29. November 2022

B-Movie-Auteur Albert Pyun mit 69 Jahren gestorben

Bald als Cyborg wieder unter uns?

Lesezeit: 3 min.

Es war keine große Überraschung, denn der Mann litt schon seit einigen Jahren an Multipler Sklerose und Demenz, vergangenen Samstag fiel für Regisseur und Drehbuchautor Albert Pyun dann aber die allerletzte Klappe.

Pyun startete 1982 mit dem Fantasy-Abenteuer „Talos im Kampf gegen das Imperium“ überaus erfolgreich seine Karriere, die sich dann allerdings in eine spezielle Richtung entwickelte. Der er am 19. Mai 1953 auf Hawaii geborene Filmemacher spezialisierte sich auf preisgünstige Produktionen, wechselte die Genres entsprechend der jeweiligen Trends, wurde trotz beachtlichem Output (48 Filme, gut die Hälfte davon in den 90ern gedreht) aber nie zum gesichtslosen Fließbandkurbler, sondern zeichnete sich durch eine gewisse Eigenwilligkeit aus, die ihn schnell berühmt und berüchtigt werden ließ und ihm Hass, Häme und Ed-Wood-Vergleiche, aber auch Fans einbrachte.


„Cyborg“

Ich würde mich vielleicht nicht unbedingt als Fan bezeichnen, aber ich halte das Gebashe für schnöseligen, ahnungslosen Schwachsinn. Erstmal: Pyun war ganz gewiss kein schlechter Regisseur. Wer das behauptet, hat noch nichts Schlechtes gesehen. Selbst die notorischen Miesepeter vom „Lexikon des Internationalen Films“ bescheinigten seiner 1985 erschienenen Sci-Fi-Komödie „Radioactive Dreams“, „fotografische Ehrgeizigkeit“ und auch sonst wurde selbst in den übelsten Verrissen die formale Seite immer mal wieder gelobt. Was den Inhalt seiner Filme betrifft, kristallisierte sich allerdings schnell ein Problem raus, dass ich bereits im September anlässlich der Neuveröffentlichung seines vermutlich bekanntesten Werks „Cyborg“ (1989) beschrieben hatte: Seine Visionen korrespondierten nur selten mit der Realität: Pyun hatte oft einfach nicht die Möglichkeiten seine Ideen adäquat umsetzen zu können, scheiterte aber meistens auf solch interessante Weise, dass selbst einem zurechtgestutzten, stumpfen Klopperfilm wie dem Jean-Claude-Van-Damme-Vehikel noch was eigenes, durchaus kunstvolles anhaftet.

Apropos „Cyborg“: Pyun war dem Science-Fiction-Film eng verbunden und kehrte fast schon manisch immer wieder zu den gleichen Motiven zurück, was ihn nicht nur zu einem B-Kurbler, sondern auch zu einem Autorenfilmer macht. Viele seiner Arbeiten kreisen besonders um das Thema „Mensch vs. Maschine“, Cyborgs sind in seinem Werkverzeichnis keine Seltenheit (neun Filme, wenn ich mich nicht verzählt hab) und es sind auch die Filme, mit denen er am meisten verbunden wird.


„Nemesis“

„Cyborg“ dürfte der berühmteste Film sein, aber als absolutes Highlight seines Schaffens gilt ein anderer Cyborg-Actioner, nämlich Nemesis“ (1992), hier konnte der freundliche und sehr auskunftsfreudige Workaholic tatsächlich mal beweisen, dass ihn ihm einiges steckt. Und dann gibt’s Filme wie „Das Alien vom Highway“ (1990), die man wirklich nur mit viel guten Willen durchstehen kann, dafür aber mit einer amüsanten Hintergrundstory aufwarten: Pyun war so sauer, dass seine Schnittfassung von „Cyborg“ in Ungnade fiel und die Produktionsfirma Cannon Nachdrehs wollte, dass er die Kulissen nutzte, um in drei Nächten klammheimlich einen weiteren Film zu drehen, der im Original „Deceit“, also Täuschung, Betrug, heißt. Die Pointe: Das Resultat legte er Cannon vor und die Firma war dermaßen beeindruckt von dieser Dreistigkeit, dass sie ihm den Film abkauften und ihn auch veröffentlichten.

Jedenfalls: Pyun war eine Nummer für sich und ich kann nur raten sich mal mit offenen Herzen den ein oder anderen Film anzuschauen, empfehlenswert ist auch das 2019 erschiene Buch „Radioactive Dreams: The Cinema of Albert Pyun“ von Justin Decloux, ein äußerst unterhaltsamer Trip durch die Welt dieses wundersamen Zelluloid-Künstlers.

Foto ganz oben: slashfilm

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