„Minute of Islands“: Mit Mo die Welt retten
Kurztest: Studio Fizbins jüngstes Puzzle-Adventure serviert gute Unterhaltung trotz eindeutiger Schwächen
Eine malerische Insel, geheimnisvolle Labyrinthe und eine tiefgründige Heldin – das sind, grob gesagt, die wichtigsten Zutaten von Minute of Islands, dem neuesten Adventure von Studio Fizbin. Die Berliner Entwickler zählen spätestens seit ihrem Point&Click-Hit The Inner World zu den besten Adressen im Genre storybasierter Knobelabenteuer und liefern dazu nun mit Minute of Islands auch endgültig den finalen Nachweis, gerade grafisch zu den Meistern ihres Fachs zu gehören.
Die Geschichte ist dabei Adventure-typisch zunächst einfach gehalten, bietet aber sehr viel Raum für Atmosphäre und eigene Deutungen des Geschehens. Auf einer Insel voller fantastischer Bewohner bricht eine seltsame Pilzinfektion aus, deren Sporen sowohl Menschen wie Tiere bedrohen. Die einzige Rettung vor der todbringenden Krankheit ist eine Maschine, die mehrere gigantische Luftfilteranlagen antreibt. Für diese sind allerdings vier Riesenbrüder zuständig und als eines Tages plötzlich die Maschine nicht mehr funktioniert, liegt es an der die Anlage überwachenden Mechanikerin Mo und ihrem magischen Werkzeug Omni-Switch, den Untergang der Insel abzuwenden. So machen wir uns mit dem blauhaarigen Mädchen zu Fuß und via Boot auf eine Reise rund um die angrenzenden Inseln, auf der auch das Innenleben Mos einer schweren Prüfung unterzogen wird.
Während wir mit Mo in 2D-Ansicht die einzelnen Mechaniken erkunden, eröffnet sich uns trotz des wenig detaillierten Comic-Stils eine faszinierend vielschichtige Welt aus Technik und Organik, die in ihrer latenten Bedrohung der Bewohner zum Nachdenken anregt. Sowohl der Kontrast zwischen ober- und unterirdischen Abschnitten wie die herumfliegenden Sporen oder auch die markanten Charaktere mitsamt ihren Behausungen verströmen selbst ohne viel Aktion eine Stimmung, deren Ambivalenz im Verlauf der gut 6-7 Stunden Spielzeit immer stärker aufscheint. Ob Technik hier ein Segen ist und was es etwa mit den vier Riesen auf sich hat, hält den Plot motivisch gut zusammen, ohne allerdings wirklich überraschende Pointen zu bieten.
Was allerdings tatsächlich sehr bewegt, sind die im Spiel verteilten Erinnerungsfetzen, die mithilfe der sehr guten neuseeländischen Erzählerin Megan Gay (englische Sprachausgabe/wahlweise deutsche Untertitel) tiefe Einblicke in die Vergangenheit von Mo sowie der Inselgruppe geben. Denn anders als in vielen vergleichbaren Helden- bzw. Heldinnengeschichten, steht hier weniger die Tatkraft als vielmehr die große Opferbereitschaft Mos im Vordergrund, die als Hüterin der Maschinen weit weg von ihrer Familie im Untergrund lebt. So fühlen wir mit, welchen Preis das Mädchen, das selbst nicht frei von Widersprüchen ist, zu zahlen hat und wie wertvoll die Erkenntnis sein kann, einen eingeschlagenen Pfad irgendwann abzuschließen. Dies alles geschieht sehr ruhig und unaufdringlich, sodass sich die Narration stets stimmig in das auch ansonsten weitgehend undramatisch präsentierte Geschehen einfügt.
Lobten wir gerade Storytelling und Stimmung, so darf natürlich auch der grandios umgesetzte Grafikstil nicht fehlen, der das äußerst gelungene Worldbuilding des Titels in pittoreskem Glanz erstrahlen lässt. Besonders positiv wirkt sich das Design auf die immer wieder auftauchenden Kontrastierungen innerhalb der Spielwelt aus, wenn beispielsweise ein gestrandeter Wal und hungrigen Möwen mit bereits blutigen Schnäbeln zerhackt wird oder wir mit Mo überall weitere Anzeichen des Todes entdecken. Dazu passt sich der Soundtrack meist optimal an, der zwischen fröhlich bis bedrohlich eine umfangreiche Palette an Stimmungen zu bedienen und zu verstärken versteht.
Wer sich nun fragt, warum bislang kein ein Wort zum Gameplay fiel, dem muss leider gesagt werden, dass dieses eindeutig den Schwachpunkt des Titels markiert. Spielerisch leistet sich Minute of Islands nämlich sehr seichte Schalter- und Reparaturrätselchen, deren Ablauf sich fast immer wiederholt und daher buchstäblich mechanisch wirkt. Zusätzlich können die teils unnötig langen Laufwege und speziell die (dank unpräziser Steuerung) sperrigen Sprungeinlagen nerven. Da hätte eine Produktion dieser Designqualität wahrlich besseres verdient.
So steht unter dem Strich ein ansprechend gestaltetes, zuweilen tiefgründiges und nicht anspruchsvolles Adventure, dessen Vorzüge nicht beim Gameplay liegen. Erschienen ist Minute of Islands digital seit Mitte Juni bisher auf PS4, Xbox One und PC zum Preis von gut 20 Euro (wir spielten auf PC). Wir sind gespannt, was Studio Fizbin nun in Zukunft vorhat.
Fazit
Spielerische seichte, aber erzählerisch sehr ansprechende Adventurekost, die gerade mit ihrer Heldin und dem markanten Grafikstil punktet.
Minute of Islands • Studio Fizbin • Adventure/Puzzler • PS4/Xbox One/PC
Abb. © Mixtvision
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