26. April 2022 1 Likes

„DMZ“: New York als Gefängnis. Das hatten wir doch schon mal?

Eine neue Miniserie nach DC-Vorlage sieht gut aus, mehr aber nicht

Lesezeit: 3 min.

DMZ. Das ist nicht etwa der Name eines Hip-Hop-Musikers, sondern die englische Abkürzung für demilitarized zone, also eine Zone, in der es kein Militär, oft aber auch keine öffentliche Ordnung gibt. So eine DMZ ist in der gleichnamigen Verfilmung des DC-Comics Manhattan, die langgezogene Insel, die das Herz New Yorks ist. Um Manhattan herum liegt in der Welt von „DMZ“ nicht etwa nur die USA, sondern zusätzlich die Free States of America, denn es herrscht ein neuer Bürgerkrieg, der die Nation zerrissen hat.

Vor einigen Jahren wurde die DMZ abgeriegelt, zurückgeblieben sind vor allem Vertreter von Minderheiten, die sich in rivalisierende Gangs organisiert haben: Die Latinos in Spanish Harlem werden dabei von Parco Delgado (Benjamin Bratt) angeführt, die Chinesen aus Chinatown von Wilson Lin (Hoon Lee). Zwischen diesen beiden Polen steht – natürlich – eine Frau: Alma (Rosario Dawson), die zu Beginn der vierteiligen Miniserie außerhalb der DMZ lebt. Seit Jahren ist sie auf der Suche nach ihrem Sohn Christopher, der in den Wirren um die Abtrennung der DMZ verloren gegangen war. Überall hat Alma schon nach Christopher gesucht, seltsamerweise kommt sie jedoch erst jetzt auf die Idee, in der DMZ Nachforschungen anzustellen. Auf Schmuggelwegen, in denen man getrost eine Umkehr der berühmten Underground Railway sehen kann, mit der einst geflohene Sklaven aus den Südstaaten in den freien Norden entkamen, gelingt es Alma in die DMZ zu kommen.

Dort tobt gerade ein Wahlkampf, denn die ersten freien Wahlen der Zone stehen an und mit ihr die Entscheidung über den Weg, den die Bevölkerung einschlagen wird: Sich weiter von den rivalisierenden Amerikas abschotten oder vielleicht sogar selbst zu einem anerkannten Staat zu werden.

Der Reiz dieses Konzeptes liegt auf der Hand, die Bezüge zur politischen Gegenwart der Vereinigten Staaten sind überdeutlich, auch beim Versuch Hollywoods, diverser zu werden und Minderheiten eine Stimme zu geben, kann „DMZ“ punkten. Nicht zuletzt stilistisch fahren die beiden Regisseure Ava DuVernay („Selma“, „When They See Us“) und Ernest Dickerson („Bosch“, „The Waalking Dead“) einiges auf: Farbdurchtränkte Bilder, überzeugende Actionszenen, bunte Kostüme und viele Tattoos und anderer Körperschmuck.

Doch leider fehlt das wichtigste: Eine überzeugende Geschichte und packende Charaktere. Allzu schematisch entwickelt sich die Story, allzu dünn bleiben die Figuren, und vom großen Konflikt, der überhaupt erst zur Entstehung der DMZ geführt hat, ist so gut wie gar nichts zu spüren.

Dass DuVernay und Dickerson immer wieder zu ausführlicher musikalischer Untermalung greifen, lässt „DMZ“ oft wie ein Musikvideo wirken: Ausgiebig werden die expressiven Kostüme ins rechte Licht gestellt, die betont coolen Frisuren und Sonnenbrillen, die Muskeln und andere, stets leicht verschwitzten Körperteile. Viel Pose ist das, aber deutlich weniger Substanz. Sich nur auf Repräsentation und Diversität zu verlassen ist auf Dauer dann doch ein wenig dünn, das zeigt die Miniserie „DMZ“ einmal mehr.

DMZ • USA 2022 • Regie: Ava DuVernay und Ernest Dickerson • Darsteller: Rosario Dawson, Benjamin Bratt, Hoon Lee • vier Teile, in den USA bei HBO Max, bisher kein dt. Sender.

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