19. September 2019 1 Likes

Im Dschungel der Sterne

James Gray schickt Brad Pitt in „Ad Astra“ auf Sinnsuche

Lesezeit: 3 min.

In den ersten Jahren seiner Karriere machte sich der aus New York stammende Regisseur James Gray mit Dramen einen Namen, die allesamt unmittelbar im Großstadtdschungel spielten, in dem er aufwuchs. Inzwischen jedoch geht sein Blick weniger in die intimen Subkulturen New Yorks hinein, als in die große, weite Welt: In „Die versunkene Stadt Z“ in den echten Dschungel, nun in „Ad Astra“ in die Weiten des Weltalls – was für Gray prinzipiell dasselbe ist.

Der Sinnsuchende heißt diesmal Major Roy McBride und wird von Brad Pitt in dauernder, dräuender Nachdenklichkeit gespielt. McBride ist in der nahen Zukunft Astronaut, der vergeblich versucht, dem Namen seines berühmten Vaters Clifford (Tommy Lee Jones) gerecht zu werden. Dieser gilt unter Astronauten als Legende, weil er sich weiter ins Weltall vorwagte, als jeder andere. Zuletzt war er um den Neptun aktiv – und scheint dort überlebt zu haben. Jahrelang hat man nichts von ihm gehört, doch nun haben Strahlenimpulse auf der Erde schwere Schäden angerichtet und der Schuldige scheint Clifford McBride zu sein.

Um den Vater mit einer Botschaft zu besänftigen muss Roy bis auf den Mars reisen, den entferntesten Außenposten der Menschheit. Auf dem Weg dorthin geht es zunächst per Linienflug zum Mond, der sich wie ein Wildwest-Posten ausnimmt: Auf dem Raumbahnhof finden sich zwar noch Filialen von Starbucks und Co., in Richtung der dunklen Seite beherrschen kriminelle Banden auf der Jagd nach Rohstoffen die Mondoberfläche.

Wen diese Stationen, inklusive Geheimnistuerei und internationaler Besatzungen, an Kubricks „2001“ erinnern liegt ebenso wenig falsch wie jemand, der bei dieser Reise ins Herz der Finsternis an Coppolas „Apocalypse Now“ denkt. Schon immer war Gray ein postmoderner Regisseur, der seine Inspiration auch aus dem Kino nimmt, in seinem Fall vor allem dem New Hollywood der 70er Jahre. Meist stimmt bei ihm jedoch die Balance, meist gelingt es ihm, gleichermaßen Hommage zu sein, aber auch etwas eigenes, originäres zu erzählen. In „Ad Astra – Zu den Sternen“ jedoch schwingt das Pendel ein wenig zu sehr in Richtung Hommage.

So präzise die Ausstattung der Raumschiffe und -stationen auch ist, so beiläufig Gray das Leben und Arbeiten im Weltraum inszeniert, so dünn wird die Sinnsuche auf Dauer. Mit 40 Jahren Abstand mögen sich auch manche der Dialoge zwischen Brandos Colonel Kurtz und Martin Sheens Captain Willard wie Klischees anhören, doch das liegt nur daran, dass sie seitdem immer wieder kopiert wurden. Der einsame Forschungsreisende, der in fremden Ländern oder eben in der Einsamkeit des Universums zunehmend den Verstand verloren hat? Allzu viele Science-Fiction-Dramen haben dieses Motiv in den letzten Jahren variiert, als das Gray und Pitt hier Neues oder gar Ungewöhnliches hinzufügen könnte.

Interessant ist es vor allem „Ad Astra – Zu den Sternen“ als Gegenstück zu „Die versunkene Stadt Z“ zu verstehen. Dort versuchte der Forschungsreisende Percey Fawcett, im viktorianischen England den Ruf seiner Familie reinzuwaschen und steigert sich in die Legenden einer verlorenen Stadt, tief im Amazonas Dschungel hinein. Hier ist es wieder ein einsamer Mann, dem der Beruf, die Berufung, wichtiger ist als die Familie, der mit einer Vater-Figur und unerforschten Welten ringt. Allein was die beiden Sinnsuchenden am Ende ihrer Reisen finden könnte unterschiedlicher nicht sein.

„Ad Astra – Zu den Sternen“ startet am 19. September im Kino. Abb.

Ad Astra – Zu den Sternen • USA 2019 • Regie: James Gray • Darsteller: Brad Pitt, Tommy Lee Jones, Liv Tyler, Ruth Negga

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