Der Spotttölpel fliegt
Mit "Die Tribute von Panem: Mockingjay, Teil 1" nähert sich die Saga behäbig ihrem Ende
Es ist die Krux des Hollywood-Geschäftes: So sehr auf Fortsetzungen und möglichst lange Reihen, die in schöner Regelmäßigkeit Geld in die Kassen spülen ist das Filmgeschäft inzwischen fixiert, dass die einzelnen Filme keine Solitäre mehr sind, sondern nur noch kleine Kapitel im großen Ganzen. Dass seit einigen Jahren die Unsitte herrscht, die letzten Teile einer Filmreihe auch noch in zwei Teile zu trennen hat diese Tendenz nur noch befördert und führt zu Filmen, die kaum mehr sind als ausgedehnte Prologe zu dem, was dann wirklich der letzte Teil ist. So geht es auch in „Die Tribute von Panem: Mockingjay, Teil 1“, dem ersten Teil des Finales der „Hunger Games“.
Es beginnt Momente nach Ende von „Hunger Games: Catching Fire“, was bedeutet – und auch das ist inzwischen Standard der Serienproduktion – wenn man den Vorgänger nicht gesehen hat, hat man keine Chance zu verstehen, was hier passiert. Dann weiß man nicht warum Katniss (Jennifer Lawrence) verstört im Hauptquartier der Rebellen aufwacht, getrennt von ihrer großen Liebe Peeta (Josh Hutcherson) und sich nur widerwillig dazu überreden lässt, zum Symbol der Rebellion zu werden. Gegen was, gegen wen? Zur Beantwortung dieser Frage sehen Sie bitte Teil 1 und 2, lesen die Bücher oder das fast genau so lange Hunger Games-Wiki.
Die Anführer der Rebellen, Präsidentin Alma Coin (Julianne Moore) und der Propaganda-Experte Plutarch (Philip Seymour Hoffman) wollen mit Katniss Propagandavideos drehen, um die anderen Distrikte zum Aufruhr anzustacheln, doch Katniss tut sich schwer. Erst als sie in den Ruinen ihrer Heimat steht, die Verbrechen des Diktators Präsident Snow (Donald Sutherland) mit eigenen Augen sieht, gelingen ihr pathetische Reden. Langsam beginnen sich die Völker aufzulehnen, doch bevor es so weit ist, endet Teil 1, Fortsetzung und Finale dann in einem Jahr.

Die Fans werden es lieben und fraglos gibt es auch viel zu mögen an dieser sündhaftteuren Produktion: Neben den schon genannten huschen in oft winzigen Auftritten Schauspieler wie Woody Harrelson, Jeffrey Wright oder Stanley Tucci durchs Bild, die Kostüme und Sets sind zwar nicht mehr so betont flamboyant wie in den ersten Teilen, aber immer noch bunt und von der Qualität, die ein 250 Millionen Dollar Budget ermöglicht, und unter all dem visuellen Bombast mag man gar interessante Subtexte entdecken: Der Missbrauch von Individuen für ein politisches System etwa, die Skrupellosigkeit von Machthabern, die nur so tun, als hätten sie das allgemeine Wohl im Sinn, und schließlich die Spieglung im Verhalten der Präsidenten Snow und Coin, die Peeta bzw. Katniss gegeneinander auszuspielen suchen. Dieser Aspekt liefert „Mockingjay, Teil 1“, dann doch so etwas wie eine Dramaturgie: In gegenseitigen TV-Ansprachen sehen sich Peeta und Katniss immer wieder, können das Verhalten des Gegenübers nicht begreifen und spüren doch, dass ihre Liebe auch die Leiden des aufkommenden Krieges überstehen wird.
Dass das Ganze nur ein ausgedehnter Prolog für den letzten Teil der Serie ist: Man mag es bedauern, dass finanzielle Interessen größere künstlerische Ambitionen zunichte machen. Den Fans von Katniss und Co. wird es egal sein.
Die Tribute von Panem: Mockingjay, Teil 1 • USA 2014 • Regie: Francis Lawrence • Darsteller: Jennifer Lawrence, Josh Hutcherson, Liam Hensworth, Woody Harrelson, Donald Sutherland, Julianne Moore, Philip Seymour Hoffman
Bilder: StudioCanal Deutschland
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