15. Juli 2017 1 Likes

Gesellschaftliche Apokalypse

Wie „Corruption“ von Krimi-Gott Don Winslow das SF-Genre betritt

Lesezeit: 2 min.

Wer über die zeitgenössische Krimi-Elite sprechen will, muss die Romane des Amerikaners Don Winslow gelesen haben, die sich durch einen tollen Sound, viel Coolness und eine spannende Handlung auszeichnen: „Die Tage der Toten“ und „Das Kartell“, seine großartigen Epen über den Krieg gegen die Drogenkartelle aus Mexiko. Die lässigen Krimis „Zeit des Zorns“ und „Kings of Cool“ um die Wunderkinder unter den kalifornischen Dope-Dealern. Die perfekten Surfer-Krimis „Pacific Private“ und „Pacific Paradise“. „Die Sprache des Feuers“ über einen Brandermittler, „Frankie Machine“ um einen gealterten Mafiakiller und den literarischen Actionfilm „Bobby Z“.

Mr. Winslows neuestes Werk heißt „The Force“ und ist soeben unter dem Titel „Corruption“ auf Deutsch erschienen. Der 1953 geborene Winslow erzählt darin die Geschichte des Cops Denny Malone, des knallharten Alphatiers der Manhattan North Special Taskforce. Doch so effizient Denny und seine blauen Blutsbrüder auf den Straßen von Harlem auch aufräumen – letztlich wurden sie im Laufe der Jahre immer korrupter. Sie sind ohne Frage dirty Cops, dreckige Polizisten, die jeden Tag für ein manipulierbares System und für ihren eigenen Profit in die Schlacht ziehen und längst die rote Linie übertreten haben. Als man Denny auf die Schliche kommt, kämpft er mit seinen Vorstellungen von Ehre und Loyalität, während er zugleich Freunde und Familie zu schützen versucht. Denny durchlebt also seine ganz persönliche Apokalypse. Da ist er allerdings nicht der einzige …

Don Winslow siedelt sein packendes, brachiales Polizei-Drama, das die Schrauben der Eskalation immer fester anzieht und in vielen Momenten an die großartige TV-Krimiserie „The Shield“ erinnert, im heutigen New York an, in dem politische Machtkämpfe, Korruption, Gangs, Drogen und Polizeigewalt gegen Afroamerikaner ihre Spuren hinterlassen haben. Zum Ende des Buches hin brennen sogar mehrere große Städte in ganz Amerika vor Aufständen, und hier betritt Winslow mit seinem Krimi dann eindeutig das Science-Fiction-Genre und endet mit einer geradezu apokalyptisch finster anmutenden Vision der Vereinigten Staaten. Kein Wunder, dass sich selbst Ridley „Der Marsianer“ Scott für Don Winslows erfolgreiche Romane interessiert und angeblich „Das Kartell“ auf die Leinwand bringen soll, während James „Logan“ Mangold bereits als Regisseur von „Corruption“ im Gespräch ist.

Don Winslow: Corruption • Droemer, München 2017 • 544 Seiten • Hardcover: 22,99 Euro

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