12. Dezember 2023 2 Likes

Heimkino-Highlights im Dezember 2023

Neues und Altes jenseits des großen Saals

Lesezeit: 8 min.

Jeden Monat die gleiche quälende Frage angesichts eines Bergs von Neu-Veröffentlichungen: „Was lohnt sich?“ – regelmäßige Hinweise der Redaktion sollen das Leben zumindest ein wenig leichter machen!

 

1. Aelita – Der Flug zum Mars (1924)

Bei wem? Ostalgica Als was? Blu-ray Wann? 08.12.2023

Worum geht’s? In Russland neigt sich die Revolution dem Ende zu, die Sowjetunion erhebt sich aus den Trümmern des alten Staates. Mitten in diesen Zeiten des Umbruchs erreicht eine mysteriöse Funkbotschaft verschiedene militärische Radiostationen auf der gesamten Erde. Der Ingenieur Loss sieht darin eine Nachricht vom Mars und wird dafür verspottet. Schließlich bricht er dennoch zum roten Planeten auf, wo Herrschende das Volk wie Sklaven halten. Doch mitten in der außerirdischen Arbeiterrevolution beginnen Traum und Wahrheit zu verschwimmen.

Prognose: Vergessene russische Großproduktion und erster abendfüllender Science-Fiction-Film überhaupt, der auch heute noch mit expressionistischen Kulissen, für die Zeit beachtlichen Effekten, verblüffenden Ähnlichkeiten zu „Star Wars“ und Humor begeistert und unterhält. Wurde erst Anfang der 2000er wiederentdeckt und liegt jetzt als üppige Special-Edition vor, die üppigen Gegenwert bietet: In der Bonus-Abteilung sorgen das Hörspiel zum Film, ein Audiokommentar von Dr. Christoph Seelinger, Clemens Williges und Marco Koch, der Animationskurzfilm und erste russische Trickfilm überhaupt, „Die interplanetare Revolution“ (eine Parodie auf „Aelita“), 16 Minuten an kolorierten Szenen, eine Bildergallerie, das Hörbuch „Der Marsspion“ und ein weiteres Hörspiel, „Der Marsroman“ für eine ganze Weile Beschäftigung.

Aelita – Der Flug zum Mars Sowjetunion 1924 • Regie: Yakov Solntseva • Darsteller: Yulyia Solntseva, Igor Ilyinsky, Nikolai Tsereteli, Nikolay Batalov

 

2. Fliegende Untertassen greifen an (1956)

Bei wem? Anolis Als was? Blu-ray Wann? 08.12.2023

Worum geht’s? Als eines Tages fliegende Untertassen über der Erde gesichtet werden, entdecken der Raketenexperte Russ Marvin und seine Frau eines der UFOs, das die Raketenstellung zerstört. Marvin und seine Frau werden entführt und in das Innere eines der UFOs gebracht. Dort erfahren sie, dass die Aliens Angst vor den Atombomben der Menschen haben und sie drohen die Erde zu zerstören, sollten die Atombombem nicht vernichtet werden. Doch da haben Marvin und das Militär noch ein Wörtchen mitzureden …

Prognose: Die erste Arbeit des legendären Tricktechnik-Titanen Ray Harryhausen an einer Science-Fiction-Produktion und es ist auch seine Arbeit, die den an sich gar nicht mal so guten Film über die Jahrzehnte geholfen hat, denn die ikonischen UFO-Szenen mit den toll designeten Untertassen überzeugen noch heute und haben unter anderem Spuren in „Independence Day“ (1996) und „Mars Attacks!“ (1996) hinterlassen. Sollte man trotz Defizite jedenfalls unbedingt gesehen haben. Die Anolis-Veröffentlichung kommt wie gewohnt mit einem Stapel Extras daher – besonders der Audiokommentar vom geschätzten Dr. Rolf Giesen dürfte mal wieder überdurchschnittlich viele Erkenntnisse vermitteln. Mediabooks sind seit Oktober erhältlich, aber für die muss man besonders tief in den Geldbeutel greifen, wobei diese Amaray-Fassung jetzt auch nicht gerade billig ist.

Fliegende Untertassen greifen an Earth vs. the Flying Saucers USA 1956 • Regie: Fred F. Sears • Darsteller: Hugh Marlowe, Joan Taylor, Donald Curtis, Morris Ankrum, John Zaremba, Grnadon Rhodes

 

3. Die Bestie aus dem Weltenraum (1957)

Bei wem? Anolis Als was? Blu-ray Wann? 08.12.2023

Worum geht’s? Vor Sizilien stürzt ein Raumschiff ins Meer, Fischer können aber nur zwei der Astronauten retten und wenden sich in diesem Notfall an den römischen Zoologen Dr. Leonardo. Gleichzeitig findet ein Fischerjunge ein seltsames Gefäß mit einer Art organischer Masse darin und verkauft sie an Leonardo. Von den geretteten Astronauten überlebt nur Colonel Calder, der mit seinen Männern zur Venus gereist ist, um aus der dort giftigen Atmosphäre eine Probe des auf dem Planeten vorherrschenden Lebens zu bergen. Die Probe ist natürlich die seltsame Substanz, die Leonardo gekauft hat und tatsächlich handelt es sich um eine Art Ei, aus dem dann auch bald ein reptilähnliches, auf zwei Beinen laufendes Wesen schlüpft, das in der Sauerstoffatmosphäre der Erde schnell zu einer riesenhaften Kreatur heranwächst …

Prognose: Monsterfilm, der in zweiten Hälfte leider zum reinen Effektspektakel wird, was aber in dem Fall nicht ganz so schlimm ist, da die Effekte erneut vom legendären Effektüberkünstler Ray Harryhausen stammen, der einmal mehr mit komplexen, toll anzuschauenden Stop-Motion-Tricks überzeugt. „Die Bestie aus dem Weltenraum“ hat aber auch noch andere interessante Aspekte: Die Handlung spielt im Gegensatz zu so vielen Monsterfilmen dieser Zeit nicht in den USA, sondern in Sizilien und in Rom. Des Weiteren ist das Monster hier nicht böse, sondern hat eher Angst vor den Menschen und will eigentlich nur Schwefel fressen und in Ruhe gelassen werden. Aber der Mensch … ist halt nun mal der Mensch. Jedenfalls kein Oberknaller, wer aber mit Filmen dieser Art was anfangen kann, wird bestens bedient. Zumal Anolis die Scheibe wieder mit allerhand interessanten Extras vollgestopft hat (es gibt zudem bereits im Oktober erschienene Mediabooks, die sind aber doppelt so teuer wie diese auch nicht gerade billige Amaray-VÖ)

Die Bestie aus dem Weltraum • 20 Million Miles to Earth • USA 1957 • Regie: Nathan Juran • Darsteller: William Hopper, Joan Taylor, Frank Puglia, John Zaremba, Tito Vuolo

 

4. Last Contact (2023)

Bei wem? Leonine Als was? Blu-ray, DVD, VOD Wann? 08.12.2023

Worum geht’s? Im Jahr 2063 ist die Erde fast vollständig überflutet. Übrig geblieben sind zwei verfeindete Kontinente und eine vor sich hin rostende Plattform mitten im endlosen Ozean. Auf diesem letzten militärischen Außenposten – 3000 Kilometer fernab der eigenen Heimat – halten drei Männer und eine Frau seit über zwei Jahren die Stellung. Ausgestattet mit einer Atombombe wartet die Crew auf die längst überfällige Ablösung. Doch niemand kommt. Sind sie besiegt oder gar die letzten Überlebenden?

Prognose: Kann ich nicht wirklich was dazu sagen, außer, dass der estländische Regisseur seit 2011 einen oscarnominierten Kurzfilm in der Filmographie stehen hat und das 2019 gestartete Drama „Truth and Justice“ in seinem Heimatland ein Kassenhit war. Die bisherigen Kritiken zu „Last Contact“ schwanken jedenfalls zwischen sehr gut und schlecht. Was ja definitiv neugieriger macht als einhellige Lobeshymnen.

Last Contact • Großbritannien 2023 • Regie: Tanel Toom • Darsteller: Kate Bosworth, Lucien Laviscount, Martin McCann, Thomas Kretschmann, Ben Pullen

 

5. The Day Of The Incredible Monster From The Center Of The Earth (2023)

Bei wem? MP Homemade Horror Als was? DVD Wann? 06.12.2023

Worum geht’s?: Monster. Monster. Und nochmals: Monster.

Prognose: Zum Abschluss noch ein Tipp für Filmfans, mit Hang für das wirklich GANZ Besondere. Michael Pollklesener hatte sich kurz nach der durch „Violent Shit“ 1989 in Deutschland losgetretenen Amateuerhorrorwelle im zarten Alter von 19 Jahren ebenfalls eine Videokamera geschnappt, Freunde und Familie zusammengetrommelt und mit null Budget, aber umso größerer Liebe zum Horrorfilm und maximalem Tatendrang „Fuck the Devil“ und ein Jahr später „Fuck The Devil 2“ gedreht und die dann in mikroskopisch kleiner Auflage auf VHS veröffentlicht. Um über 30 Jahre später so viel Aufmerksamkeit wie noch nie zuvor zu kriegen, denn 2022 brachte das US-Label Agfa (American Genre Film Archive) die beiden Arbeiten des Berliners auf einer schicken Blu-ray-Edition im Schuber heraus.

Wirklich nötig? Durchaus. Es ist natürlich Unfug sich dem Ganzen mit herkömmlichen Bewertungsstäben zu nähern, bis auf eine überraschend ordentliche Kameraführung stimmt kaum was, es sind eben Filme, die mit allem, was gerade greifbar (von Gummimessern über Spaghettisoße bis hin zu Babypuppen) im absoluten DIY-Verfahren zusammengezimmert wurden, aber gerade hier liegt auch der Charme: Man spürt trotz all der Mankos (und des schleppenden Tempos) jederzeit die übergroße Liebe zum Genre, verbunden mit der typisch jugendliche Unbefangenheit, die man sich selbst oft so sehnsüchtig wieder herbeiwünscht. Man hatte nichts außer einem Traum, aber hat halt trotzdem einfach gemacht. Am schönsten kommt das zur Geltung bei der Imitation der Kamerafahrten aus den „Tanz den Teufel“-Filmen, in denen das Böse durch den Wald saust: Die Kameraführung überzeugt zwar, aber man wusste offenbar nicht, wie man das düstere Grollen auf der Tonspur des Originals emulieren soll, weswegen das ganz simpel mit Hilfe der eigenen Stimme gelöst wurde. Schwer adäquat zu beschreiben, muss man gesehen beziehungsweise gehört haben. Dazu kommt noch, dass Pollkleseners Filme leicht anders sind als die der damaligen Kollegen: Nicht ganz so sehr an der Zuschaustellung von möglichst blutigen, gerne sadistischen Spezialeffekten interessiert, nicht so vulgär und vor allem – was den Kollegen völlig abging – mit einem Schuss Humor versehen. Außerdem fungieren die Filme um einen Killer mit telekinetischen (?) Kräften, die in der Wohnung der Familie des jungen Filmemachers gedreht wurden, mit dem Gelsenkirchener-Barock, den abenteuerlichen Frisuren und Bärten und den zahlreichen Verweisen auf die VHS-Ära (besonders prominent: an einer Zimmertür klebt ein großes „Rambo“-Poster) auch als unverfälschter, intimer Blick in eine ganz andere Zeit. DAS waren die echten Neunziger.

Doch Pollklesener widmete sich nicht nur dem Horrorfilm, der Mann ist auch lebenslanger Godzilla-Fan. Die Folge waren „The Day Of The Incredible Monster From The North Pole“ (1992) und die Fortsetzung „The Day Of The Incredible Monster From Out of Space“ (1994) (beide kann man sich auf seinem Youtube-Kanal ansehen), in denen der Liebe zu Monsterfilmen mit Muppetspuppen und Spielzeuggodzillas gefrönt wurde. Mit dem frisch gedrehten „The Day Of The Incredible Monster From The Center Of The Earth” wird die Trilogie nun abgeschlossen und offenbar scheint die Anfertigung von kuriosen Genrefilmen Familientradition zu werden, denn Michael teilte sich hier die Regie mit seiner 14-jährigen Tochter Maya, die somit noch früher am Start ist, als einst der Papa. Zu sagen gibt’s zu dem 28-minütigen Abschluss im Prinzip nicht viel, wer sich vom unten verlinkten Trailer angesprochen fühlt, wird hier viel Spaß haben – es ist bemerkenswert, wie nahtlos der Regisseur drei Jahrzehnte später an den Vorgängern anschließt. Natürlich ist das Bild nun digital und die Tonspur rauscht nicht mehr und kommt in Stereo daher, aber das ist so liebenswert verspielt, so unschuldig, wie zuvor. Als ob Pollklesener kein Stück erwachsener geworden ist, vielleicht aber hatte auch die Tochter das Sagen, man weiß ja, wie das so ist, mit Töchtern und Vätern. Die DVD kommt mit einem netten Making-of und Outtakes daher und kann für 19€ (inkl. Versand als Einwurfeinschrieben) über die Facebook- oder Instagramseite von Pollklesener erworben werden.

The Day Of The Incredible Monster From The Center Of The Earth • Deutschland 2023 • Regie: Maya und Michael Pollklesener • Darsteller:

 


„Carol & The End of the World“

und was gibt’s im TV & Internet?

The Walking Dead: Daryl Dixon, Staffel 1 – ab 08.12.2023, MagentaTV: „The Walking Dead“ wurde zwar mittlerweile beendet, dafür gibt’s jetzt das das vierte (!) Spin-off

Solar Opposites, Staffel 2 – ab 09.12.2023, Comedy Central: Free-TV-Premiere der zweiten Season der herrlich durchgeknallten Serie von „Rick & Morty“-Macher Justin Roiland und Mike McMahan.

Carol & The End of the World – ab 15.12.2023, Netflix: Eine junge Frau sucht in den letzten Monaten der Erde nach dem Sinn des Lebens. Animierte Mini-Serie von Dan Guterman, der mit „Rick & Morty“ und seiner Mitarbeit an der legendären Satire-Website „The Onion“ absolut hervorzeigenswerte Humor-Referenzen hat, was neugierig macht.

Gyeongseong Creature – ab 22.12.2023, Netflix: Koreanische Serie, über ein Monster, das aus Gier (!) geboren wurde.

What If…?, Staffel 2 – ab 22.12.2023, Disney+: Zweite Staffel der animierten Alternative zum Marvel Cinematic Universe.

Abb. ganz oben: „Aelita – Der Flug zum Mars“; Ostalgica

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