„Ash“ – Beatbastler Flying Lotus im Grusel-Weltall
Äußerst stimmungsvolles Sci-Fi-Horror-Mixtape
„Ash“ ist eigentlich kein guter Film. Die lose vor sich hin schlenkernde Story (Astronautin wacht mit niedergemetzelter Crew und Gedächtnisschwund auf einem geheimnisvollen Planeten auf) ist ein Mix von Versatzstücken aus Filmen und Survival-Horror-Spielen wie „Resident Evil“, „Event Horizont“, „The Thing“, „Death Space“ und anderen Titeln – man kennt alles von woanders her. Dementsprechend bleibt der Puls bei diesem sich auch etwas videospielartig anfühlenden Semi-Kammerspiel (es gibt gerade mal sechs Figuren, von denen vier nur im Rückblick auftauchen) meistens im unteren Mittelfeld.
Aber im Gegensatz zum erst vor wenigen Wochen veröffentlichten „The Gorge“ von Scott Derrickson etwa, der Flying Lotus’ zweitem Film in den genannten Aspekten nicht unähnlich ist, weiß „Ash“, dass das Rad nicht neu erfunden wird, begnügt sich daher mit kompakten 95 Minuten und vor allem: Man möchte fast meinen, dass sich der in erster Linie für extravagante Beats bekannte Musiker (der in einer Nebenrolle ebenso als Schauspieler zu sehen ist) mit Absicht ein 08/15-Skript ausgesucht hat, um als Regisseur umso mehr glänzen zu können, denn es ist tatsächlich einzig und alleine seine beachtliche Inszenierungskunst, die „Ash“ auf das nächste Level hebt, sehenswert, ein bisschen magnetisch macht.
Das fängt bei den von Neonfarben durchzogenen Aufnahmen im Inneren des Raumschiffs an, geht über die liebevolle Gestaltung der Ausstattung und die überwiegend gelungene Mischung aus digitalen und handgemachten Effekten und endet bei den fast märchenhaften anmutenden Außenaufnahmen. All diese wunderbaren Panos-Cosmatos-/Mario-Bava-geschwängerten Bilder und Momente werden von einem fantastischen, natürlich von Flylo komponierten, Soundtrack begleitet, der gegenläufig zum mittlerweile üblich gewordenen Soundtrack-Verständnis, den Film nicht einfach zuschmiert, sondern als eigenständigen Organismus ergänzt, mit der visuellen Seite mal eine Vereinigung ein-, immer wieder aber auch auf Distanz geht, eine elektrisierende Reibung erzeugt.
„Ash“ fühlt sich so konventionell wie fremd an, man hat das alles schon oft gesehen, aber man hat es eben noch nie so gesehen und das Erstaunen wird – gerade im Hinblick auf 70-Millionen-Dollar-Produktionen wie „The Gorge“ – noch größer, wenn man bedenkt, dass das Ganze für gerade mal 500.000 Dollar realisiert wurde. Was Flylo wohl erst mit 70 Millionen anstellen würde? Wobei, eigentlich will man es nicht wissen, da viel Geld, viel Druck, sondern hätte lieber 140 weitere mikrobudgetierte Einblicke in die cineastische Welt dieses talentierten Allrounders, der sich hier nicht nur für Regie und Soundtrack verantwortlich zeichnet, sondern ebenso für die Produktion und einen großen Einfluss auf das Soundesign und die Gestaltung der Effekte (hierfür eignete er sich das Know-how via Youtube-Tutorials an) hatte. Aber realistisch gesehen kann man schon froh sein, wenn’s bis zum Nächsten nicht wieder sieben Jahre dauert.
(Der Soundtrack ist – leider nur – als digitale Version bei allen gängigen Shops zu haben. Hier kann man sich alle 27 Tracks zu Gemüte führen.)
Ash • USA 2025 • Regie: Flying Lotus • Darsteller: Eiza González, Aaron Paul, Iko Uwais, Kate Elliott, Beulah Koale, Flying Lotus, Andrew B. Miller • Amazon Prime
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