2. März 2023

„Der Schwarm“ – Die Natur schlägt zurück

Eine Verfilmung von Frank Schätzings Roman-Bestseller

Lesezeit: 3 min.

Vor gut 20 Jahren erschien ein Roman eines mittelbekannten Kölner Krimi-Autors, der sich zu einem Weltbestseller entwickelte: Frank Schätzings „Der Schwarm“ war seiner Zeit voraus, breitete auf fast 1000 Seiten ein weltumspannendes Figurenensemble aus, das gegen eine seltsame Schwarmintelligenz kämpfte, die Einfluss auf Wale und Krabben, Meere und Gezeiten, kurz, die Biosphäre nahm und die Menschheit bedrohte.

Kein Wunder, dass bald von einer Verfilmung des Romans die Rede war, die Rechte wurden schnell nach Hollywood gekauft, mal war Ridley Scott als Regisseur im Gespräch, mal Uma Thurman als Hauptdarstellerin. Warum aus diesen Träumen nichts wurde, warum es nun „nur“ zu einer internationalen Serie unter ZDF-Führung gereicht hat, erzählt einiges über die Faszination des Stoffes, aber auch die Schwierigkeit ihn umzusetzen.

Vor einigen Tagen schrieben wir an dieser Stelle nach Sichtung der ersten beiden Folgen, die auf der Berlinale ihre Weltpremiere hatten, von einer eher dürftigen Serie, die zäh beginnt, sehr viele Figuren einführt und kaum verrät, warum sie mit einem Budget von 40 Millionen Euro die teuerste deutsche Serie aller Zeiten sein soll, sogar noch teurer als „Babylon Berlin.“ Inzwischen sind wir vier Folgen weiter und können sagen: Ja, die Serie zieht an, allerdings sehr langsam.

Dass auf der ZDF-Seite zur Serie gleich von 13 Hauptcharakteren die Rede ist, deutet an, woran es hakt, auch wenn manche dieser Figuren nur sporadisch auftauchen, etwa ein von Moderator Klaas Heufer-Umlauf gespielter Sicherheitsmensch, der nur finster auf Monitore schaut und sehr selten mal ein „Sofort, Herr Kapitän“ zum ebenfalls arg unterbeschäftigten deutschen Serien-Faktotum Oliver Masucci raunen darf. Bis all diese Figuren eingeführt sind, dauert es sehr lange. Um sie zu mehr oder weniger komplexen Figuren zu formen, dachten sich die Serienmacher auch noch allerlei Liebeleien in Gegenwart und Vergangenheit aus, die wohl zum Urteil „es pilchert“ führte, mit dem sich Autor Frank Schätzing von der Serie distanzierte.

Rund um die Welt sind die Wissenschaftler diverser Kategorien verteilt, um die es geht, in Schottland Charlie Wagner (Leonie Benesch), auf Island Sigur Johanson (Alexander Karim), in Marseille Cécile Roche (Cécile de France), in Kanada Leon Anawak (Joshua Odjick), dazu Laborratten, zwielichtige Geschäftsleute und Vertreter der UNO. Sie alle sorgen sich um global auftretende Ereignisse, die zu aggressivem Walverhalten führen, Mikroben mutieren und Tsunamis entstehen lassen. Was dahinter steckt verrät schon der Titel: die oben genannte, unbekannte Schwarmintelligenz, die die Menschheit bedroht.

Was man vor 20 Jahren noch als abstruse Science-Fiction abtun konnte, wirkt heute, angesichts zunehmend extremerem Wetter, von Hitzewellen über Erdbeben bis zu Überschwemmungen, fast wie ein Blick in die Nachrichten. Als Intelligenz kämpft die Erde zwar nicht gegen die Menschheit, aber man muss nicht mythisch werden, um die momentane Entwicklung als Kampf des Menschen um sein Überleben zu betrachten.

Zeitgemäß ist „Der Schwarm“ also allemal, vielleicht auch zu sehr, um als fiktives Serienprodukt zu überzeugen. Abgesehen von den unnötig anmutenden Pilcher-Momenten bleibt die Serie betont sachlich und ebenso wissenschaftlich fundiert wie Schätzings Roman. Das verleiht ihr Substanz, verhindert aber auch die mögliche Spannung, die bei einem phantastischeren, aber auch dichteren Erzählen möglich gewesen wäre. Vielleicht deswegen wirken die zahlreichen Dokumentationen, die das ZDF zum Serienstart in der Mediathek bereitstellt, oft spannender als „Der Schwarm“ selbst. Um die Gefahr, die von Walen ausgehen kann, geht es hier, um tatsächliche Formen von Schwarmintelligenz im Tierreich und natürlich die Umweltkatastrophen, denen sich der Mensch immer häufiger stellen muss. Immerhin dieser interaktive Ansatz wirkt modern und nutzt die aktuellen Möglichkeiten, was man von der akzeptablen, aber nicht wirklich aufregenden Serie nur bedingt behaupten kann.

Der Schwarm • Deutschland, Österreich, Belgien, Italien, Schweiz, Frankreich, Japan 2023 • Darsteller: Alexander Karim, Cécile de France, Leonie Benesch, Joshua Odjick, Krista Kosonen, Barbara Sukowa, Takehiro Hira, Sharon Duncan-Brewster • 8 Teile, 6.-9. März je zwei Folgen im ZDF, ab 6. März auch komplett in der Mediathek

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