor der Tür und es gibt nichts zum Schmökern? Den Suchenden kann mit diesen drei lesenswerten Comics von Naoki Urasawa („Asadora!“), Mary Pope Osborne, Jenny Laird, Nichole Matthews & Kelly Matthews („Das magische Baumhaus“) und Édith („Der Mitternachtsgarten“) geholfen werden.
Das Monster im Taifun
Ein neuer Manga von Naoki Urasawa? Ein neuer Manga von Naoki Urasawa! Manchmal muss man das Offensichtliche einfach betonen, zumal sich der japanische Star-Mangaka auch hierzulande eine treue Fangemeinde aufgebaut hat. Nachdem Carlsen zuletzt dem Mystery-Thriller „Monster“ eine Neuauflage spendiert hat, legen die Hamburger nun mit dem neuesten Streich des Ausnahmekünstlers nach. Titelheldin von „Asadora!“ ist das namensgebende Mädchen, dessen Leben Urasawa über eine Zeitspanne von rund 60 Jahren nachzeichnet. Dabei verknüpft er Asas Schicksal mit bedeutenden Ereignissen der jüngeren japanischen Geschichte. Band 1 gibt einen kurzen Ausblick auf Tokio im Jahr 2020, in dem die Menschen nicht die Olympischen Spiele feiern, sondern vor einem Monster flüchten, das die Metropole gerade in Schutt und Asche legt. Zeitsprung: Im September 1959 rennt Asa von ihrem Zuhause zur örtlichen Geburtsklinik. Ihre Mutter liegt – mal wieder – in den Wehen und benötigt dringend einen Arzt. Draußen toben indes bereits die Ausläufer des Ise-wan-Taifuns, als Asa auf dem Heimweg von einem Ex-Piloten der Luftwaffe entführt wird. Während Asa versucht ihrem Entführer zu erklären, dass sie aus einer kinderreichen, aber nicht aus einer reichen Familie kommt, trifft der tödlichste Zyklon der japanischen Geschichte die Küste – und hat etwas Ungeheuerliches im Schlepptau. Klingt gut? Ist es auch! Und ganz nebenbei entwirft Urasawa ein detailliert recherchiertes Bild der japanischen Gesellschaft. Der nächste Band erscheint übrigens im Mai dieses Jahres.
Naoki Urasawa: Asadora! 1 • Aus dem Japanischen von Miyuki Tsuji • Carlsen, Hamburg 2022 • 208 Seiten • 12,00 € • Empfohlen ab 14 Jahren
Kinder auf Zeitreise
Wer kleine Leseratten daheim hat, dürfte schon einmal über „Das magische Baumhaus“ gestolpert sein. Seit 1992 erscheint die Reihe der US-Amerikanerin Mary Pope Osborne. Inzwischen ist die auf 59 Bände angewachsene Serie in 32 Ländern erhältlich. Hierzulande hat sich der Loewe Verlag die Rechte gesichert. Kein Wunder also, dass nun auch die Comicadaption des ersten Bandes bei den Bindlachern erscheint. Gleichzeitig ist es einer der ersten Titel des neuen Comic-Imprints Loewe Graphix. „Im Tal der Dinosaurier“ erzählt, wie die beiden Geschwister Philipp und Anne ein verlassenes Baumhaus entdecken. Anne, die forschere von den beiden, macht sich sogleich auf, ins Innere zu klettern. Oben angekommen findet sie mehrere Stapel Bücher, die auch ihren Bruder zum Aufstieg verleiten. Als er in einem Buch über Dinosaurier blättert, wünscht er sich dorthin – und das Baumhaus bringt beide an einen Ort vor unserer Zeit. Dort angekommen müssen die Geschwister lernen, dass nicht alle prähistorischen Lebewesen freundlich gesinnt sind. Ob es eine Rückkehr nach Hause gibt? Apropos Geschwister: Die Schwestern Nichole und Kelly Matthews setzen die Geschichte von Philipp und Anne mit klarer Linie und kräftigen Farben gekonnt in Szene. Ein kurzweiliger Comic über die Urzeit und ein gelungener Auftaktband, auf den gern noch weitere folgen dürfen.
Mary Pope Osborne, Jenny Laird, Nichole Matthews und Kelly Matthews: Das magische Baumhaus 1. Im Tal der Dinosaurier • Aus dem Amerikanischen von Franziska Jaekel • Loewe Graphix, Bindlach 2022 • 176 Seiten • 12,00 € • Empfohlen ab 7 Jahren
Die Uhr mit dem Zeitfehler
Philippa Pearces „Als die Uhr dreizehn schlug“ dürfte zu den Büchern zählen, die momentan ungewollt aktuell sind. In ihrem 1958 erstmals erschienenen Roman berichtet sie nämlich von Quarantäne, Isolation und wie sich diese auf Kinder auswirken. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Tom, der zu kinderlosen Verwandten geschickt wird, als sein Bruder an den Masern erkrankt. Dort angekommen merkt der Junge schnell, dass sein Onkel und seine Tante leicht überfordert mit ihm sind, obwohl sie ihn verwöhnen. Das Haus bietet aber auch eine Besonderheit: eine Uhr, die immer die falsche Zeit anzeigt. Als die Uhr eines Nachts 13 statt 12 mal schlägt, zieht es Tom ins Erdgeschoss. Dort angekommen wagt er sich nach draußen – und findet hinter dem Haus plötzlich einen Garten. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein und die Bewohner nehmen ihn gar nicht wahr. Wie ein Geist schleicht Tom Nacht für Nacht durch den Garten, beobachtet das Treiben und erklimmt jeden Baum. Als die junge Hatty ihn sieht, mit ihm spricht und spielt, wandelt sich die Quarantäne zu einem unvergesslichen Abenteuer. Philippa Pearces zeitlosen Klassiker hat die französische Illustratorin und Comiczeichnerin Édith Grattery („Sturmhöhe“, Splitter Verlag) adaptiert. Herausgekommen ist ein wundervoller Comic, der sich tief vor der Vorlage verneigt. Genauso wie Pearce wandelt auch Édith zwischen den Zeiten, dem farbenprächtigen viktorianischen Garten und der grauen Gegenwart der 1950er Jahre. Ein feiner Comic, um den Klassiker wieder zu entdecken.
Édith: Der Mitternachtsgarten • Aus dem Französischen von Tanja Krämling • Splitter Verlag, Bielefeld 2022 • 104 Seiten • 19,95 € • Empfohlen ab 10 Jahren
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