Heimkino-Highlights im November
Neues und Altes jenseits des großen Saals
Jeden Monat die gleiche quälende Frage angesichts eines Bergs von Neu-Veröffentlichungen: „Was lohnt sich?“ – regelmäßige Hinweise der Redaktion sollen das Leben zumindestens ein wenig leichter machen!
1. Der große Krieg der Planeten (1977)
Bei wem? White Pearl/Soulfood Als was? Blu-ray Wann? 08.11.2019
Worum geht’s? Ufos von der Venus greifen die Erde an und zerstören innerhalb weniger Stunden alle großen Städte. Die letzte Hoffnung der Menschheit ist das Raumschiff „Gothen“, das allerdings noch nicht vollendet wurde. Fieberhaft wird an der Fertigstellung gearbeitet und schließlich gelingt es die feindlichen Ufos auf der Erde zu zerstören, aber die Gefahr ist noch nicht gebannt. Die „Gothen“ macht sich auf den Weg zur Venus, um die restlichen feindlichen Invasoren zu besiegen …
Prognose: Eine aus einer Reihe von japanischen Antworten auf den „Krieg der Sterne“ der Amerikaner (die in Deutschland übrigens zwei Wochen vor George Lucas’ Epos zu sehen war) und wie so oft bei den Japanern ist alles ein Spur drolliger. Da explodieren liebevoll errichtete Pappkulissen, wird pseudowissenschaftlich (Televisor, Absorbierer …) rumgeschwafelt, dass einem die Birne brummt, nur um auf schwerwiegende Probleme mit einem lapidaren „Wird schon wieder!“ zu reagieren und die Tochter eines Professors darf während einer Geiselnahme mit Unterwäsche aus schwarzem Leder entzücken. Wer auf herrlich naiven, unschuldigen Stoff steht, der zudem unverhältnismäßig engagiert runtergespielt wird (was den Fun-Faktor natürlich noch zusätzlich erhöht), liegt hier richtig. Irritierend aber: Die Blu-ray kommt mit deutscher, amerikanischer und japanischer Originaltonspur, hat aber keinerlei Untertitel? Hallo? Wir haben 2019!?
Der große Krieg der Planeten • Japan 1977 • Regie: Jun Fukuda • Darsteller: Kensaku Morita, Yûko Asano, Ryô Ikebe, Masaya Oki, Hiroshi Miyauchi, Shuji Otaki, Katsutoshi Atarashi

2. The Riffs – Die Gewalt sind wir (1982)
Bei wem? X-Cess Als was? Mediabook (Blu-ray & DVD) Wann? 08.11.2019
Worum geht’s? Ann, die mit der Vollendung ihres 18. Lebensjahres die mächtige Manhattan Cooperation von ihrem Vater erben soll, hat genug vom Schnöselleben der Upperclass. Sie sucht Zuflucht in der Bronx, wo sie beim Anführer der Rockergang The Riffs, genannt Trash, landet und sich innerhalb von dreieinhalb Minuten unsterblich in das langhaarige Kraftpaket verliebt. Anns Vater setzt allerdings alles daran, seine Tochter nach Manhattan zurückzubringen. Dafür nimmt er sich den brutalen Polizisten Hammer zu Hilfe, der zur skrupellosen Jagd auf Trash und seine Gang bläst …
Prognose: Okay, okay, hier muffelt’s gleich nach gnadenloser Eigenwerbung, da das Mediabook mit einem 16-seitigen Booklet daherkommt, in dem sich ein Text vom Autor dieser Zeilen befindet, aber der Hinweis auf die Veröffentlichung ist aufrichtig gemeint und von inniger, jahrelanger Liebe zum Italo-Kino der 70er- und 80er-Jahre geprägt. Natürlich wird bei den Amis geräubert (in diesem Fall John Carpenters „Die Klapperschlange“ und „Die Warriors“), aber die Italiener kochen auch hier wieder ihr ganz eigenes meditarrenes Süppchen und so wimmelt es vor drolligen Absonderlichkeiten von denen die größte wohl der in einem Fitnessstudio entdeckte Hauptdarsteller Mark Gregory darstellt, der in viel zu engen Jeans mit einem wirklich unbeschreiblichen Mir-platzen-gleich-die-Eier-Gang selbst die am Set anwesenden Hells Angels zum Lachen brachte. Der Punkt ist aber: Obwohl „The Riffs“ in seiner für italienischen Produktionen dieser Zeit so typischen Unbedarftheit gelegentlich ein wenig wirkt, als ob eine Horde zu groß geratener Kleinkinder Kinomomente nachspielt, sollte man das Ganze nicht vorschnell unter „Trash“ ablegen, denn – und das wird von kunstfeindlichen Schwachsinnssendungen wie „Die schlechtesten Filme“ und anderen Höhö-Kulturfaschisten gerne übersehen – die Dystopie ist durchaus kompetent gemacht. „The Riffs“ punktet auf formaler Ebene mit exzellenten Breitwand-Bildern von Sergio Salvati (der während seiner Karriere Horror-Papst Lucio Fulci ganze 11mal mit alptraumhaften Bildern ausstattete) und Regisseur Enzo G. Castellari wird nicht ohne Grund als „Sam Peckinpah Italiens“ bezeichnet, die dynamisch montierten, zeitlupengetränkten, intensiven Actionszenen können sich sehen lassen.
Ein Film mit Ecken und Kanten ja, aber einer mit dem Herz am rechten Fleck.
The Riffs – Die Gewalt sind wir • Italien 1982 • Regie: Enzo G. Castellari • Darsteller: Mark Gregory, Vic Morrow, Christopher Connelly, Fred Williamson, Stefania Girolami Goodwin

3. The Riffs II – Flucht aus der Bronx (1983)
Bei wem? X-Cess Als was? Mediabook (DVD & Blu-ray) Wann? 08.11.2019
Worum geht’s? Die Bronx soll von korrupten Politikern wegen eines gigantischen Bauprojekts komplett in Schutt und Asche gelegt werden. Den alten Bewohnern winken offiziell Kompensationen und neue Wohnungen in New Mexico, aber wie schon der Auftakt eindrucksvoll zeigt: Wer muckt, macht mit dem Flammenwerfer Bekanntschaft. Verantwortlich für die gnadenlose Rausschmeißaktion ist der ehemalige Gefängniswärter Floyd Wrangler. Doch eines Tages grillt Wrangler Trashs Eltern, was diesen natürlich gewaltig ansäuert …
Prognose: Die Fortsetzung knüpft auf eher lockere Weise an den Vorgänger an, aber wer Kohärenz erwartet, guckt eh was anderes als italienisches Kino aus dieser Zeit. Leider ist aber die Verspieltheit etwas abhanden gekommen, es wird weitaus mehr auf – allerdings gewohnt gut inszenierte – Action gesetzt und das in oft recht ähnlichen Sets. Dennoch: Auch der zweite Teil sorgt für großes Vergnügen: Nicht nur, dass Trash ohne je Nachzuladen ganze Wagenladungen an behelmten Befehlsempfängen wegholzt, es gibt einen achtjährigen Knirps, der munter durch die Gegend ballert und ebenso fit im Bombenlegen und Granatenwerfen ist! Der größte Pluspunkt aber: Antagonist Wrangler wird von keinem geringeren als Henry Silva im allergeilsten Boss-Modus („Was sagen die Jungs von der Einsatzzentrale?“ – „Das ist mir scheißegal. Ich mach sowieso was ich will!“) gespielt und allein der Blick, als ihm der falsche Kaffee serviert wird, ist unbezahlbar: Man weiß sofort, dass sich die Leichenberge demnächst nur so türmen werden … (und ja, der Verfasser dieser Zeilen ist wieder für den Inhalt des Booklets verantwortlich)
The Riffs II – Flucht aus der Bronx • Italien 1983 • Regie: Enzo G. Castellari • Darsteller: Mark Gregory, Henry Silva, Valeria D’ Obici, Giancarlo Prete, Paolo Malco, Ennio Girolami

4. TC 2000 – Eine blutige Mission (1993)
Bei wem? NSM Als was? Blu-ray Wann? 04.11.2019
Worum geht’s? In einer finsteren Zukunft ist die Erde durch starke Umweltbelastung stark geschädigt und die Rohstoffe sind knapp. Ein Teil der Menschheit führt unter der Erde ein angenehmes Leben, während der Rest auf der Oberfläche mit allerhand Problemen zu kämpfen hat. Gangs von oben versuchen immer wieder nach unten zu gelangen, weshalb dort Einheiten von so genannten Trackern für Ordnung sorgen. Doch machtgierige Gesellen beider Parteien arbeiten zusammen, weswegen die Partnerin von Tracker Jason eines Tages erschossen wird und Jason auf Rachefeldzug geht …
Prognose: … oder irgendwie so halt, bei „TC 2000“ handelt es sich um klassisches Videothekenfutter der frühen Neunziger-Jahre: Kostengünstig, aber nicht trashig (man sieht zwar, dass der Geldbeutel schmal war, aber es wurde das Beste draus gemacht – atmosphärisch können vor allem die ersten Minuten auftrumpfen) und mit Mimen der dritten Garnitur besetzt, deren Talente vor allem im variantenreichen Draufhauen liegen (geballert wird nur ganz wenig). Und wer mit Nonstop-Kloppereien was anfangen kann, kommt hier durchaus auf seine Kosten, denn mit Tae-Bo-Erfinder Billy Blanks, Martial-Arts-Urgestein Bolo Yeung und „Beirut’s Steven Seagal“ Jalal Merhi sind immerhin gleich drei versierte Dreschflegel am Start. Randnotiz: Debütfilm von Regisseur T.J. Scott, der danach ins Fernsehen abgewandert ist und vor allem mit seiner extrem gut besprochenen und preisgekrönten Arbeit an „Orphan Black“ Wellen geschlagen hat (die entsprechenden Folgen kann man sich auf Scotts offizieller Webseite in voller Länge ansehen!)
TC 2000 – Eine blutige Mission • USA 1993 • Regie: T.J. Scott • Darsteller: Billy Blanks, Kelly Gallant, Matthias Hues, M.J. Kang, Jalal Merhi, Bolo Yeung, Alex Appel

… und was gibt’s im TV & Internet?
• Watchmen, Staffel 1 – ab 04.11.2019, Sky Atlantik: Der Comic-Klassiker von Alan Moore und Dave Gibbons in Serienform. Der ein oder andere wird angesichts der Tatsache, dass „Lost“-Mastermind David Lindelof als Showrunner fungiert, entsetzt mit den Augen rollen, aber Lindelof hat mit „The Leftovers“ bewiesen, dass er komplexe Stoffe schultern kann und ist bekanntlich seit Jahren großer Fan der Vorlage: Wird was!
• She-Ra and the Princess of Power, Staffel 4 – ab 05.11.2019, Netflix: Das ging aber schnell: Bereits die vierte Runde des erst Ende letztes Jahr gestarteten Reboots, das vom Fleck weg in die Herzen von Kritikern wie Fans hüpfte.
• War of the Worlds, Staffel 1 – ab 06.11.2019, Fox: Nein, nicht die kommende Version der BBC, H.G. Wells‘ Sci-Fi-Überklassiker wurde gleich zweimal in Serienform gepresst. Hierbei handelt es sich um eine amerikanisch-französische Produktion, die ähnlich wie Steven Spielbergs Kinofilm von 2005 in der Jetztzeit spielt und ein „Re-imagining“ sein soll. Da sich mit Howard Overman („Misfits“) nicht gerade der schlechteste Name um die Serie kümmert, hoffen wir jetzt mal das Beste …
• Rick and Morty, Staffel 4 – ab 11.11.2019, TNT Comedy: Muss man nix zu sagen. Geil. Angucken!
• The Man in the High Castle, Staffel 4 – ab 15.11.2019, Amazon: Die letzte Staffel der populären Alternate-History-Serie nach Philip K. Dicks Roman-Klassiker.
Großes Bild ganz oben: „Der große Krieg der Planeten“, White Pearl/Soulfood
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