16. August 2025

Reingeschaut: „Alien: Earth“

Showrunner Noah Hawley hat in der ersten Alien-TV-Serie große Ambitionen

Lesezeit: 3 min.

Zerborstene Oberkörper, bizarre Wunden, schleimige Flüssigkeiten. Als Zuschauer weiß man sofort, dass es sich dabei um Spuren der Xenomorphs handelt, jener von H.R. Giger designten Kreaturen, die zum ersten Mal in Ridley Scotts Klassiker „Alien“ von 1979 Angst und Schrecken auf der Raumschiff Nostromo verbreiteten und seitdem in zahlreichen Fortsetzungen und Vorgeschichten zu sehen waren.

Die Figuren von Noah HawleysAlien: Earth“ haben allerdings keine Ahnung, was sie da sehen, als sie die zerstörten Cryoschlafkapseln entdecken und die zerfetzten Leichen sehen. Denn die achtteilige Fernsehserie spielt im Jahr 2120, was Kenner natürlich gleich als zwei Jahre vor den Ereignissen auf der Nostromo identifizieren.

Dankenswerterweise versucht Hawley nun nicht, den Zuschauer auf die Folter zu spannen: Schon in den ersten zwei Folgen hinterlassen die Xenomorphs eine Spur der Verwüstung, die fast an den Bodycount der Fortsetzung „Aliens“ (1986) heranreicht. Eine ebenso gute dramaturgische Entscheidung war es, sich nicht nur auf eine Variation bekannter Muster zu beschränken, wie es die letzte Kinofortsetzung „Alien: Romulus“ tat, sondern zumindest zu versuchen, eigene Wege zu gehen. Ob das gelingt werden wir in ein paar Wochen am Ende der Staffel beurteilen können, der Auftakt macht jedenfalls Hoffnung.

Als thematisches Zentrum der Serie wird weniger der Kampf gegen die Aliens etabliert, als die ewige Frage der Science-Fiction wo die Essenz eines Menschen liegt. Zwei Geschwister stehen im Zentrum, der Mensch Hermit (Alex Lawther), der in der Megastadt New-Siam als Sanitäter arbeitet, aber davon träumt, an einer Uni auf dem Mars Medizin zu studieren. Vor Jahren starb seine Schwester Marcy, doch zumindest ihr Wesen tritt ihm nun in Gestalt von Wendy (Sydney Chandler) gegenüber, einer gut 20jährigen Frau. In diesen Körper hat der jüngste Billionär der Galaxis mit dem schönen Namen Boy Kavalier (Samuel Blenkin) Marcys Geist implantiert und damit eine neue, besonders ambitionierte Form von Synthetics produziert.

Menschen und Synthetics gibt es also in dieser Welt, aber auch Cyborgs und natürlich die Aliens. Zu denen gesellen sich neben den bekannten Xenomorphs diverse andere Kreaturen, die auf dem Raumschiff Maginon – ja Hawley hat ein Faible für mehr als sprechende Namen – zur Erde transportiert wurden: Eine Art Qualle mit zahlreichen Augen, außerirdische Blutegel, die noch ekeliger sind als ihre irdischen Verwandten, das sind nur ein paar der Wesen, die für Abwechslung sorgen.

Wo das alles hinführt lässt sich nach zwei Folgen noch nicht sagen, ein reiches Figurenpersonal hat Hawley etabliert, zu dem sich als bekanntester Schauspieler Timothy Olyphant gesellt, der mit blondierten, hochtoupierten Haaren den Androiden Kirsh spielt. Welche Pläne diese Figur hat wird sich sicher bald offenbaren, vor allem aber, wo das Wiedersehen zwischen Bruder und Schwetser hinführt.

Ein wenig dick aufgetragen wirken zwar die Peter Pan-Anspielungen, denn nicht nur Wendy ist nach einer der Lost Boys benannt, auch die Insel auf der Boy Kavalier seine Experimente durchführt heißt – genau – Neverland. Viel interessanter scheinen die visuellen Ähnlichkeiten zu „Blade Runer“, einem anderen Ridley Scott-Klassiker, in dem der Brite ein paar Jahre nach „Alien“ ganz ähnliche Themen variierte: Androiden, die sich menschlicher verhalten als Menschen, aber auch eine Welt, in der klassische Regierungen kaum noch von Bedeutung scheinen, stattdessen ultrakapitalistische Konzerne das Sagen haben.

Auch in „Alien: Earth“ sind es die Konzerne, die nicht nur die Erde, sondern auch die anderen Planeten unter sich aufgeteilt haben, also in gewisser Weise ziemlich genau das gemacht haben, was für die Herrscher des Silicon Valley von Elon Musk über Jeff Bezos bis Mark Zuckerberg vermutlich als feuchter Traum durchgeht. Das Boy Kavalier ganz ähnlich denkt, macht ihn letztlich zum wirklichen Bösewicht von „Alien Earth“, denn angesichts seines Größenwahns wirken selbst die Xenomorphs gleich weniger bedrohlich.

Abb.: FX/Disney+

Alien: Earth • USA 2025 • Creator: Noah Hawley • Darsteller: Sydney Chandler, Alex Lawther, Samuel Blenkin, Timothy Olyphant • 8 Folgen, jede Woche eine neue bei Disney+

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