„Zone 3“ – Die KI ist Schuld!
Nach Cédric Jimenez souveränem Thriller entwickelt man langsam Mitleid für KIs
Ausgerechnet Alma heißt sie, die KI, die in der futuristischen, dystopischen Welt von Cédric Jimenez’ „Zone 3“ (nach dem Roman „Hund 51“ von Laurent Gaudé) existiert: Seele, ein treffender, sprechender Name für eine KI, die der Polizei von Paris bei der Arbeit unter die Arme greift und die Erfolgsquote auf 70% gelöste Fälle hochgeschraubt hat. Kein Wunder, trägt doch jeder der Bewohner dieses Welt ein Armband, ist durch die Retina identifizierbar – und lebt in streng voneinander getrennten Zonen.
Im Zentrum der Stadt, auf der Île de la Cité inmitten der Seine, lebt die Elite, die Führung des Landes, aber auch der Computerexperte Kessel, dessen gewaltsamer Tod die Handlung in Bewegung setzt. Um die kleine Zone 1 liegt Zone 2, wo die Oberklasse der Stadt ausgelassen und hedonistisch feiert, während die Arbeiterklasse in Zone 3 lebt und höchstens zum Arbeiten Zone 2 betreten darf. In dieser Zone 3 – der Friedrich Merz und Markus Söder ohne Frage ein problematischen Stadtbild attestieren würden – lebt der natürlich abgehalfterte Cop Zem, mit dem sprechenden Nachnamen: Brecht! Regeln befolgt Zem nicht gerne, hat aber das Herz an der richtigen Stelle (also links) und misstraut jeder Obrigkeit.
Zusammen mit der Polizistin Salia aus Zone 2, soll er in einem Todesfall ermitteln, der offenbar mit dem Mord an Kessel in Verbindung steht. Mit Hilfe der KI gelingt es schnell, den Fall zu lösen, zumindest scheinbar. Denn die Szenarien, die die KI mit Hilfe von Fotos des Tatorts und Indizien entwickelt, versprechen zwar eine sehr hohe Genauigkeit, aber wer weiß schon, nach welchen Kriterien die KI agiert? Die Kriminalität ließe sich schließlich auch dadurch bekämpfen, dass man Drogendealer einfach ohne Verfahren hinrichtet, vielleicht mit den praktischen, schwer bewaffneten Drohnen, die allgegenwärtig sind.


Man ahnt schnell, worauf „Zone 3“ hinausläuft, ein bisschen zu schnell vielleicht, aber da der teuer und aufwändig produzierte französische Film nur gut 100 Minuten kurz ist, bleibt kaum Zeit, um Langeweile aufkommen zu lassen. Gerade in der zweiten Hälfte häufen sich zwar die Logiklöcher, fragt man sich, wie die angeblich vollständige Überwachung dieser dystopischen Welt so viel übersehen kann, aber nun gut.
Weniger durch eine besonders originelle Handlung überzeugt „Zone 3“, als durch sein Worldbuilding, der Kontrast zwischen den heruntergekommene Quartieren von Zone 3, in denen aber dennoch ein Maß an Solidarität herrscht, das es in den nur oberflächlich viel lebenswerteren anderen Zonen nicht gibt. Gedreht wurde der Film in Marseille, eine rohe, ungehobelte Hafenstadt, in der kaum eine Wand frei von Graffiti ist, weswegen zumindest beim Setdesign von Zone 3 wenig nachgeholfen werden musste.
Und dann sind da noch die Schauspieler, ein veritables who-is-who des französischen Kinos, von Gilles Leleouche und Adèle Exarchopoulos als ungleichem Cop-Duo, bis zu Louis Garrel, Romain Duris und Valeria Bruni-Tedeschi fast verschwendet in kleinen Nebenrollen. Besonders lustig ist allerdings die Besetzung von Kessel: Der wird von Thomas Bangalter „gespielt“, einem der beiden Daft Punk-Musiker, die im Laufe ihrer Karriere bekanntermaßen stets nur in Masken auf der Bühne standen, und so ist hier das Gesicht des zu Beginn ermordeten Programmierers natürlich auch nie zu sehen.
Wenn dann am Ende immer deutlicher wird, dass die KI sich selbstständig gemacht hat, so wie sie es in den letzten Jahren in immer mehr Filmen, Serien oder Büchern getan hat, bekommt man fast Mitleid: Vielleicht wäre es ja mal eine interessante Plotidee, sich tatsächlich eine gute KI auszumalen, die den Menschen wirklich hilft, statt vom Erringen der Weltherrschaft zu träumen.
Zone 3 • Chien 51 • Frankreich 2025 • Regie: Cédric Jimenez • Darsteller: Gilles Lellouche, Adèle Exarchopoulos, Louis Garrel, Romain Duris, Valeria Bruni-Tedeschi • ab 27. November im Kino
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