12. Mai 2014

In den Zwängen des Blockbuster-Kinos

„Godzilla“ von Gareth Edwards

Lesezeit: 3 min.

Vor 15 Jahren versuchte sich Roland Emmerich an einer amerikanischen Version des Ur-Japanischen Godzilla-Stoffs. Obwohl das Ergebnis beileibe nicht so schlecht war, wie es im Nachhinein gemacht wurde, war Emmerichs Godzilla vor allem ein Monster-Film und weniger ein Godzilla-Film.

Nun also ein neuer Versuch, ein 160 Millionen Dollar teurer Sommer-Blockbuster, dessen Regie dem Nachwuchsregisseur Gareth Edwards übertragen wurde, dessen bislang einzige Regiearbeit Monsters mehr oder weniger in Heimarbeit entstand und ganze 800.000 Dollar kostete. Wie alle Blockbuster ist natürlich auch der neue Godzilla am Reißbrett entstanden, doch offensichtlich saßen auch Menschen am Tisch, die wussten, dass Godzilla mehr ist als einfach nur Riesenmonster-zerstört-Stadt.

Allegorie der atomaren Bedrohung war der erste Godzilla-Film von 1954, kaum verwunderlich in dem Land, das als einziges die unfassbare Zerstörungskraft einer Nuklearbombe erleben musste. Die zerstörerische Kraft des Monsters war also hausgemacht und diente im Laufe der fast 30 Filme umfassenden Godzilla-Filmographie oft auch als ausgleichendes Element, dass gegen allerlei Bedrohungen kämpfte. Diese Ambivalenz zu übernehmen ist einer der größten Clous von Gareth Edwards Godzilla-Version, der zudem zeigt – auch wenn sich das angesichts des gigantischen Budgets absurd anhört – wie man mit geringen Mitteln große Effekte erzielen kann.

Die Geschichte beginnt in Japan, wo das Ehepaar Joe und Sandra Brody (Bryan Cranston und Juliette Binoche) in einem Nuklearreaktor arbeiten. Ein schweres Unglück tötet Sandra und lässt Joe verbittert zurück. 15 Jahre später versucht Joe immer noch herauszufinden, was damals wirklich geschehen ist. Sein inzwischen erwachsener Sohn Ford (Aaron Taylor-Johnson) ist wenig begeistert von der Besessenheit seines Vaters, muss ihm allerdings Recht geben, als sie in den Ruinen des Reaktors nach Spuren suchen. Im geheimen wird an einem versteinerten Wesen geforscht, dass nun zu erwachen scheint. Doch nicht etwa Godzilla taucht aus den Tiefen des Reaktors auf, sondern ein so genanntes M.U.T.O., ein massiver, unbekannter, terrestrischer Organismus, dass in etwa einer gigantischen, fliegenden Küchenschabe ähnelt und die eigentliche Bedrohung ist.

Denn das ist der Witz an der Geschichte: Nicht etwa Godzilla, der erst viel später auftaucht, ist hier die eigentliche Bedrohung, das M.U.T.O. hinterlässt eine Schneise der Verwüstung. Bzw. die M.U.T.O.s, denn bald taucht ein zweites Exemplar auf, diesmal ein Weibchen, das ebenfalls von atomarer Energie lebt und sich mit dem männlichen M.U.T.O paaren will. Und zwar in San Francisco, quasi im Schatten der Golden Gate Bridge. Und womit will das amerikanische Militär dies verhindern? Genau: mit Atombomben. Allein der japanische Wissenschaftler Ichiro Serizawa (Ken Watanabe) ahnt, dass der inzwischen aufgetauchte Godzilla nicht eine zusätzliche Bedrohung ist, sondern das ausgleichende Element, das die Menschheit vor der Bedrohung durch die M.U.T.O.s retten könnte.

Das ist ein spannender Ansatz, der allerdings im weiteren Verlauf des Films zunehmend den Ansprüchen an einen Blockbuster weichen muss: Gigantischen Action Setpieces, bei denen neben Honolulo und Las Vegas auch noch halb San Francisco dran glauben muss. Mittendrin: Der tapfere Ford, der nicht nur eine Atombombe entschärfen, sondern auch um seine Frau Elle (ein passend nichtssagender Name für eine typisch nichtssagende Frauenrolle, gespielt von der verschwendeten Elizabeth Olsen) und seinen kleinen Sohn bangen muss.

Oft meint man den Zwiespalt zu spüren, in dem Gareth Edwards steckte: Einerseits bedient er die Notwendigkeit von Schauwerten und Zerstörung, andererseits bleibt er sich und seinem in Monsters angedeutetem Ansatz treu, dem zu Folge weniger mehr ist. Und so dauert es auch sehr lange, bis man Godzilla zu sehen bekommt und wenn es so weit ist, sieht man nur eine Pranke, das Ende des Schwanzes oder die verschwommene Aufnahme einer Überwachungskamera. Erst ganz am Ende zeigt Edwards den König der Monster in ganzer Pracht, Demut einflößend und doch nicht der Feind der Menschheit. Wie diese Geschichte in der wohl unausweichlichen Fortsetzung weiter geführt wird, darauf darf man nach diesem gelungenen Reboot gespannt sein.

„Godzilla“ startet am 15. Mai in den Kinos.

Godzilla • USA 2014 •  Regie: Gareth Edwards • Darsteller:  Aaron Taylor-Johnson, Bryan Cranston, Juliette Binoche, Ken Watanabe, Elizabeth Olsen

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