7. Juli 2022

„Stranger Things“ - „Bereit für das heftigste Metalkonzert in der Geschichte des Universums?“

Finale, musikalische Einflüsse, Conan der Barbar und Ausblicke in die Zukunft

Lesezeit: 4 min.

Wenn man dem Kultphänomen „Stranger Things“ etwas lassen muss, dann, wie erfolgreich es Genres, Anspielungen und Ideen verarbeitet und integriert, ohne dabei zu sehr die eigene DNA zu verlieren. Über die letzten Staffeln gab es „Gremlins“, „Haunted House“ und nun auch klassische Teenie-Slasher/Serienkiller. Und wie immer ordentliche Prisen von Stephen King, John Carpenter und „Silent Hill“ neben unzähligen anderen Inspirationen. Nun können wir auch noch ungefähr jede Form der musikalischen Genres dazu zählen.

Zuletzt sahen wir Elfi (Millie Bobby Brown), die Vecna und ihre Erinnerungen konfrontiert, während sie sich mithilfe Dr. Brenners (Matthew Modine) für den finalen Kampf vorbereitet. Anderenorts ist die Bande um Dustin (Gaten Matarazzo) und Eddie (Joseph Quinn) dabei, Vecna auf eine deutlich korporealere Weise gegenüberzustehen, während Will (Noah Schnapp), Mike (Finn Wolfhard) und Co der Spur Elfis folgen, und Joyce (Winona Ryder) – mit Hopper (David Harbour) wiedervereint – Vecna ebenfalls ein Schnippchen schlagen will. Alle Handlungsfäden kollidieren mehr oder weniger in den letzten vier Stunden auf eine größtenteils befriedigende Weise und hier feuert „Stranger Things“ wieder bombastisch wie gefühlsorientiert aus allen Rohren. Eddie Munsons Metalkonzert am Anfang von Episode 9 wird wohl vielen Zuschauern lange im Gedächtnis bleiben, und auch sonst offenbart das Finale viele mehr oder weniger clevere Bezüge zur Schattenwelt des Upsidedown, den Ursprüngen Vecnas und des Gedankenschinders und Elfis Verbindung dazu. Alles mündet in einem überaus zufriedenstellenden Finalakt, der gleichzeitig ein Eröffnungsfeuerwerk für die kommende fünfte und letzte Staffel ist.

Die finalen Episoden der vierten Staffel – die alleine bereits eine Spielzeit von knapp vier geballten Stunden auf die Waage bringen – offenbaren mit dem besten, was „Stranger Things“ zu bieten hat, leider umso mehr aber auch die Schwachstellen in den vorangegangenen Episoden der vierten Staffel. Umso absurder wirken etliche der vergeudeten Stunden, oder der völlig übersteuerte „Sowjet-Hopper“, der rückblickend leider nichts zur Haupthandlung beiträgt, und dem deutlich weniger Zeit hätte gewidmet werden sollen. Zwar hat jede Figur ihre Momente des Ruhms und die emotionalen Zwischenschübe treffen ins Herz, dabei hätte man doch bereits vorher viel Zeit mit dem Core-Cast verbringen können, der häufig kaum Interaktionsraum miteinander hat, auch im Finale nicht. Besonders das Herz und die Seele, Mike und Will, kommen in der Staffel zu kurz und haben quasi keine gemeinsame Screentime mit den anderen. Bei einer Gesamtlaufzeit von über 13 Stunden ist das absurd. Die Duffer-Brüder Matt und Ross ließen allerdings bereits anklingen, dass die fünfte Staffel knackiger werden wird, und quasi gleich mit Action loslegt, da alle Figuren schon auf dem Spielbrett positioniert sind.

Wenn man zu guter Letzt „Stranger Things“ etwas anrechnen kann, dann ist es die meisterhafte Arbeit der Editoren und Kamerateams, die mit einfallsreichen Schnittwechseln zur passenden musikalischen Untermalung wahre Wunder cineastischer Kunst vollbringen, die selbst gewaschene Kinomeister alt aussehen lassen. Sei es nur der Kameraschwenk der zwei Vierertrupps auf den Fahrrädern, einmal in Hawkins, einmal im Upsidedown, oder die bombastisch geschnittene Verfolgungsjagd zu Eddies eingangs erwähnter Solo-Darbietung von Metallicas „Master of Puppets“. Hierzu war übrigens für die Duffer-Brüder die Songwahl bereits vor dem Schreibzyklus der Drehbücher klar, und es war der erste Song, den das Team für die Staffel sichern wollte. Metal-Urgestein Metallica stimmte sofort zu, zumal sich die Bandmitglieder als Fans der Serie entpuppten, während das eingespielte Gitarren-Riff gar von Tye Trujillo stammt, dem Sohn von Metallicas Bassisten Robert Trujillo. Und ähnlich wie bei Kate Bushs „Running Up That Hill“ findet „Master of Puppets“ weltweit gerade wieder Einzug in die Charts und bei iTunes gar an der Spitze.

Auch Hoppers Augenblick im Rampenlicht während des Finales ist mit einer wahrlich klassisch anmutenden Anekdote verbunden, denn das Schwert, das er am Ende durch den Demogorgon schwingt, ist kein anderes als das waschechte Schwert aus „Conan der Barbar“ und „Conan der Zerstörer“ von 1982 und 1984, und keine bloße Replik. Ein Umstand, den Star David Harbour sogleich auf seinem Instagram teilen musste – mit Verweis auf Arnold Schwarzenegger und eine Bitte um Schwerttechnik-Tipps.

Wie lange die Wartezeit zur fünften Staffel wird, ist noch nicht bekannt. Die vierte Staffel ist schon seit über einem Jahr abgedreht, neue Episoden werden noch geschrieben und die Dreharbeiten sollen laut David Harbour 2023 beginnen. Erfinder Matt und Ross Duffer gaben allerdings schon zu Protokoll, dass die letzte Staffel mit einem „Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs“-artigem Ende aufwarten wird. Soll so viel heißen, dass jede Figur ihren rühmlichen Abschluss bekommt und niemand in Vergessenheit gerät, wenn auch große Tode noch auf dem Menüplan stehen. Staffel 5 soll in vielem wieder einen Kreis zur ersten schließen, ähnliche Gruppierungen wie damals, ähnliche Themen, aber auf einer deutlich größeren Leinwand. So befindet sich übrigens auch ein lange gemunkeltes Spin-off zu „Stranger Things“ in Arbeit, das etwas völlig neues sein soll, bei dem die Duffer-Brüder eng involviert bleiben wollen, aber die Zügel als Showrunner und Hauptautoren aller Voraussicht nach neuen Geistern überlassen. Zugleich wurde auch ausgeschlossen, dass es hierbei um Elfis Hintergrund oder das Hawkings-Labor gehen solle, denn davon hätten wir inzwischen mehr als genug gesehen. Wahre Worte.

Stranger Things • USA 2022 • Regie: The Duffer Bros. • Darsteller: Noah Schnapp, Finn Wolfhard, Gaten Matarazzo, Millie Bobby Brown, Winona Ryder, David Harbour, Charlie Heaton, Natalia Dyer, Maya Hawke • 4. Staffel, zweite Hälfte, 2 Folgen, bei Netflix

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