10. Mai 2019 1 Likes

Science und Fiction auf Schweizer Art

54.000 Popkultur-Fans kamen zur Swiss ComicCon – ein Rundgang

Lesezeit: 5 min.

Sie heißt zwar „Fantasy Basel“, doch natürlich bietet die Swiss ComicCon auch Fans von Science und Science-Fiction ein riesiges Betätigungsfeld. Rund 54.000 Besucher kamen zur diesjährigen, nunmehr fünften Ausgabe, die vom 3. bis 5. Mai in den Basler Messehallen stattfand.

Fantasy Basel
Die Fantasy Basel – strahlende Superheldinnen und apokalypstische Abenteurer / Foto: Roger Sieber

Den Popkultur-Pilgern wurde dann auch einiges geboten – von Gaming bis Cosplay, Comic bis Fantasy-Film und Koch- bis Tattoo-Kunst. In den Messehallen wimmelten und wuselten sie alle durcheinander: Bedrohliche Darth Vaders, putzige Pikachus, strahlende Superheldinnen und apokalyptische Abenteurer.

Das Ganze vermischte sich zu einem großen popkulturellen Mix, an dem jeder Besucher seine Freude haben konnte. Friedlich und entspannt ging es zu, auch wenn sich hier und da die Massen stauten. Das Programm umfasste neben Cosplay auch eSport-Turniere, Anspielstationen für Schweizer und internationale Games, Wrestling-Shows, Art-Workshops und ein imposantes Line-up internationaler Film- und Serien-Stars, die Autogramme gaben und auf Panels diskutierten.

Fantasy Basel
Das Star-Aufgebot der Fantasy Basel / Foto: Roger Sieber

Science-Fiction-Fans kamen dabei besonders auf ihre Kosten: Natalia Tena war vor Ort, die man eben nicht nur aus Game of Thrones, sondern auch aus Black Mirror und aus der Youtube-Serie Origin kennt. Ricky Whittle war da, der Serienstar aus The 100 und American Gods, genauso wie Julian Glover (Doctor Who, Star Wars), Angus MacInnes (Star Wars, Judge Dredd), Julia Dietze (Iron Sky) und Philipp Christopher (Origin). Nicht zu vergessen die Masterminds, die eher im Hintergrund arbeiten, etwa der hochbetagte Produzent Robert Watts (Star Wars, 2001 – Odyssee im Weltraum), die Production Managerin und Supervisorin Patricia Carr (Star Wars, Alien 3) sowie John Howe, der unter anderem das Artwork zu Mortal Engines beigesteuert hat. Ein wohlklingender Name ist auch Andreas Brandhorst (im Shop): In Basel las der Science-Fiction-Autor aus seinem neuen Thriller „Das Erwachen“.

Cosplayer und Stars sorgten bei der Swiss ComicCon für eine faszinierend bunte Mischung. Noch faszinierender wurde die Fantasy Basel aber durch die vielen Aussteller, die auf drei Etagen ihre Projekte präsentierten. Auch wenn der Schwerpunkt der Veranstaltung klar auf Fantasy und Superhelden lag: Science-Fiction-Themen waren ebenfalls unübersehbar.

Fantasy Basel
Die Cosplayerin Catharina (r.) mit zwei weiteren „Wasteland Warriors“ / Foto: Achim Fehrenbach

Die Cosplayerin

In Halle 2.0 treffen wir auf eine wilde Horde. Die „Wasteland Warriors“ sind eine Cosplay-Gruppe, die sich für alles Endzeitliche begeistert. Für die Besucher haben sie eine postapokalyptische Siedlung aufgebaut, die stark an Mad Max erinnert – genauso wie die aus unzähligen Einzelteilen zusammengefrickelten Kostüme.

„Wir organisieren das alles privat über Facebook“, erzählt Catharina, die aus Aachen angereist ist. Die meisten „Wasteland Warriors“ kommen aus Deutschland, die Gruppe hat aber auch Mitglieder in Norwegen, Schweden, den USA, Belgien, Holland und Tschechien. „Wir waren sehr lange auf der Role Play Convention. Die gibt es jetzt aber so nicht mehr“, berichtet Catharina. „Ansonsten auch bei Konzerten und Festivals. Auf Wacken sind wir jedes Jahr.“ Meist kommt eine Anfrage vom jeweiligen Veranstalter, dann werden die Mitglieder zusammengetrommelt, die Zeit und Lust haben.

An der Fantasy Basel schätzt Catharina vor allem die Besucher: „Die sind alle sehr offen, sehr fasziniert. Ich glaube, dieses Endzeit-Thema ist hier noch nicht so vertreten.“ Auch künftig werden die Freizeit-Postapokalyptiker in Basel am Start sein, sagt die Cosplayerin: „Nächstes Jahr wollen wir das aber über eine Spedition laufen lassen, damit wir mehr Sachen herbringen können.“

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Der „Indian Jedi“ Apurva V. Oza (r.) mit einem Forscherkollegen / Foto: Achim Fehrenbach

Der Forscher

In Halle 1.1. erwartet Weltraum-Fans ein besonderer Leckerbissen: Dort hat das Swiss Space Museum seine Roadshow „Liftoff to Space“ aufgebaut, die historische Exponate aus der europäischen, amerikanischen und russischen Raumfahrt zeigt. In der Ausstellung treffen wir den wohl ersten „Indian Jedi“ – so jedenfalls nennt sich Apurva V. Oza, der als Postdoktorand und Dozent am Physikalischen Institut der Uni Bern arbeitet. „Indische Jedi sind noch keine Fan-Fiction“, sagt Apurva, verweist aber darauf, dass George Lucas sehr starke Anleihen beim Buddhismus und bei fernöstlicher Kultur genommen habe – bei den Gewändern, aber auch beim „Meditationsmeister“ Yoda.

Apurva selbst ist Astronom, leitet aber auch eine indische Folktanz-Gruppe namens „Space Banga“. Sein Forschungsgebiet ist die Entwicklung von Planetensystemen. „Ich frage danach, wie ihre flüchtigen Bestandteile entweichen. Man kann das bis zu dem Extremfall durchspielen, dass ein Planet vollständig erodiert. Ich suche nach solchen ‚extremen‘ Planeten, die sich gerade an der Schwelle zur Zerstörung befinden. Man kann ihre Signatur mittels Spektroskopie erkennen.“ Langfristig wolle er Monde von Exoplaneten nachweisen, sagt Apurva. „Die wurden noch nicht wirklich gefunden. Es gibt zwar Anzeichen für gasförmige Monde, aber nicht für Monde aus Gestein.“

In seinen Vortrag auf der Fantasy Basel hat der „Indian Jedi“ übrigens eine Referenz auf Star Wars eingebaut, erzählt er schmunzelnd: „Anakin Skywalker stirbt auf dem Lava-Planeten Mustafar. Bevor er Darth Vader wird, befindet er sich also auf einem vulkanischen Planeten. Wir nennen die in der Forschung ‚exo-ios‘.“

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Der Schweizer Game-Designer Alexis Giard mit „Terraformers“

Der Game-Designer

Auch Alexis Giard ist von Himmelskörpern fasziniert. Der Schweizer Spielemacher präsentiert auf der Fantasy Basel sein Game „Terraformers“. „Darin steuert man eine Gruppe von Siedlern und entscheidet, wo Kolonien aufgebaut, welche Terraforming-Projekte gestartet und welche Technologien erforscht werden“, erzählt Alexis. „Als Spieler leitet man das UN-Büro für die Mars-Besiedlung. Die Länder auf der Erde finanzieren das. Und je nachdem, wie gut du deine Sache machst, variieren sie das Budget.“

Letztendlich geht es in „Terraformers“ also darum, die Balance zwischen den Kolonien und den Ländern auf der Erde zu halten. Ziel ist, den Roten Planeten mit einer Million Menschen zu besiedeln.“ Es gibt da gewaltige Terraforming-Projekte, zum Beispiel das Aufwecken eines Vulkans, was dann viel Gas produziert.“ Außerdem werden Spieler riesige Technik-Vorhaben wie einen Space Elevator verwirklichen können, um mit der Erde Handel zu treiben.

Fantasy Basel
Concept Art zu „Terraformers“ / Quelle: Asteroid Lab

Momentan ist „Terraformers“ noch ein früher Prototyp. „Das gesamte Spiel ist stark von der Marstrilogie von Kim Stanley Robinson inspiriert“, sagt Alexis. Aber auch zur Wissenschaft streckt das Studio Asteroid Lab seine Fühler aus: „Wir stehen mit dem Swiss Space Museum und mit mehreren Universitäten in Kontakt“, erzählt der Spielemacher. „Ich bin Mitglied der Mars Society. Wir stellen das Spiel auf verschiedenen Konferenzen vor. Der Schweizer Astronaut Claude Nicollier unterstützt uns dabei.“

Der Tüftler

Gleich nebenan stoßen wir auf den Messestand von Holonautic. Das Schweizer Start-up beschäftigt sich mit der Frage, wie man Bewegung in der Virtuellen Realität besser gestalten kann. „Das Hauptproblem ist ja, dass den meisten Leuten schlecht wird, wenn sie sich in der First-Person-Perspektive schnell bewegen oder hüpfen“, sagt Phil Küng von Holonautic. „Bei unserem Spiel Holoception haben wir das mit einer Third-Person-Perspektive gelöst, man sieht also den Charakter vor sich. Und der imitiert dann sämtliche Bewegungen, die man mit den Armen macht.“

Die Armbewegungen werden über die Controller aufgezeichnet. Man kontrolliert den Character, den man vor sich sieht, kann herumrennen und springen. Aber es wird einem nicht schlecht – das können wir nach einer zehnminütigen, sehr unterhaltsamen Testspielrunde bestätigen. „Bis jetzt hat das noch niemand so gelöst, dass die Hand- und Armbewegungen ins Spiel integriert werden“, sagt Phil Küng stolz.

Die Fantasy Basel ist also nicht nur ein Spielplatz für Science-Fiction, sondern auch ein Schaufenster für die Hard Science dahinter.
 

Titelbild Foto: Roger Sieber

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