„Horace“: Plattformer mit Herz
Kurztest: Das erstaunliche Indie-Game erobert nach PC auch die Switch
Um gleich mit der ganzen Wahrheit herauszurücken: Es gibt Indies, erfolgreiche Indies, stilprägende Indies und Indies wie Horace. Ein zauberhaftes Kleinod, das nicht nur, aber vor allem Retrofans über gut 15 Stunden in seinen Bann zieht und nach dem letztjährigen Digitalrelease für PC nun auch seit ein paar Wochen für Nintendos Switch erhältlich ist. In Horace, das erstaunlicherweise nur von zwei Programmierern entwickelt wurde, schlüpfen wir in die Rolle des titelgebenden Roboters, der ein großes Abenteuer erlebt und dessen Aufgabe letztlich daran besteht, seine Familie wieder zusammen zu führen.
Was zunächst sehr allgemein klingt, entpuppt sich über die Spielzeit als oft anrührend humorvolles Erlebnis, das speziell von der an Figuren wie Pinocchio erinnernden Naivität und Herzlichkeit seines Protagonisten lebt. Trotz einer Technik, die entsprechend des geringen Budgets auf kleiner Flamme kocht, gelingt es den Machern dazu auch dank vieler sympathisch verschrobener Charaktere und eines ungebremst nostalgischen Ansatzes, Spieler emotional zu fesseln und keine Längen in der Story entstehen zu lassen.
Wem das noch nicht genug ist, dürfte aber bei der weiteren Paradedisziplin des Spiels endgültig hellhörig werden. Denn im Kern erweist sich Horace als extrem verspieltes Jump&Run bzw. Plattformer voller Referenzen auf die Videospielgeschichte, was das bisher Gesagte umso erstaunlicher macht – schließlich zählt es nicht unbedingt zu den eigentlichen Stärken des Hüpfgenres, erzählerisch mehr zu bieten als knuffige Figuren und leicht kommensurable Klischees. Konkret bedeutet das, dass unser kleiner Held, der ein großer Spielefan ist, fast ständig mit Artefakten und Situationen konfrontiert wird, die man vor allem aus bekannten Klassikern der 8- und 16-Bit-Ära oder noch früher kennt.
Ob Titel wie Pong, Pac-Man, Frogger, Out Run, Space Harrier oder auch Wolfenstein – Horace vermischt so viele wunderbare Videospielmomente, ohne sich in einer Idee allein zu verbeißen. So dauern viele Zitatsequenzen auch nur wenige Augenblicke, doch das genügt für das volle Nostalgiepaket. Damit einher geht eine Fülle an Abwechslung, da Horace nicht nur Parcour-Passagen überwinden, sondern beispielsweise sogar Schleichabschnitte meistern muss. So entsteht ein bunter Reigen popkultureller Bezüge, die man aber keineswegs allesamt kennen muss, um der Reise des Pixelroboters genussvoll folgen zu können. Das Ganze wird außerdem untermalt von einem teils klassisch geprägten Soundtrack voller bekannter Stücke, der Möglichkeit, unseren Robo mit Upgrades (wie z.B. der Fähigkeit, unsere Umgebung auf den Kopf zu stellen) auszustatten und einem nicht immer ganz einfachen, aber nie frustrierenden Schwierigkeitsgrad.
Fazit
Wer ein Faible für spielerische Wundertüten aus dem Indie-Fach hat und sich angenehm unterhalten, aber vor allem überraschen lassen will, sollte die aktuell veranschlagten 15 Euro auf PC und Switch unbedingt für Horace investieren.
Horace • Paul Helman/Sean Scaplehorn • Jump&Run/Plattformer • PC/Switch
Abb. © 505 Games
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