5. Mai 2017 3 Likes

Sieg der Intoleranz?

In Christophe Léons „Väterland“ ist ein dystopisches Frankreich Realität geworden

Lesezeit: 2 min.

Egal wie die Wahl am 7. Mai ausgeht, Frankreich wird sich noch länger mit dem grassierenden Mentalitätswandel auseinander setzen müssen. Nicht erst seitdem der Front National Wahlkampf für seine Präsidentschaftskandidatin in der Republik betrieben hat, droht die Stimmung gegenüber religiösen, ethnischen und sexuellen Minderheiten endgültig zu kippen. In diesem vergifteten Klima siedelt Christophe Léon seine Dystopie »Väterland« an. Bisher erschienen die Romane und Erzählungen des gebürtigen Algeriers nur auf Französisch in deutschen Schulbuchverlagen. Mit »Väterland« liegt nun ein hochaktueller Roman aus dem Jahr 2015 als Übersetzung vor.

Erzählt wird die Geschichte des homosexuellen Künstler- und Ehepaares Phil und George und ihrer 13-jährigen Adoptivtochter Gabrielle aus Somalia. Auf mehreren Erzählebenen berichtet das junge Mädchen einerseits über den Versuch ihrer Eltern, trotz Verbots, in der Pariser Innenstadt ein Geburtstagsgeschenk für sie zu kaufen. Andererseits lässt sie die vergangen Jahre ihres noch recht jungen Lebens Revue passieren und zeichnet so ein erschreckendes Bild der zunehmenden Intoleranz gegenüber Homosexuellen nach. Von dem Einzug einer erzkonservativen Partei in das Rathaus, über die rassistische Beleidigung Gabrielles, bis hin zum Tragen einer rosa Raute als Erkennungssymbol für Homosexuelle und die Umsiedlung in eine Vorstadt reicht die Politik der Regierung. Natürlich ist Léons historische Inspirationsquelle an allen Ecken und Enden präsent. „Heute sehen wir, wie sich die Geschichte wiederholt und keiner rührt einen Finger“, resümiert George eines Abends am Küchentisch angesichts der Repressalien, Gewalt und Einschüchterungen, die ihre Gemeinschaft erlebt. Ein kurzes, aber nicht minder wichtiges Buch, um historische Mechanismen der Jugend verständlich zu machen. Kein Wunder also, dass der Roman in Frankreich für zahlreiche Preise nominiert wurde.

Christophe Léon: Väterland • Aus dem Französischen von Rosemarie Griebel-Kruip • Mixtvision, München, 2017 • 116 Seiten • 9,90 € • Empfohlen ab 12 Jahren

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