25. Juni 2021

„Stowaway - Blinder Passagier“ – Per Anhalter zu den Sternen

Der Brasilianer Joe Penna hat ein Faible für Extremsituationen

Lesezeit: 3 min.

Vielleicht sollte er seinen dritten Film im undurchdringlichen Dschungel des Amazonas spielen lassen und damit eine Trilogie der Extreme vollenden. Als Musiker wurde der Brasilianer Jônatas de Moura Penna, der seine Vornamen einfachheitshalber zu Joe abkürzt, zu einem der beliebtesten You Tuber seiner Heimat, wechselte dann das Feld, drehte zahlreiche Kurzfilme und inszenierte schließlich Mads Mikkelsen im Überlebensthriller „Arctis.“

Nun zieht es ihn in andere Extreme und zwar die Tiefen des Weltalls, die auf einer langen Mission zum Mars erkundet werden. An Bord sind ein Profi und zwei Wissenschaftler: Die Pilotin Marina (Toni Collette), dazu die Physikerin Zoe (Anna Kendrick) und der Botaniker David (Daniel Dae Kim). Und natürlich wenig überraschend (außer man hat den Titel des Films nicht gelesen) ein blinder Passagier. Dass dieser Techniker namens Michael (Shamier Anderson) bei Arbeiten am Raumschiff im Frachtraum eingeschlossen wurde und unbemerkt mit ins All geschossen wurde, ist wenig glaubwürdig, aber nur so konnten Penna und sein Co-Autor Ryan Morrison offenbar die Situation heraufbeschwören, von der sie erzählen wollen. Denn das Raumschiff der Crew ist nicht einfach auf einem kurzen Flug, sondern auf einer Mission, die Jahre dauern wird. Dementsprechend knapp bemessen sind Nahrung und Sauerstoff und – wer hätte das gedacht – bald erweisen sich die Vorräte als nicht ausreichend für vier Personen.

Schwere moralische Entscheidungen stehen also an, die Frage, wie mit so einer Situation umzugehen ist, ob sich ein Crew-Mitglied für die anderen Opfern soll, ob der fahrlässig an Bord geratene blinde Passagier, der zudem durch mangelnde Expertise für den Erfolg der Mission überflüssig ist, Bauernopfer sein muss.


Vier sind einer zu viel - „Stowaway - Blinder Passagier“

So einfach machen es sich die Charaktere dann zwar nicht, doch als besonders überraschenden Film kann man „Stowaway“ wahrlich nicht bezeichnen. Die größten Qualitäten liegen in der Machart, im Gespür für die Enge eines Raumschiffs, der Darstellung des Alltäglichen, ja, geradezu banalen.

Aus deutscher Sicht ist wiederum interessant, dass „Stowaway“ nicht etwa eine reine Hollywood-Produktion ist, sondern tatsächlich ein größtenteils deutscher Film. Seit einigen Jahren hat es sich die in Köln angesiedelte Produktionsfirma Augenschein zur Aufgabe gemacht, Genrefilme aus Deutschland heraus für den internationalen Markt zu produzieren. Ein erstes Beispiel war der Flugzeugentführungsfilm „7500“, der ebenso in Studios in Deutschland gedreht wurde wie nun „Stowaway.“ Gerade wenn Filme ausschließlich in Innenräumen spielen bietet sich diese Methode natürlich an, denn ob die Schauspieler nach verlassen des Raumschiff-Sets ihren Abend in Los Angeles, Sydney, Budapest oder wie hier eben in Köln und München verbringen spielt für den Look des Films keine Rolle. Wenn dann noch international bekannte Akteure mitspielen, zwar eher solche der B oder C-Liga, und englisch gesprochen wird, kommt man in keinem Moment auf die Idee, dass es sich um einen deutschen Film handelt.

Wo auch immer Joe Penna seinen nächsten Film drehen wird: Ein interessanter junger Regisseur ist der erst 34jährige Brasilianer ohne Frage, noch scheint er aber nicht den Stoff gefunden zu haben, bei dem sein visuelles Talent zu mehr führt als einem gut aussehenden Film mit inhaltlichen Defiziten.

„Stowaway“ läuft seit dem 24. Juni im Kino.

Stowaway • Deutschland/ USA 2021 • Regie: Joe Penna • Darsteller: Toni Collette, Anna Kendrick, Daniel Dae Kim, Shamier Anderson

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