Hacker auf Bewährung

Ob Spieleproduzent Ubisoft wohl wusste, was die NSA in ihrem Kämmerchen so trieb, als sie auf der E3-Messe 2012 ihre Hackerfantasie Watch Dogs vorstellte? Die Prämisse des Spiels, das am 27. Mai für Xbox One, PS4, Xbox 360, PS3 und PC veröffentlicht wird, scheint jedenfalls in unerwarteter Richtung näher an unsere Realität herangerückt zu sein als man denkt.

Aiden Pierce, Protagonist des Open-World Titels auf Rachefeldzug, befindet sich in einem postmodernen Chicago, das die Vernetztheit eines Facebook mit der Technologie eines automatischen Heimsicherheitssystems liiert und auf die nächste Stufe gehoben hat: Das städtische Zentralprogramm CtOS verknüpft alles, was elektronisch ist – und was ist das heutzutage nicht mehr? Von Handy- und Bankdaten über Ampelsysteme und Überwachungskamera hin zu Stromversorgung und Gasleitung wird die gesamte Infrastruktur der Stadt von einem Computerprogramm geregelt – Isaac Asimovs Evitable Conflict lässt grüßen. Nur dass es diesmal nicht die Maschine ist, welche die Herrschaft über den Menschen an sich reißt, sondern der Mensch, welcher das System ausnutzt. 

Es ist eine beängstigend lebensnahe Cyberpunk-Dystopie, deren Macht Ubisoft in ihrem neuesten Titel in die Hände des Spielers legt. Nur mit einem modifizierten Smartphone bewaffnet, wird man als vom System betrogener Hacker zum Puppenspieler der modernen Metropole, in der nicht bloß alles auf Knopfdruck zu seinen Gunsten manipuliert werden kann, sondern auch der gläserne Mensch utilitaristische Realität geworden ist. Jeder Passant zeigt nach kürzestem Hinsehen seinen sozialen Status, seine Vergangenheit, seine Vorlieben und seine Kreditkartennummer. Alles zur freien Verfügbarkeit des Spielers. Wie der mit dieser Macht umgeht, ist völlig ihm überlassen – und gerade das macht den Ansatz des Titels nicht bloß spielerisch interessant, sondern stellt auch interessante Fragen an ihn.

Denn im wirklichen Leben stehen wir auf der anderen Seite von Aiden Pierces Telefon.