11. Februar 2020 4 Likes

Die Stimme des Volkes

Basma Abdel Aziz‘ Roman „Das Tor“ ist die erste große Dystopie einer arabischen Autorin

Lesezeit: 2 min.

In ihrer Heimat Ägypten hat die 1979 in Kairo geborene Schriftstellerin Basma Abdel Aziz schon lange den Ruf einer Rebellin, die den Unterdrückten, den Nicht-Gehörten eine Stimme verleiht. Ihr 2013 in Ägypten erschienener Roman „Das Tor“, der in einem nicht näher benannten Land zu einer nicht näher benannten Zeit in der nahen Zukunft spielt, ist in mehrfacher Hinsicht eine Sensation. Nicht nur ist es eben eine Autorin, die sich hier Gehör verschafft, um auf die gesellschaftlichen und politischen Missstände in ihrem Land hinzuweisen, sie scheut auch nicht vor dem Subgenre der Dystopie zurück und trifft damit eine für die arabische Literatur eher ungewöhnlich Wahl. Doch gerade die Nicht-Verortung in Raum und Zeit den Roman zu einem so eindringlichen literarischen Dokument der Situation im Nahen Osten.

In „Das Tor“ brauchen die Bürger seit der Niederschlagung der Revolution für jede noch so kleine Kleinigkeit in ihrem Leben – sei es die Überweisung zum Arzt oder die Erlaubnis, Brot zu kaufen – die Genehmigung des Staates. Um die zu erhalten, müssen sie sich vor einem riesigen Tor anstellen, das angeblich jeden Tag nur einer gewissen Anzahl an Anträgen stattgibt. In Wirklichkeit aber öffnet sich das Tor niemals, und die Schlange der Menschen, die in der glühenden Hitze warten, wird länger und länger, ihre Verzweiflung immer größer. Und doch will keiner von ihnen die Hoffnung aufgeben, dass das Tor eines Tages aufgehen wird.

Mit Klugheit und einer gehörigen Portion schwarzem Humor durchleuchtet Basma Abdel Aziz die Natur eines totalitären Staates und hat so einen Klassiker der modernen Literatur erschaffen, der „in einem Atemzug mit George Orwells ›1984‹ und Franz Kafkas ›Der Prozess‹ genannt werden muss.“ (The New York Times)

„Das Tor“ erscheint im Mai 2020 auf Deutsch.

 

Basma Abdel Aziz: „Das Tor“ ∙ Roman ∙ Aus dem Arabischen von Larissa Bender ∙ Wilhelm Heyne Verlag, München 2020 ∙ 288 Seiten ∙ Preis des E-Books € 11,99

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