A Tale of Light and Darkness
Der First-Person-Puzzler „The Sojourn“ weckt mit Bilderbuchkulisse den Knobler in uns
Wie mittlerweile viele andere Studios im hart umkämpften Markt der Indie-Adventures, versuchen auch die Engländer von Shifting Tides, uns mit einer Mischung aus kryptischer Narration und zugänglichem Puzzle-Gameplay für ihre jüngste Schöpfung The Sojourn zu begeistern, die seit Ende September für PS4, Xbox One und PC erhältlich ist.
In klassischer First-Person-Ansicht spazieren wir darin als nicht näher bezeichnete Existenz in einem etwas zu gemächlichen Tempo durch eine verfallene antike Stadt und lösen in einzelnen Räumen vorgegebene Knobelreinlagen. Geführt werden wir nur von einem Licht, das uns die Richtung durch die Stadt vorgibt und uns an mysteriösen Statuen vorbeiführt oder uns opulente Portale zu neuen Arealen aufschließt. Verlaufen ist in The Sojourn ebenso wenig möglich wie der Verlust von Items oder Sterben. Selbst wenn wir einmal in einen der tiefen Abgründe stürzen, teleportiert uns die KI wieder an unseren angestandenen Platz. Der Fokus liegt somit ausschließlich auf den Rätseln.
Gestalten sich die Aufgaben anfangs noch recht simpel, haben wir es nach gut einer Stunde mit Kopfnüssen zu tun, die logisches Denken mit Einbeziehung mehrerer Variablen beinhalten. Besonders stark kommt dabei der Wechsel zwischen Licht und Schattenwelt, Schalter- und Bodenplattenkombinationen mithilfe von verschiebbaren Statuen oder der Einsatz von Harfen zur temporären Reparatur von Brücken zu Einsatz. Mittels angenehmer Lernkurve implementieren die Macher immer mehr solcher Aspekte und kombinieren das Ganze zu einem von entspannender Musik getragenen Puzzler mit wenig Ablenkung und gutem Handling. Frust kommt praktisch nie auf und auch ohne einstellbaren Schwierigkeitsgrad und optionale Tipps, lassen sich alle Aufgaben mit etwas Hirnschmalz und Probieren bewältigen.
Leider verpasst es das Geschehen, uns eingängiger mit seiner Spielwelt vertraut zu machen und uns insgesamt mehr an die Hand zu geben, um unser Tun besser zu verstehen. Zwar geben Statuen von Eltern mit Kind, Szenarien wie eine Bibliothek und eine Waffenkammer, verschiedene Schriftrollen und mehrere Einblendungen im Kontext der einzelnen Rätselareale lose Anhaltspunkte über Metaphorik und mögliche Story-Brocken. Allerdings wirkt The Sojourn trotz alle dem selbst im Vergleich zu den ohnehin meist sehr abstrakten Genre-Kollegen karg und zu penibel mit seinen Hinweisen, um Spieler auf dieser Ebene wirklich zu fesseln und Empathie zu erwecken. Leicht verschenktes (Story-)Potenzial muss man da leider konstatieren.
Das trifft wiederum nicht auf die zwar wenig spektakuläre, aber wirksam eingesetzte Grafik zu, die uns mit ansehnlichen Bauten voller Weitblick umarmt. Ohne technische Mängel serviert uns Shifting Tides somit ein pittoreskes Setting a la Rime (hier unser damaliger Review), in dem sogar einige alternative (deutlich schwerere) Rätsel und Bonuswege abseits der Pflichtaufgaben warten und für weitere Abwechslung sorgen. So steigt die Spielzeit dieses mit rund 22 Euro doch recht teuren Vergnügens weiter an und hält Knobler je nach Lösungsansatz zusätzlich auf Trab.
Fazit
Schön gemachter, sehr gemächlicher Puzzle-Spaß mit angenehmer Spielbalance, dem es leider an einer wirklich mitreißenden Narration fehlt.
The Sojourn • Shifting Tides/Iceberg • Puzzle-Adventure • PS4, Xbox One, PC
Abb. © Shifting Tides/Iceberg
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