Dystopien, Apokalypsen und LSD
Das 32. Fantasy Filmfest zeigt Highlights des aktuellen Genrekinos
Auch in seiner 32. Auflage bietet das Fantasy Filmfest ab heute wieder ein reichhaltiges Programm für Freunde des Genrekinos. Von Zombiefilmen über Haunted-House-Thriller bis hin zu klassischen Actionfilmen ist alles dabei, doch diesmal ist der Anteil an Science-Fiction-Filmen besonders hoch.
In „Future World“ etwa lässt Multitalent James Franco nicht nur als Hauptdarsteller in Cornrows und betont schlechten Zähnen die Sau raus, sondern steht (zusammen mit Bruce Thiery Cheung) auch hinter der Kamera. Als Warlord ist Franco in dieser postapokalyptischen Phantasie auf der Jagd nach der Androidin Ash (Suki Waterhouse), die ihm als Sexsklavin und Auftragskillerin dienen soll. Wenn man weiß, dass Franco neben seinen Prestigerollen in großen Hollywood-Filmen auch ein Faible für Underground- und Trash-Filme hat, mag man sich vorstellen, wie exzessiv das Ganze sich abspielt.
Ganz anders dagegen „Prospect“ von Zeek Earl und Chris Caldwell, die mit minimalistischen Mitteln von der Teenagerin Cee (Sophie Thatcher) und ihrem Vater Damon (Jay Duplass) erzählen, die auf einer Mission zu einem fremden Planeten sind, um wertvolle Edelsteine zu finden. Doch wie das in den Weiten des Weltraum meist so ist: Man ist nicht allein. Doch das Grauen ist hier nicht graphisch, sondern eher introspektiv, „Prospect“ kein großes Weltraumabenteuer, sondern eine psychologische Geschichte in beeindruckendem 70er Jahre Retro-Look.
Ähnliches mag man auch von Kim Ki-Duks „Human, Space, Time and Human“ sagen, dessen zirkulärer Titel deutlich an Kims ersten großen Erfolg „Frühling, Sommer, Herbst, Winter… und Frühling“ erinnert. Schon damals ging es um das große Ganze, das Sein, den Sinn der Existenz, ein Thema, das Kim immer wieder in oft hart an der Schmerzgrenze inszenierten Filmen auslotet. Hier ist der Schauplatz ein Schiff, das im Himmel schwebt und mit seinen Figuren aus unterschiedlichen Sphären der Gesellschaft eine Art Arche Noah darstellt. Die allerdings nicht in Frieden einer neuen Welt entgegenschwebt, sondern sich in zunehmenden Exzessen verliert, von Vergewaltigung bis Mord. Sehr schwere Kost, aber ein Muss für Existentialisten.
Auch Johnny Kervorkians „Await Further Instructions“ spielt mit den Möglichkeiten eines reduzierten Raumes, in den eine kleine Gruppe von Menschen eingeschlossen sind. Hier ist es ein Weihnachtsessen, zu dem Nick mit seiner Freundin Annji fährt. Zu Hause erwartet das Paar eine vielfältig dysfunktionale Familie, Neurosen und Rassismus, doch die Situation eskaliert erst, als eine merkwürdige schwarze Barriere die Familie einschließt und aus dem Fernseher Befehle erfolgen. Geschickt spielt Kervorkian dabei mit den Genre-Strukturen und hat erstaunlicherweise immer eine neue Überraschung parat.
Schließlich muss auf drei Filme hingewiesen werden, die zwar nicht direkt Science-Fiction sind, aber zum besten gehören, was dieses Jahr im Kino zu sehen sein wird: „Border“ des Schweden Ali Abbasi bedient sich der nordischen Mythen von Trollen und anderen Fabelwesen, um im realistischen Setting einer Zollkontrolle von Vorurteilen und Diskriminierung zu erzählen.
Gleich als Eröffnungsfilm läuft Panos Cosmatos „Mandy“ mit einem entfesselten Nicolas Cage in der Hauptrolle eines Films, der nur als Rausch zu beschreiben ist. Wie schon in seinem Debüt „Beyond the Black Rainbow“ entfaltet Cosmatos vor allem mit einer ständig brummenden, dröhnenden Tonspur und farbgesättigten Bildern einen Sog, bei dem man mit Cages Figur auf den Rachefeldzug für den Mord seiner Freundin geht. Ein wahrer Trip, bei dem in einer Szenen interessanterweise ebenso flüssiges LSD in die Augen einer Figur geträufelt wird wie in Gaspar Noes „Climax“, einem anderen filmischen Trip. Wie schon in „Enter the Void“ filmt Noe mit vollkommen schwereloser Kamera, die eigentlich unvorstellbare Postionen einnimmt und eine Gruppe von Tänzern dabei beobachtet, wie eine ausgelassene, von treibenden EDM-Beats befeuerte Party schließlich zu einem schlechten, blutigen Trip wird. Man könnte sich fragen, was das alles soll, man könnte sich aber auch einfach dem Sog der Bilder und Töne hingeben, die Kino als pures visuelles Vergnügen sind.
Termine:
Berlin 5-16. September
München 12-22. September
Hamburg 13-23. September
Köln 13-23. September
Frankfurt 20-30. September
Nürnberg 25-30. September
Stuttgart 25-30. September
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