16. Oktober 2015 3 Likes

Rennsport und Raketenwissenschaft

Der neue James Bond-Roman von Anthony Horowitz

Lesezeit: 2 min.

Anthony Horowitz schrieb Jugendbuch-Serien wie „Alex Rider“ und „Die fünf Tore“, die sich fantastischen Genre-Elementen nicht verweigerten. Außerdem verfasste der 1955 geborene Engländer Drehbücher zu TV-Serien wie „Robin Hood“ und „Inspector Barnaby“ – dass Horowitz vor seiner eigenen Serien-Kreation „Foyle’s War“ Ende bereits der 90er die Science-Fiction-Sendungen Crime Traveller und The Vanishing Man entwickelte, ist dagegen weniger bekannt. Umso bekannter ist dafür sein Sherlock-Holmes-Roman „Das Geheimnis des weißen Bandes“, um den als von Sir Arthur Conan Doyles Erben legitimiertes, offiziell in den Kanon aufgenommenes Werk 2011 viel Tamtam gemacht wurde. Anschließend schrieb Horowitz noch den exzellenten viktorianischen Krimi „Der Fall Moriarty“, der absolut grandios mit Holmes’ Welt und Erzfeind spielt.

Jetzt hat sich der gute Mr. Horowitz – erneut mit dem Segen der Nachkommen und Verwalter des geistigen und sonstigen Vermögens – einer weiteren britischen Ikone, ach was, eines weiteren britischen Archetypen angenommen. Der erfolgreiche Horowitz gehört fortan nämlich zum illustren Kreis jener Autoren, die nach Bond-Vater Ian Fleming (1908-1964) einen neuen Roman über den Spion mit der Lizenz zum Töten schreiben durften. Eine Ehre für Horowitz, der ein großer Fan des Geheimagenten und seines Schöpfers ist. „Trigger Mortis. Der Finger Gottes“ heißt Horowitz’ Bond-Roman und ist in der deutschen Übertragung von Anika Klüver und Stephanie Pannen seit 8. September als Klappenbroschur und als E-Book bei Cross Cult erhältlich, wo man zuvor schon alle Original-Fleming-Romane in neuer Übersetzung und wunderschöner Gestaltung sowie ein halbes Dutzend Bond-Titel anderer Autoren veröffentlicht hat.

Für die Arbeit an seinem Roman über 007 erhielt Horowitz sogar Einsicht in Flemings Entwürfe zu einer nie realisierten Bond-Fernseh-Serie – im zweiten Kapitel von „Trigger Mortis“ stammen deshalb eine Dialoge und Sätze von Fleming höchstpersönlich. Horowitz indes lässt James Bond 1957 chronologisch gesehen kurz nach den Ereignissen in „Goldfinger“ neben Pussy Galore aufwachen, abermals gegen SMERSCH antreten und ans Steuer eines Grand-Prix-Rennwagens u. a. über den Nürburgring brettern – doch es geht auch um das Wettrüsten des Westens und des Ostens im Kalten Krieg, Raketenwissenschaft und Massenvernichtungswaffen.

Horowitz beweist auf rund 350 Seiten: Er kann nicht nur den Meisterdetektiv, sondern auch den Meisterspion – er trifft den Sound von Flemings Romanen und Kurzgeschichten sehr gut und portraitiert den frauen- und gegnerverschleißenden Agenten getreu dem Vorbild seines Erfinders. Diesen Ton und diese Darstellung muss man mögen, aber Bond-Puristen tun das natürlich und werden sich mächtig freuen, dass Horowitz – im Gegensatz zu z. B. den aktuellen Filmen – auf keinem Modernisierungs-Kurs ist.

Apropos: Am 5. November kommt mit „Spectre“ der neue Bond-Film in die deutschen Kinos, und einen Tag vorher erscheint das erste US-Heft von Warren Ellis’ neuer 007-Comic-Serie beim amerikanischen Verlag Dynamite.

Anthony Horowitz: James Bond – Trigger Mortis. Der Finger Gottes • Cross Cult, Ludwigsburg 2015 • 367 Seiten • 16,99 Euro

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