John Marrs’ neuer Roman „The Watchers“
Menschen als Datenträger in der Welt von „The One“ und „The Passengers“
Der Engländer John Marrs schrieb einige Thriller, bevor er sich der Science-Fiction zuwandte. Netflix adaptierte dann sogar seinen SF-Roman „The One – Finde dein perfektes Match“ (im Shop) über das Finden des idealen Partners via genetischer Datenbank. Nach „The Passengers – Du entscheidest über Leben und Tod“ (im Shop), in dem selbstfahrende Autos gehackt, entführt und in spektakuläre Todesfallen verwandelt wurden, liegt mit „The Watchers – Wissen kann tödlich sein“ (im Shop) nun Marrs neuester Roman bei Heyne in der Übersetzung von Felix Mayer auf Deutsch vor.
Das Buch, im Original unter dem Titel „The Minders“ erschienen, beginnt mit neuerlichen Angriffen des gefürchteten Hackerkollektivs. Um ihren Fundus an Daten und Geheimnissen zu beschützen, lagert die britische Regierung all ihre Unterlagen analog auf Sattelschlepper und ein Frachtschiff aus, deren ewige, unberechenbare Rundfahrten aus der Ferne überwacht werden. Doch als selbst diese Methode nicht mehr sicher ist, greift man zu noch extremeren Maßnahmen: Mittels eines viralen Puzzles wird eine bestimmte Sorte Mensch gesucht, welche dafür geeignet ist, die britischen Datenkronjuwelen genetisch implantiert zu bekommen, um sie später gegebenenfalls wieder extrahieren zu können. Unter der Handvoll Leute, die als so genannte Wächter in Frage kommt, sind auffallend viele Männer und Frauen, die ihr altes, oft von Verlust und Schmerz erfülltes Leben unbedingt abhaken und hinter sich lassen wollen, die bereitwillig abhauen, abtauchen und eine völlig neue Existenz beginnen. Während es manche Wächter an abgelegene Orte auf den britischen Inseln verschlägt, wo sie neue zwischenmenschliche Schwierigkeiten finden, wird einer von ihnen sogar zum rachsüchtigen Killer, und ein anderer zum Soziopathen, der einfach nur wieder etwas fühlen will. Das hat oft mit den Nebenwirkungen ihrer neuen Funktion als „menschliche Datenträger“ zu tun. Und natürlich sind die Wächter aufgrund der von ihnen in der Anonymität gehüteten Geheimnisse, für die andere töten würden, am Ende in großer Gefahr …
John Marrs nimmt eine offensichtliche, im Konzept ganz harte Cyberpunk-Idee, nur um sich in einer überraschend soften Umsetzung dann einen Großteil seines Romans um die neuen Leben seiner Figuren zu kümmern. Die beschreibt er einmal mehr in rotierenden, knackig-kurzen und stets sehr fluffig zu lesenden Kapiteln, die er in der zweiten Hälfte des Buches mitunter heftig und unerwartet eskalieren lässt. Dadurch legt der englische Erfolgsautor, der lange als Journalist gearbeitet hat, am Ende wieder einen äußerst menschlichen Techno-Thriller und Science-Fiction-Roman vor, der durchaus davon profitiert, dass der Brite sympathische, interessante Charaktere erschaffen und schreiben kann.
Schön ist außerdem, dass Marrs seinen eigenen, mittlerweile ja multimedialen SF-Kosmos weiter ausbaut und seine Zukunftsgeschichten buchübergreifend miteinander verknüpft. Denn „The Watchers – Wissen kann tödlich sein“, übrigens aus der Abteilung Post-Brexit und Post-Corona, ist an „The One – Finde dein perfektes Match“ und „The Passengers – Du entscheidest über Leben und Tod“ angebunden, setzt diese Romane und Marrs’ Near-Future-Weltenbau teils sogar direkt fort, was weit über eine kleine Referenz oder ein Easter Egg für Fans hinaus geht. Sollte jemand diese beiden vorangegangenen Bücher bisher nicht gelesen haben, stellt das jedoch kein Problem dar, Marrs wacht trotzdem über die Zugänglichkeit aller Daten.
John Marrs : The Watchers - Wissen kann tödlich sein • Roman • Aus dem Englischen von Felix Mayer • Wilhelm Heyne Verlag, München 2021 • 544 Seiten • als Paperback und E-Book erhältlich • Preis des E-Books: € 12,99 • im Shop
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