Lando, Lovecraft und Lazarus
Science-Fiction-Comic-Neuheiten im Dezember
Das war absehbar: Star Wars beherrscht den Dezember in allen Medien, und daran kommt man auch bei der Comicauslese für den mindestens so stressigen wie gemütlichen Weihnachtsmonat nicht vorbei. Doch mit den ersten Bänden von Greg Ruckas „Lazarus“ oder Alan Moores „Providence“, einer brandneuen Avengers Graphic Novel, Frankenstein und Flash in zeitgenössischer Comicgestalt sowie neuen Arbeiten von beliebten Zeichnern wie Francois Shuiten oder Joe „Mad!“ Madureira, gibt es auch abseits der so präsenten Jedi und Sith einige Titel, die einen gültigen Anspruch darauf haben, gewünscht oder geschenkt zu werden, um die Bescherung am Heiligen Abend zumindest aus Comicsicht zu einer gelungenen zu machen.
Star Wars: Imperium in Trümmern
Panini, Paperback/Hardcover, 128 S.
Der amerikanische Autor Greg Rucka und der italienische Zeichner Marco Checchetto haben nach ihrer Zusammenarbeit an der Marvelserie „Punisher“ eine stimmige Geschichte im Star Wars Universum inszeniert, die direkt nach dem Film „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ spielt und ordentlich auf „Das Erwachen der Macht“ einstimmt. Im deutschen Sammelband „Imperium in Trümmern“, der als Paperback und als limitiertes Hardcover erhältlich ist, interagieren Han Solo, Luke Skywalker, Leia Organa, Lando Calrissian und Ko. mit neuem Personal, das wiederum einen Bezug zu den neuen Figuren des siebten Films hat. Clever.
Lazarus Bd. 1
Splitter, Hardcover, 120 S.
Und gleich noch mal Greg Rucka. Interessant und kurios, dass ein Krimispezialist gerade so präsent an der SciFi-Front ist und dort dermaßen glänzt. „Lazarus“ ist allerdings eine Eigenkreation von Rucka und Zeichner Michael Lark („Daredevil“, „Gotham Central“), und dabei eine der besten neuen SciFi-Serien der letzten fünf Jahre – kein leichtfertiges oder leichtgewichtiges Urteil angesichts der Fülle an gutem Genre-Material in dieser Zeitspanne. In einer dystopischen Zukunft, wo vor allem Nahrung für das gemeine Volk knapp ist, haben reiche, mächtige Familienclans das Sagen, und jeder Clan hat einen genetisch modifizierten Champion, der durch die allgegenwärtigen Intrigen der Familien manövriert wird. Erfreulich, dass die Serie auf Deutsch bei Splitter direkt als großformatiges Hardcover erscheint. Eine TV-Adaption ist angedacht.
Providence Bd. 1
Panini, Paperback/Hardcover, 100 S.
Comicgott Alan Moore macht im ersten Band von „Providence“ mit dem Mythos von H. P. Lovecraft das, was er in „From Hell“ mit dem Mythos von Jack the Ripper gemacht hat. Moore vermischt Leben und Werk von Lovecraft mit Poe, Chambers und anderen sowie Lovecrafts realer Wirkungsstätte in Rhode Island. Sehr intellektuell, sehr subtil, sehr detailreich, sehr speziell, aber auch sehr lohnenswert für alle, die Lovecraft und der Weird Fiction etwas abgewinnen können. Insgesamt werden es im Deutschen drei Bände, allesamt gezeichnet von Jacen Burrows, der mit Moore bereits am Lovecraft-Pastiche „Neonomicon“ arbeitete. Auch als limitiertes Hardcover erhältlich.
Avengers: Ultrons Zorn
Panini, Paperback/Hardcover, 116 S.
In den USA pünktlich zum zweiten Avengers-Film „Age of Ultron“ von Joss Whedon veröffentlicht, hierzulande wenigstens passend zum Weihnachtsgeschäft: Autor Rick Remender („Low“) und die Zeichner Jerome Opena („Avengers“) und Pepe Larraz („Thor: Season One“) präsentieren eine eigenständige Avengers-Graphic-Novel. Darin treten verschiedene Avengers-Teams der Historie (u. a. mit Captain America, Iron Man, Vision, Giant-Man, Spider-Man und der neuen Donnergöttin) gegen die böse Künstliche Intelligenz Ultron an, die auf dem Heimatplaneten von Thanos dem verrückten Titanen noch gefährlicher wird und rachsüchtig auf die Erde zurückkehrt. Auch als limitiertes Hardcover erhältlich.
Frankenstein Underground
Cross Cult, Hardcover, 160 S.
In „Frankenstein Underground“ überführen Hellboy-Vater Mike Mignola und Zeichner Ben Stenbeck („Baltimore“) Frankensteins nimmermüdes Monster offiziell ins glorreiche „Hellboy“-Universum, das über die Jahre mächtig angewachsen ist. Da Mike Mignola in seinen Geschichten über den Monsterjäger aus der Hölle traditionsgemäß alle möglichen betagten literarischen Quellen anzapft und Mary Shelleys Roman von 1818 als Prototyp der Gothic Novel und der SciFi gilt, macht das alles in der Kombination natürlich viel Sinn.
Mister Hyde vs. Frankenstein
Splitter, Hardcover, 96 S.
Passend zum Thema: In diesem Album von Szenerist Dobbs und Zeichner Antonio Marinetti dreht sich alles um die Frage, was passieren würde, wenn Frankensteins Forschungsergebnisse Dr. Jekyll in die Hände fallen würden. Zumindest Jekylls Assistentin bereitet das Sorge, während zugleich die Möglichkeit besteht, dass Frankensteins Monster womöglich gar nicht im ewigen Eis verschollen ist. Das Setting des Doppelbands ist vom amerikanischen Film der 50er und 60er inspiriert.
Flash Bd. 9
Panini, Paperback, 116 S.
Es ist manchmal nicht einfach, Comics zu den Superheroes aus TV und Film zu finden, die jeder lesen, verstehen und genießen kann. Die kurzweilige „Flash“-Serie von Autor Robert Venditti („The Surrogates“) erfüllt jedoch die Anforderungen, und der Verlag ist um einen einigermaßen freundlichen Coverpreis und flotte Erscheinungsweise bemüht. Im neuesten Band übernimmt der mörderische, blauschwarze Flash der Zukunft Barry Allens Job im Central City der Gegenwart, derweil der Rote Blitz selbst in der Welt der Speedforce gefangen ist, wo es andere Schiffbrüchige der Zeit, Roboter und Dinosaurier gibt.
Nach Paris Bd. 1
Schreiber & Leser, Hardcover, 64 S.
Die frankobelgischen Comicaltmeister Francois Shuiten und Benoit Peeters („Die Geheimnisvollen Städte“) haben sich für einen neuen Comic zusammengetan und erfreuen ihre Anhänger mit inhaltlich und optisch recht klassischer SciFi. Im ersten von zwei Hardcover-Alben bei Schreiber & Leser erzählen sie die Geschichte von Karinh, die das bequeme, durchgeplante Leben in der Raumkolonie nicht mehr aushält, von der sagenumwobenen irdischen Stadt Paris träumt und bereitwillig an einer Expedition auf die Erde teilnimmt.
Saga Bd. 5
Cross Cult, Hardcover, 144 S.
2013 und 2014 hat „Saga“ von Autor Brian K. Vaughan („Y: The Last Man“, „Under the Dome“) und Zeichnerin Fiona Staples („North 66“) alle wichtigen Preise zwischen Eisner und Hugo abgeräumt. Zugegeben, hier und da gibt es inzwischen immer mal ein Kapitel, die etwas bemüht und überspielt wirken, aber das mag auch am hohen Standard liegen, den Vaughan und Staples in ihrer strahlenden SciFi-Serie etabliert haben. Der aktuelle fünfte deutsche Hardcoverband ist meistens gewohnt frisch und frech für eine Space Opera, deren Überraschungs- und Schockmomente genauso überzeugen wie ihre Dialoge, Figuren und Bilder.
Inhumans Megaband Bd. 1: Aus der Asche
Panini, Paperback, 332 S.
Selbst wenn das hier nicht der beste Marvelcomic des Jahres ist, spricht vieles dafür, ihn an dieser Stelle zu listen. Etwa, weil Charles Soule („Der Tod von Wolverine“, „Star Wars: Lando“) als einer der kommenden Topautoren gehandelt wird. Oder weil Fanliebling Joe Madureira („Battlechasers“, „X-Men“) einige Kapitel des fetten Bandes gezeichnet hat. Oder weil Marvel vorhat, die Inhumans auf eine Stufe mit dem X-Men-Franchise zu pushen. Vielleicht genügt aber auch schon das Argument, dass dieser Band zum Kampfpreis die komplette Serie „Inhuman“ (15 US-Hefte) beinhaltet, die direkt nach dem Weltraumspektakel „Infinity“ spielt und zeigt, wie Königin Medusa und ihr Mutantenvolk damit klarkommen müssen, dass immer mehr Menschen sich in Inhumans verwandeln.
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