7. August 2017 2 Likes

Die Wildnis nach den Bomben

Beth Lewis’ postapokalyptischer Abenteuer-Roman „Wolf Road“

Lesezeit: 3 min.

Nach „Company Town“ präsentiert der dieses Jahr frisch an den Start gegangene Arctis Verlag das nächste Science-Fiction-Werk in einem schön aufgemachten Hardcover und der guten Übersetzung von Kerstin Fricke: „Wolf Road“, das Romandebüt der britischen Autorin Beth Lewis, die sich in London als Redakteurin bei Titan Books um Bildbände kümmert und die selbst schon abenteuerliche Reisen unternahm, in deren Verlauf sie Bären, Wölfen und Weißen Haien ganz nahe kam. Entsprechend wild geht es in ihrem ersten Buch auch zu, das obendrein als E-Book und als von Leonie Landa eingesprochenes Hörbuch erhältlich ist.

Die Geschichte setzt in einer rauen postapokalyptischen Welt ein, in der die moderne Zivilisation wegen der so genannten Riesendummheit untergegangen ist. Allem Anschein nach regneten im Krieg viele russische Bomben auf Nordamerika nieder, und das ist dem Land nicht allzu gut bekommen. Wo das frühere British Columbia zum Beispiel nicht vergiftet wurde, herrscht jetzt wieder überall die Wildnis, in der die Menschen trotz des einen oder anderen Generators wie zur Zeit des großen Goldrausches am Yukon River leben und Tag für Tag ums Überleben kämpfen. Gegen heftige Stürme, Hunger, Raubtiere und nicht zuletzt gegen einander, da Habgier und Grausamkeit das Ende der alten Welt überstanden haben. Die siebenjährige Elka wird sogar von einem besonders grausamem Mann großgezogen, dessen Namen sie lange nicht kennt und den sie daher schlicht Trapper nennt. Er bringt ihr bei, wie man im Wald überlebt, und wie man sich um seinen eigenen Kram kümmert, und dafür liebt sie ihn. Doch Trapper soll Elkas großer Fluch werden, sobald sie die Wahrheit über ihn herausfindet, der sich wie ein Makel auf Elka legt und sie auf ihrer weiten Reise auf der Straße des Wolfes begleitet, die von reichlich Gefahren und Widrigkeiten – und nur wenigen Vergnügen oder Gefährten – gesäumt ist. Die junge Fährtenleserin und Jägerin ist nach Trappers Lektionen wahrlich keine zimperliche Person. Dennoch konfrontierten sie die hungrige Wildnis und die noch hungrigeren Siedlungen darin mit zahlreichen Problemen und Erkenntnissen, die ihr geistig wie körperlich schaden …

Der eine oder andere mag es sich bereits denken: „Wolf Road“ bedient natürlich ohne Zweifel das postapokalyptische Sujet, ohne dass sich das je in den Vordergrund spielen oder gar jemanden verschrecken würde, der nichts mit dieser populären Spielart der Science-Fiction anzufangen versteht. Fans klassischer Western- und Abenteuerstoffe fühlen sich hier genauso wohl wie Freunde mustergültiger Survival-Thriller oder intensiver Geschichten in der genre-transzendierenden Manier von Cormac McCarthys „Die Straße“, obwohl an dieser Stelle jetzt kein direkter Vergleich gezogen werden und lediglich eine ungefähre Richtung angegeben werden soll. So oder so ist Beth Lewis ganz nah dran an ihrer jungen Ich-Erzählerin, die zudem einen ganz eigenen Sound hat. Elkas Ton passt zu ihrem ruppigen, misstrauischen Charakter und ihrer animalischen Weltsicht, und ihre Metaphern drehen sich alle um Grizzlys oder Hasen – die Dinge, mit denen sie aufwuchs und die sie kennt, mit denen sie jederzeit umgehen kann.

Dank der Verbindung, die man nach rund 50 Seiten zu ihr herstellt, ist„Wolf Road“ ein starkes, schonungsloses postapokalyptisches Abenteuer, das auch dem großen Jack London gefallen hätte.

Beth Lewis: Wolf Road • Arctis, Hamburg 2017 • 415 Seiten • Hardcover: 22,00 Euro

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