„Stranger Things, Staffel 5, Teil 1“: Das Ende naht – aber es lässt sich Zeit
Der Netflix-Hit geht weiter und wird zum Teil zu seinem eigenen Reboot
In den letzten Wochen, bevor die fünfte und letzte Staffel von „Stranger Things“ veröffentlicht wurde (zumindest das erste Drittel) konnte man sich fragen, ob die gespannte Erwartung wirklich der Frage galt, wie die Geschichte um das Upside-Down, die Kleinstadt Hawkins, das Monster Vencna und Eleven, enden würde, oder ob man froh war, dass das endlose Warten endlich vorbei ist.
Dreieinhalb Jahre sind seit der letzten Staffel vergangen, über neun, seit im Juli 2016 ohne viel Brimborium eine Serie startete, die in die Netflix und Streaming-Geschichte eingehen sollte, im Positiven wie im Negativen. Damals wirkte die 80er Jahre Nostalgie noch originell, damals war der Begriff bingen noch positiv besetzt, damals waren die jungen Hauptdarsteller tatsächlich noch jung und knuffig.
Zehn Jahre später ist „Stranger Things“ eines der Netflix-Flagschiffe, hat eine ganze Industrie an Nebenprodukten nach sich gezogen, von Romanen über Spiele bis zu einem Broadway-Stück. Es hängt also sehr viel Geld an einer Serie, die einst als kleine Hommage an Spielberg, King und Co. begann und nun das Schicksal vieler Mega-Erfolgsserien teilt: Wie bringt man etwas so Ausuferndes zu einem befriedigenden Ende?

Schon die dritte und besonders die vierte Staffel traten oft auf der Stelle, wirkten etliche Handlungsstränge, um nicht zu sagen ganze Episoden überflüssig, aber der Wunsch von Netflix nach mehr Minuten, an denen sich der Erfolg misst, war zu groß, um Nein zu sagen. Insofern mag man es geradezu erfreulich nennen, dass die vier ersten Folgen der finalen Staffel meist nur etwas länger als eine Stunde sind und nur Folge vier knapp Spielfilmlänge erreicht.
Was sich allerdings nicht vermeiden lässt, ist der Eindruck, dass die Darsteller viel zu alt sind: Anfang 20 sind Millie Bobby Brown, Finn Wolfhard oder Gaten Matarazzo inzwischen, zehn Jahre sind seit Beginn der ersten Dreharbeiten vergangen, in der Welt von Hawkins allerdings nur vier. Exakt am 3. November 1987 beginnt die letzte Staffel, die Stadt befindet sich in Quarantäne, das Militär hat die meisten Eingänge zur Gegenwelt verbarrikadiert und experimentiert munter vor sich hin. Während unsere Helden nach Antworten suchen und sichergehen wollen, dass der finstere Vecna auch tatsächlich das Zeitliche gesegnet hat (hat er natürlich nicht) befindet sich eine andere Person in größter Gefahr: Holly Wheeler, Mike und Nancys kleine Schwester, die nun das durchlebt, was einst, in der allerersten Folge, Will passierte: Vom Monster entführt zu werden.

Ein wenig wirkt diese Dopplung so, als hätten auch die Duffer Brothers gespürt, dass der ursprüngliche Charme von „Stranger Things“ nicht zuletzt in seinen kaum jugendlichen, eher kindlichen Protagonisten lag, die anfangs noch unschuldig Dungeon & Dragons spielten und mit ihren BMX-Rädern durch die Gegend kurvten, bevor sie mit dem aus dem Upside-Down kommenden Grauen konfrontiert wurden. Diesen Charme über fünf Staffeln und zehn Jahre zu erhalten erwies sich als unmöglich, da helfen auch noch so viele 80er Jahre Pop-Songs nicht, selbst wenn das großzügige Budget inzwischen sogar für ABBA-Songs reicht.
Aber was will man machen, irgendwie muss „Stranger Things“ zu Ende gebracht werden, der Kampf gegen das Monster Vecna gestaltet sich in den ersten vier Folgen als typische vielstimmige Erzählung, in denen von einzelnen Gruppen meist atemlos kleine Aufgaben erfüllt werden, die sich langsam zu einem großen Ganzen entwickeln. Wie das dann aussehen wird, werden wir erst nach Weihnachten erfahren, wenn sich nach Geschenken und Festessen vielleicht schon ein gewisses Maß an Sättigung eingestellt haben dürfte und die nächsten Folgen veröffentlicht werden, bevor dann am 1. Januar, vielleicht passend zum Neujahrs-Kater, mit der dann wirklich allerletzten „Stranger Things“-Folge das Abenteuer endgültig – vermutlich – vorbei sein wird. Es wird auch Zeit.
Abb.: Netflix
Stranger Things • Staffel 5 • USA 2025 • Regie: Duffer Brothers • Darsteller: Millie Bobby Brown, Finn Wolfhard, Gaten Matarazzo, Winona Ryder, David Harbour • vier Folgen jetzt bei Netflix
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